Söldner des Geldes (German Edition)
wohl in den Verhandlungen gefüllt werden sollten. Er warf die Verträge in den Koffer zurück: «Wer will sonst noch investieren?»
«England, Frankreich, Russland, Indien. Viele würden sich gern ein Stück vom Kuchen abschneiden. Ägypten ist an neuen Technologien interessiert. Auch nach dem Arabischen Frühling brauchen wir Energie. Ob Mubarak oder Mursi spielt keine Rolle. Der Präsident braucht Energie, wenn er seine Versprechen halten will.»
Winter lächelte schmal. Er hatte keine Lust auf eine politische Diskussion mit verdünntem Wahrheitsgehalt. Obwohl nach dem Frühlingserwachen die Karten neu gemischt wurden, verschwanden die Netzwerke zwischen den ägyptischen Generälen und der Geschäftswelt nicht plötzlich. Das Geld sucht und findet immer einen Weg. Und er hatte es seit Langem aufgegeben, sich über die Geschäftspraktiken der Bankkunden zu wundern.
Mittlerweile hatte sich der Chef wieder gefasst: «Sie haben gesagt, Al-Bader sei tot?»
«Ja, er ist heute Nacht mit seinem Helikopter abgestürzt.»
«War es ein Unfall?»
«Ich weiss es noch nicht. Warum fragen Sie?»
«Al-Bader ist vom modernistischen Flügel des saudischen Königshauses und hat viele Feinde. Der fundamentalistische Flügel sieht seine Geschäfte nicht gern.»
«Wie viel wollte Al-Bader denn investieren?»
«Zweihundertfünfzig Millionen US -Dollar.»
Nach einigen weiteren Fragen schickte Winter die Ägypter zurück zum wartenden Helikopter. Die drei Daunenjacken hasteten davon, stiegen ein und flogen zurück in wärmere Gefilde.
Winter räumte auf, verschloss die Läden und stieg ab. Er fuhr zum Flughafen Zürich-Kloten, den man vor einigen Jahren in «Unique» umgetauft hatte. Als Winter sich dem tristen Parkhaus des Flughafens näherte, fragte er sich, was daran wohl einzigartig war.
Winter stiess die Müdigkeit beiseite.
Er hatte eine Verabredung mit Ben, Freund, Sicherheitschef des Flughafens und Spezialist für präventive Terrorbekämpfung.
25. Juli 13:21
Ben konnte man nicht übersehen. Winter schätzte den «Grizzly» auf über einhundertfünfzig Kilo. Im Nahkampftraining der Spezialeinheit hatte Winter die Wucht von Bens Masse am eigenen Leib erfahren. In den letzten Jahren hatte der Sicherheitschef des Flughafens als Folge der vielen Tage im Computerraum mit ungesunder Ernährung, viel Kaffee und Süssgetränken noch einige Kilos zugelegt.
Der Kosename «Grizzly» rührte nicht nur vom bedächtigen Naturell, von der Grösse und Kraft her. Ben konnte auf der Jagd auch enorm beschleunigen. Wie ein richtiger Grizzly. Ben jagte Terroristen. Er war immer auf der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Nach dem einen Extremisten unter den Millionen von Flugpassagieren.
Und Winter kannte noch einen anderen, den wenigsten bekannten Ursprung des Übernamens. Bären machen einen Winterschlaf. Sie graben sich ein oder verkriechen sich in eine Höhle und sind während Monaten für die Umgebung nicht mehr sichtbar. Andere Tiere spazieren am Bären vorbei, ohne diesen zu bemerken. Ben hatte zusammen mit seinem IT -Team eine Methode entwickelt, die genau auf diesem Prinzip basierte. Er legte sich virtuell an kritischen Orten schlafen und suchte im elektronischen Strom der vorbeifliessenden Daten auffällige Muster.
Als Winter durch die Milchglastür in den Trakt von Ben trat, kam ihm dieser mit offenen Armen entgegen. Er trug wie immer einen schwarzen Massanzug mit einem dazu passenden schwarzen Hemd.
«Winter, schon lange nicht mehr gesehen! Du siehst aus, als kämest du gerade aus den Ferien. So ausgeschlafen siehst du aus», dröhnte Ben grinsend.
«Hallo, Ben. Ja, ich war in den Bergen. Wandern.»
Sie schüttelten sich die Hände.
«Das Ziel des Helikopters war die Gatterlihütte?» Mehr eine Feststellung als eine Frage von Ben. Strittmatters Zielkoordinaten waren im System. Winter nickte. Ben hatte ein paar Stunden Zeit gehabt, sich auf den Besuch vorzubereiten. Obwohl in seinem Job die Zeit knapp war und er den Small Talk ausliess, strahlte er die Gelassenheit eines Menschen aus, der alle Zeit der Welt hatte.
«Ich habe uns einen späten Lunch bestellt.» Zimmerservice am Flughafen.
Er ging einen kurzen Korridor entlang, legte seine Handfläche auf einen kleinen Bildschirm. Die Tür zu Bens Refugium ging auf. Zwei Mitarbeiter beobachteten auf einer Wand von Flachbildschirmen das Geschehen am Flughafen. Ben steuerte auf eine Nische zu, in der weitere Bildschirme, Tastaturen und technisches Gerät
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