Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
Mauern, die sie bereits um sich herum aufgebaut hat, bevor sie Königin wurde, einzureißen.
„Wie lange noch bevor die Gesandten aus Aqilon eintreffen?“, fragt Sayos lautstark, als er die Tagungskammer des Widerstandsrates betritt.
Gusyk, ein kleiner, untersetzter Mann mit kahlem Kopf stürmt mit gesenktem, ängstlichem Blick auf ihn zu, während die ersten Möbel hineingestellt werden. „Hoheit, die Valesii und die Xathirr werden in etwa drei Tagen hier eintreffen.“
Sayos schaut sich kritisch und mit Zornesfalten auf der Stirn in dem Raum um und entdeckt an einer Wand eine nicht sauber gestrichene Stelle. Mit einem Bild hatte man versucht, dies zu verbergen.
„Was soll diese Schlamperei?“, fragt er empört.
„Ich bin untröstlich, Hoheit“, antwortet Gusyk, „Darum werde ich mich sofort kümmern.“
Der Bruder der Königin geht auf die Männer zu, die gerade die neuen, in der königlichen Tischlerei gezimmerten Stühle in den Raum hereintragen.
„Ihr wartet besser noch, bevor wir sicher sein können, dass hier alles in Ordnung ist“, weist er die Leute aufgeregt an, „Sonst müsst ihr hier alles wieder rausräumen.“
„Ich werde den ganzen Raum noch einmal prüfen lassen“, verkündet Gusyk.
Sayos dreht sich zu ihm um. „Du prüfst die Arbeiten gefälligst selbst. Ich will wissen, wem ich den Hals umdrehen muss, wenn der Raum nicht nach den genauen Vorgaben der Königin fertiggestellt ist.“
Gusyk nickt eingeschüchtert und zieht sich wieder zurück, während Sayos enttäuscht den Kopf schüttelt. Ein Soldat betritt den Raum und kommt auf Sayos zu.
„Hier bist du“, stellt dieser mit einem erleichternden Seufzen fest.
Sayos dreht sich um und entdeckt seinen Vetter Dyrsa Ixissar. Beide sind seit ihrer Kindheit enge Freunde. Dyrsa ist der Sohn von Nyrtas, der jüngere Bruder des verstorbenen Königs Bainos und Provinzialherrscher der nördlichen Provinz Vaxis. Bevor Nyrtas mit seiner Familie Bilanis Ixis verließ und in den Norden zog, verbrachten Dyrsa und Sayos beinahe ihre komplette Kindheit zusammen. Sie genossen die gleiche, streng-königliche Erziehung, die gleiche, vielseitige Bildung und konnten beide ihre Jugend in vollen Zügen genießen. Sie jagten gemeinsam, fuhren gemeinsam zur See und konnten als Kinder der königlichen Familie die anderen Menschenreiche Vylithiens besuchen. Als Lynarat den Thron bestieg und, ohne Ehemann, sobald kein Nachwuchs in die Welt setzen würde, wurde Sayos der Nächste in der Thronfolge und wurde plötzlich mit der Verantwortung konfrontiert, von der er als Kind verschont blieb. Nyrtas verließ nach der Krönung seiner Nichte mit seiner Familie die Hauptstadt und äußerte sehr bald seinen Unmut über die Ernennung Lynarats zur sagettarischen Herrscherin. Die Freundschaft zwischen den beiden jungen Männern erfuhr ihre erste Bewährungsprobe.
Sayos befürchtete, das Dyrsa die politische Meinung seines Vaters teilt und er ein Verräter an der Krone seiner Schwester ist. Doch die Bande zwischen den beiden konnte weder der Abstand zwischen ihnen noch die Spannungen innerhalb der Familie trennen. Und beide freuen sich immer noch wie damals, wenn sie sich sehen, auch wenn diese Augenblicke mit ihren zunehmenden Verantwortungen immer seltener werden.
Sayos, der gegenüber seiner Diener gerne einen rauen Ton anschlägt, ist froh, seinen Vetter wieder zu sehen und umarmt ihn vor Freude.
„Was hat dich so lange aufgehalten?“, fragt Sayos.
„Ich musste Saverat noch zur Hebamme bringen“, antwortet dieser vor Freude strahlend, während ihm vor Glück eine Träne herunter läuft.
„Ein Junge oder ein Mädchen?“, möchte Sayos wissen, der weiß, wie lange Dyrsa und seine Frau auf ein Kind hofften.
„Ich weiß es nicht. Ich wünschte ihr Glück, küsste ihre Stirn und brach dann auf“, antwortet er traurig.
„Dem Kind wird es gut gehen, du wirst sehen“, spricht ihm Sayos Zuversicht zu.
Dyrsa wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. „Also, wann brechen wir auf?“
„Du wirst dich allein auf den Weg in den Osten machen, mein Freund“, antwortet Sayos enttäuscht, „Die Königin möchte, dass ich als Ratsmitglied hier bleibe und sicherstelle, dass alles fertig ist, wenn die Gesandten hier eintreffen.“
„Es wird eine längere Reise ohne dich, Sayos“, sagt Dyrsa und klopft seinen Vetter dabei vertraut auf die Schulter. Sayos lässt Dyrsa beim Verlassen des Raumes den Vortritt.
„Du reist besser mit dem Schiff. So bist du
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