Söldner des Geldes (German Edition)
Winter verhielt sich ruhig, um Drehungen und Schwingungen auf ein Minimum zu reduzieren. Er blickte der Wand entlang nach oben. Der Helikopter war teilweise von der Kante des Staudamms verdeckt, und das rote Seil schwang langsam hin und her. Das C4-Sprengstoffgebilde war noch etwa dreissig Meter von seinen Füssen entfernt.
«Ich bin noch dreissig Meter über dem Sprengstoff.»
«Das wird knapp.»
Hans meinte die Meter, aber Winter schaute auf die Uhr. Noch eine Minute, falls die Sprengladungen synchron explodieren sollten. «Ja.» Das Seil schwang von der Staumauer weg.
«Falsche Richtung. Näher zur Mauer!»
«Entschuldigung. Hier über der Kante ist der Wind ziemlich unberechenbar.» Und für diese Fallwinde war der Helikopter ein Spielzeug. Winter näherte sich unaufhaltsam der Betonmauer. Mit den Füssen und den Unterarmen versuchte er den Aufprall abzufangen. Dann knallte er gegen die Wand. Der Helm schepperte am Beton.
Hans fragte: «Was ist da los?»
«Bin an der Mauer. Drei Meter nach rechts, vom Parkplatz weg und fünf Meter tiefer.»
«Geht nicht.»
«Geht nicht, gibt’s nicht.»
«Ich berühre beinahe das Geländer.»
«Ich brauche noch einen Meter nach rechts und zwei nach unten.»
Das Seil zog ihn nun gegen den Beton, und er musste sich mit Händen und Füssen dagegenstemmen. Der Servicelift hatte Gummirollen, er nicht. Über dem Kopf von Winter flatterte das synthetische Seil und klatschte nervös gegen die Staumauer. Hoffentlich scheuerte das Seil nicht durch und riss.
Winter konnte mit seinen Zehenspitzen beinahe den äusseren Ring des C4-Plastiksprengstoffes berühren. Der zentrale Zünder war das gleiche Modell wie vorhin. Das schwarze Kästchen hing an einem Kletterhaken, der in einem fein säuberlich gebohrten Loch steckte. Die weisslichen Barren des C4-Plastiksprengstoffs waren kreuz und quer mit grauem Industrieklebeband befestigt.
Die Füsse waren jetzt auf der Höhe des zentralen Zünders. Wenn er sich im Klettergurt streckte und nach vorne beugte, erreichten seine Hände den äusseren Sprengstoffring, aber nicht den Zünder in der Mitte.
«Hans! Noch einen halben Meter nach unten!»
Das Seil riss Winter von der Mauer weg.
7. August 13:31
Der Helikopter zog Winter ruckartig in die Höhe. Der Klettergurt schnitt in seine Oberschenkel und schnürte ihm die Brust zu. Er flog am Seil zurück ins Tal. Der unerwartete Zug löste eine nicht zu kontrollierende Rotation aus. Am Ende des langen, wild gewordenen Pendels schwang er hilflos rotierend hin und her. Das Rudern mit den Armen und Beinen in der Luft verpuffte wirkungslos. Der Puls war an der oberen Grenze seiner optimalen Zone.
Die Bergwelt kreiste um ihn herum. Er war in der Mitte eines viel zu schnellen Karussells, das aus seiner Achse gesprungen war.
Er hielt sich mit beiden Händen am Seil fest.
«Hans! Was machst du?»
«Das Seil hat sich fast im Geländer des Wartungsliftes verheddert. Das hätte den Helikopter beinahe nach unten gerissen. Ich musste sofort raus.»
«Der nächste Versuch muss klappen. Schnell!»
Hans flog sofort zurück zur alten Position, das Seil mit Winter schwang verzögert ebenfalls zurück, zuerst langsam, dann immer schneller. Er raste mit Schwung auf die Betonwand zu. Im letzten Moment zog er die Beine hoch, um dem Sprengstoff auszuweichen und sich nicht darin zu verheddern. Er prallte mit voller Wucht gegen die Mauer.
Die Handflächen und die rechte Wange wurden am rauen Stein aufgeschürft. Seine Hände hinterliessen auf dem Beton blutige Schlieren und Abdrücke. Handmalen.
«Noch ein wenig runter! Einen Meter tiefer!»
Hans setzte den Helikopter mit den beiden vorderen Enden der Kufen sanft auf dem Servicelift auf. Tiefer konnte er nicht nach unten. Das Seil vibrierte. Winter spürte einen Ruck. Das Seil war immer noch zu kurz.
«Ich habe auf dem Servicelift aufgesetzt. Mehr geht nicht!»
«Einen halben Meter brauche ich noch.»
Winter zog und reckte sich im Klettergurt.
Er sah auf dem zentralen Zünder, wie die roten Zahlen im Sekundentakt unerbittlich kleiner wurden. Bereits vier Nullen. Weniger als eine Minute.
Seine Arme waren zu kurz.
Hans hielt den Helikopter so ruhig wie möglich in den wechselnden Fallwinden über der Kante. Die kleinen Wellen des Sees zeigten ihm, wann der Wind seine Richtung änderte. Millimetergenau justierte er mit dem Steuerknüppel die Ausrichtung des Helikopters. Er versuchte dessen Heck mit der Seilwinde ein wenig zu senken, um Winter die
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