Söldner des Geldes (German Edition)
sich um. Grün. Es roch nach Gras und Kühen. Winter holte die Taschen aus dem Kofferraum und öffnete die Tür. Voll behangen betraten sie die niedrige Stube. Fatimas Blick fiel auf den riesigen Strauss Sommerblumen: «Wunderschön!»
Winter dankte im Stillen Frau Mettler.
Er ging mit Fatimas Tüten ins Schlafzimmer und fand auf dem Boden die Wasserlache einer ausgeschütteten Vase. Der zweite Blumenstrauss von Frau Mettler lag daneben und Tiger quer auf dem Bett. Winter gelang es nicht ganz, seinen Ärger zu unterdrücken, und scheuchte die eifersüchtige Katze mit einer Tirade aus dem Zimmer.
Fatima stand belustigt im Türrahmen: «Winter, in Ägypten sind die Katzen heilig. Sei vorsichtig, dass du nicht den Zorn der Götter auf dich ziehst.»
Tiger strich um die Beine von Fatima.
Winter: «Darf ich bekannt machen: Fatima, aus dem Land der Pharaonen und der Sphinx. Tiger, König des hiesigen Dschungels.»
Fatima kraulte Tiger unter dem Hals: «Du bist aber ein Verwöhnter.»
Winter wischte die Pfütze auf und arrangierte die Blumen neu. Dabei fragte er sich, ob Tiger eifersüchtig war oder ob er die Blumen nur aus tierischer Neugierde umgestossen hatte.
«Ich werde uns etwas kochen.»
«Ich liebe Abenteuer», scherzte Fatima.
«Traust du mir nicht?»
«Doch, doch. Sonst wäre ich nicht hier.»
Frau Mettler hatte ihm neben den Zucchetti auch frische Tomaten und einen Kopfsalat in den Kühlschrank gelegt.
Fatima war von Winters Kochkünsten beeindruckt und liess sich gern bedienen. Sie assen genüsslich, sprachen über die Schweizer Grillkultur, das schmelzende Gletschereis und den Kampf der ägyptischen Bauern gegen das Vordringen der Wüste.
Fatima strich das Haar hinter die Ohren, schob sich den letzten Bissen Zucchetti in den Mund und fragte: «Welchen Anteil hat das Wasser, das weisse Gold, an der Energiegewinnung in der Schweiz?»
«Ich schätze, dass wir etwa die Hälfte unserer Energie aus Wasserkraftwerken gewinnen. Wir haben viele Stauseen. Die Staubecken sind unsere natürlichen Batterien.»
«Das ist praktisch.»
«Ja, solange die Staumauern halten.»
«Unser weisses Gold ist das Wasser des Assuanstausees. Nur reicht es leider nicht ganz.»
Beide merkten, dass sie in einem grossen Bogen wieder beim Kernkraftwerk bei Kairo angelangt waren. Winter stand auf und zauberte zum Dessert tiefgekühlte Brombeeren vom letzten Herbst hervor. Er servierte sie, im Wasserbad gewärmt, mit Vanilleglace.
Sie schauten zu, wie die Sonne versank und sich der blaue Himmel langsam verdunkelte. Statt Pyramiden hatte Winter den Alpenkranz. Darüber hatten sich im Laufe des Abends bedrohliche Türme aus dunklen Gewitterwolken aufgebaut. Beim Espresso schlugen die ersten Blitze ins Wasser der nahen Aare, unmittelbar begleitet von fürchterlichem Donnergrollen. In der Dunkelheit begann der Regen in grossen Tropfen herunterzuprasseln. Winter schloss das Fenster und fragte: «Sollen wir schlafen gehen?»
Fatima fuhr sich über die Lippen und nickte: «Vielen Dank für das köstliche Nachtessen. Du bist offenbar ein Mann mit vielen Talenten.»
«Lass es uns herausfinden.» Winter versank in Fatimas Augen.
Fatima stand auf und ging ins Schlafzimmer hinüber: «Komm.»
Winter bewunderte ihren schlanken Körper und folgte ihr.
Der Regen trommelte gegen die Fenster, und grelle Blitze zuckten, als sie sich langsam auszogen. Im Halbdunkel schauten sie sich an. Sie trafen sich nackt in der Mitte des Bettes. Sie küssten sich, sanft, innig, leidenschaftlich. Sie hatten alle Zeit der Welt, und diesmal zögerten sie ihre Begierden hinaus. Erst nach einigen Minuten begannen ihre Hände zärtlich den Körper des anderen zu erobern. Zuerst nur mit den Fingerspitzen, später heftiger. Der Wind riss an den Fensterläden. Das Gewitter steigerte sich und entlud sich direkt über den beiden Liebenden. Dann fielen sie erschöpft zurück und lauschten gemeinsam dem davonziehenden Regen. Sie schmiegten ihre warmen Körper aneinander und schliefen ein.
Früh am anderen Morgen desinfizierte Winter seine Stichwunde, legte eine frische Gaze darüber und verband seinen Oberarm neu. Es war wieder sonnig. Tiger hatte sich aus dem Staub gemacht. Sein Fressnapf war leer. Winter hatte ihm gestern Abend eine besonders grosse Portion bereitgestellt. Aber ein echter Kater liess sich nicht bestechen.
Das Mobiltelefon zeigte keine dringenden Nachrichten an. Der Sicherheitschef des Finanzkonzerns wollte ihn am Rande der Jahreskonferenz
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