Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
einige Tage Zeit dich auf die bevorstehende Prüfung vorzubereiten“, verkündet Yuthian, „Nutze die Zeit. Sei der Botschaft Gottes nicht verschlossen und akzeptiere seine Kraft. Mache deine Mutter stolz.“
„Ich versuche es.“
„Das freut mich“, erwidert Yuthian erleichtert, „Das wird deine Mutter umso mehr freuen, wenn sie in einer Woche hier eintrifft.“
Yuthian kann förmlich beobachten, wie sich das Gesicht des jungen Mannes vor seinen Augen versteinert und mit einer sorgenvollen, fast angsterfüllten Blässe überzogen wird.
„Meine Mutter?“
„Darum habe ich dich zu mir gebeten“, sagt Yuthian, „Um dir diese frohe Kunde mitzuteilen.“
„Frohe Kunde“, wiederholt Lithan fassungslos. Sein Blick ist leer und starr.
„Freust du dich nicht?“, verärgert ihn Yuthian.
„Darüber muss ich erst einmal nachdenken, glaube ich“, antwortet Lithan und schaut den Klostervater entgeistert an.
„Du kannst dich dann wieder deinen Studien widmen“, entlässt ihn Yuthian, nachdem Lithan einige Augenblicke regungslos vor dem Schreibtisch des Klostervaters stand.
„Ist gut“, bestätigt dieser, dreht sich langsam um, drückt kräftig die schwere Tür auf und verlässt den Raum.
Das ändert ja dann wohl alles , denkt sich Lithan, als die Tür hinter ihm zufällt und er kurz, um seine Gedanken zu ordnen, im Gang vor Yuthians Büro stehen bleibt. Wie kann sie es wagen ausgerechnet jetzt den langen Weg ins Kloster anzutreten? Jetzt, wo ich endlich kurz davor stehe, meinen eigenen Weg zu beschreiten. Und dieser fette, alte Wichtigtuer freut sich wahrscheinlich darüber, mir damit eins auswischen zu können. Verdrängt sind die guten Vorsätze, seine Pläne für das gewagte Abenteuer an der Seite der Einhörner. Seine Nerven liegen blank. Er läuft mit langsamen, ziellosen Schritten zurück in den Innenhof. Erst, als Watin plötzlich vor ihm steht, bemerkt er, wie sehr ihn seine Gedanken vom Fortschreiten der Zeit ablenkten und er nun wieder auf der saftigen Wiese des Hofes steht.
„Mein Gott“, schaut in Watin besorgt an, „Was ist denn mit dir passiert?“
„Was meinst du?“, fragt Lithan aufgewühlt.
„Du siehst aus, als hätte der Klostervater dir gerade gebeichtet, eine Affäre mit deiner Mutter zu haben.“
„Das wäre mir jedenfalls lieber“, meint Lithan, der langsam wieder zu sich findet.
„Jetzt machst du mich neugierig“, schmunzelt Watin.
„Meine Mutter. Sie kommt hier her.“
„Was?“, fragt Watin erstaunt, „Wann?“
„In etwa einer Woche. Kurz nach meiner Prüfung zu den Studien über die Einhörner“, berichtet Lithan, „Und ich dachte, ich könnte mich vor dieser Prüfung drücken.“
Watin schaut Lithan für einen Moment an. Er sieht, wie aufgebracht der junge Mann durch die Ankündigung des baldigen Besuches seiner Mutter ist. Lithan wirkt, als hätte eine göttliche Erschütterung ihn aus seiner Lebensbahn geworfen.
„Du solltest gehen“, meint Watin eindringlich.
Doch Lithan schüttelt den Kopf. „Das geht nicht.“
„Du hast deine Entscheidung doch längst getroffen“, versucht Watin ihn zu überzeugen, „Wieso jetzt dieses Zögern?“
„Meine Mutter“, gesteht Lithan sich verzweifelt ein, „Ich hätte nie gedacht, dass ihr Bann über mich noch immer so mächtig ist.“
Watin schaut beunruhigt auf die Einhörner. Sie wirken unruhig und laufen nervös um die beiden Jungs herum.
„Dann breche diesen Bann“, faucht ihn Watin an, „Das ist die Gelegenheit, auf die du gewartet hast.“
„Nein. Das muss warten“, meint Lithan entschlossen.
„Führe sie hin zu dem Dämon im Norden“, fordert Watin ihn auf und zitiert, zu Lithans Erstaunen, erneut aus seinem Alptraum.
Lithan bekommt es mit der Angst zu tun. „Was hast du gesagt?“
„Der blaue Dämon in der Nacht, raubt den Seelen ihre Macht“, spricht Watin mit leerem Blick, während sich die Einhörner hinter ihm aufstellen und, von Watin angeführt, auf Lithan zugehen.
„Hört auf damit“, ruft er den Einhörnern panisch zu, „Ich dachte ich bin bereit dazu, diesen Weg mit Euch zu beschreiten. Ich habe mich geirrt.“
Erneut reist Watin einen der beunruhigen Sätze aus Lithans Vision, sein Gesicht wird bleich, Blut läuft aus seiner Nase und Mund: „Der Weg aus Feuer, Angst und Blut, verleiht dem Hüter Kraft und Mut.“
Doch Lithans Entscheidung ist gefallen. Angst hat von ihm Besitz ergriffen, als er sich von Watin und den Einhörnern abwendet und schnellen Fußes in
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