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Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)

Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)

Titel: Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Bergemann
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antwortet sie, während sie ohne eine persönliche Geste der Verabschiedung den großen Fenstergang zurückgeht. Die beiden Soldaten folgen ihr mit gebührendem Abstand. Sie bleibt stehen, als wäre ihr noch etwas eingefallen, und dreht sich wieder zu ihrem Bruder um.
    „Eines noch“, ruft sie Sayos zu, der der Königin längst den Rücken zugedreht hat, „Niffarat soll der Sitzung des Widerstandsrates fernbleiben. Richte ihr das aus.“
    „Sie ist die Senatskanzlerin“, erinnert sie ihr Bruder mit irritiertem Blick, „Sie wird eine Erklärung verlangen.“
    Doch die Königin reagiert nur mit einem abfälligen Grinsen. „Verlangen kann sie, was sie will. Wenn sie die fremdländischen Gesandten mit ihren nervenden Fragen zu dem Aufstand im Norden zu beunruhigen beginnt, ist unser Unterfangen gescheitert, bevor es überhaupt begonnen hat.“
    Die offene Verweigerung seiner Schwester, der überaus zeitintensiven und undankbaren Aufgabe, die Niffarat als Kanzlerin, als höchste Instanz des zivilen Regierungsrates zu bewältigen hat, mit Wertschätzung zu begegnen, macht Sayos einen Augenblick sprachlos.
    „Was soll ich ihr sagen?“
    „Dass wir sie nicht brauchen. Dass sie Wichtigeres zu tun hat. Ist mir egal“, erwidert die Königin, verdeutlicht ihren Befehl mit einem leeren, langen Blick, bevor sie sich wieder umdreht. Sayos schaut ihr nach.
    Schon immer war seine Beziehung zu Lynarat zurückhaltend und oberflächlich. Nur selten hat sie sich ihm gegenüber geöffnet. Lange vermutete er den großen Altersunterschied von fünfzehn Jahren zu seiner älteren Schwester als Ursache für diese unpersönliche Beziehung. Doch wenn er seine Schwester in ihrem alltäglichen Umgang mit Menschen beobachtet, stellt er immer wieder fest, dass niemand ihr tatsächlich nahe kommt und sie zu allem eine unnatürliche Distanz aufbaut.
    „Zumindest am Tonfall erkennt man, dass ihr von einem Blut seid“, stellt Dyrsa fest, der Sayos schon mehrfach dabei beobachtet hat, wie er mit Dienstpersonal auf eine ähnliche Weise umgeht. Sayos seufzt, schüttelt den Kopf und ignoriert die Bemerkung seines Freundes.
    „Ich weiß nicht, warum ich es überhaupt noch versuche, zu ihr durchzudringen“, fragt er sich selbst.
    „Auch wenn es sich nicht so anfühlt, stärkt jeder Kampf in eurer Beziehung die Bande zwischen euch“, antwortet Dyrsa auf die zweifelnden Worte seines Freundes, „Auch wenn diese Kämpfe nicht immer erfolgreich sind.“
    Sayos ist sich nicht sicher, ob er Dyrsa zustimmen würde. Doch er lächelt.
    „Mein Freund, es wird Zeit, das du dich zum Hafen begibst“, sagt Sayos und legt Dyrsa vertraut die Hand auf die Schulter.
    Sein Griff wird fester, als ihm die Möglichkeit bewusst wird, das er seinen Vetter vielleicht zum letzten Mal verabschiedet.
    „Es war schön dich wiederzusehen, Sayos“, sagt Dyrsa mit zitternder Stimme, als auch ihm klar wird, vielleicht gar nicht mehr nach Hause zurückzukehren.
    „Dich auch, Dyrsa. Ich bringe dich noch hinunter zur großen Halle“, antwortet Sayos. Gemeinsam laufen beide mit ruhigen Schritten den großen Fenstergang entlang, bis sie zur großen Treppe kommen, die nach unten in die große Halle führt. Die beiden wirken winzig in dieser fast sechzig Meter hohen und etwa zweihundert Meter breiten Halle. Kraftvolles Tageslicht, welches von den riesigen Fenstern gegenüber der Treppe über dem Haupttor hineingeworfen wird, erfüllt den majestätischen Eingangsbereich des königlichen Palastes. Links und rechts der Treppe stehen zwei gewaltige mit Platin überzogene Statuen, die fast bis unter die gewölbte Decke reichen. Die Statuen bilden das Königspaar Monyas und seiner Frau Reykalat ab, unter deren Herrschaft die Kultur der Sagettari zu Beginn des dritten Zeitalters nach der Jahrtausende langen Knechtschaft durch die Feuerkönige neu erblühte. Der Palast wurde erst zweihundert Jahre später über diese gewaltigen Statuen gebaut. Von einem Fenster des königlichen Begrüßungsraumes, das sich knapp unter dem Deckenrand der Halle befindet, blickt Königin Lynarat hinab und erkennt ihren Bruder. Sie beobachtet, wie dieser sich mit einer herzlichen Umarmung von seinem Vetter Dyrsa verabschiedet. Ihr Gesicht ist kühl und regungslos und lässt nicht erahnen, was sie gerade denkt oder fühlt. Sie schaut hinunter auf ihren Bruder und ist nicht in der Lage sich vorzustellen, wie sich Sayos in diesem Augenblick fühlen muss. Die einzige Emotion, zu dem sie sich imstande sieht,

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