Söldner des Geldes (German Edition)

zusätzlich nötige Seillänge zu geben.
    Fatima, Rolf und die beiden Männer von der Betreibergesellschaft sahen aus der Ferne den Helikopter auf dem Geländer hocken, den Hinterteil über dem Abgrund.
    Fatima zwang sich, vor Angst nicht mit den Händen die Augen zu verdecken. Alle hielten den Atem an. Doch dann begannen die Kufen an der Kante des Serviceliftes abzurutschen, und Hans musste den Helikopter wieder in die Waagrechte manövrieren.
    Das Seil wippte auf und ab.
    Winter kam dem Zentralzünder näher.
    Aber nicht nah genug.
    Und Winter hatte keine Zeit mehr.
    Der Plastiksprengstoff war im Kreis geklebt worden.
    Wie ein Tornado.
    Wenn die Ladung losging, war er im Auge des Sturms. Der Tod wäre ein schneller. Was würde mit dem Helikopter geschehen? Würde das Seil reissen? Würde Hans durch die Wucht der Explosion die Kontrolle über den Helikopter verlieren?
    Die Zeit stand einen Moment ganz still.
    Dann klickte es. Winter war gefangen im Klettergurt, der mit Karabinerhaken an den Ringen des Seils befestigt war. Der rote Karabinerhaken hing auf der Höhe des Bauchnabels, der blaue beim Brustbein. Die Anordnung übereinander hielt Winter in einer aufrechten Haltung. Er zog sich ein wenig hoch und hängte den oberen blauen Karabiner aus.
    Die Gesetze der Physik drehten Winter sofort um den roten Karabiner bei seinem Bauchnabel. Kopfüber mit nur noch einem Haken gesichert hing er am Seil. Der gelöste blaue Karabiner schlug gegen sein Kinn. Das Kleingeld fiel aus der Hosentasche in die Tiefe und klingelte gegen die Staumauer. Mit den Füssen ertastete Winter das Seil und stabilisierte sich.
    «Hans, nicht bewegen. Ich bin am Zünder dran.»
    Der zentrale Zünder war nun auf Brusthöhe.
    00   :   00   :   34, 00   :   00   :   33, 00   :   00   :   32.
    Das Blut schoss ihm in den Kopf.
    Das Seil wippte auf und ab. Mit den Armen glich er die Schwingungen aus. Behutsam streckte Winter die Hände nach dem schwarzen Kästchen aus. Vorsichtig umschloss er mit blutverschmierten Fingern den Zünder.
    Dann drückte er mit beiden Daumen gleichzeitig die *- und die Rautetaste.
    Nichts geschah.
    Winters Herz liess einen Schlag aus. Nur kein Herzinfarkt. Wenigstens wäre er bei Hans in guten Händen. Im Helikopter hatte es sicher auch einen Defibrillator.
    00   :   15, 00   :   14, 00   :   13.
    War er ausgerutscht? Hatten seine Finger gezittert? Hatte dieser Zünder einen anderen Mechanismus?
    Resoluter drückte Winter noch einmal die beiden Tasten. Miteinander.
    00   :   12, piep.
    Die Stundenanzeige blinkte, und Winter programmierte den Zünder neu. Er atmete ein. Knapp, aber besser als 00   :   07. Die Sprengstoffexperten hatten vierundzwanzig Stunden Zeit, über den Servicelift die Sprengladung ganz zu entschärfen.
    Erleichtert stiess sich Winter von der Wand ab. In der Tiefe grasten die Schafe. Er schloss für einen Moment die Augen. Erleichterung. Glückshormone strömten durch sein gut durchblutetes Hirn.
    «Geschafft! Hans, du kannst mich nach oben ziehen.»
    «Gratuliere. Sehr gut. Festhalten.»
    Der Helikopter hob rückwärts ab, Hans flog einen eleganten Bogen über das Tal, und Winter schwang sanft gegen die Bergflanke. Die Seilwinde begann ihn hochzuziehen. Winter spannte seine Bauchmuskeln, zog sich mit den Armen am Seil hoch, sicherte sich mit dem blauen Karabinerhaken wieder doppelt und signalisierte mit ausgestrecktem Arm und erhobenem Daumen den Zuschauern auf dem Parkplatz den Erfolg. Fatima winkte zurück.
    Hans fragte scherzend: «Wie wäre es mit einem kleinen Alpenflug?»
    «Später vielleicht.» Wo war der grüne Gleitschirm mit Max? Winter liess seine Augen ins Tal schweifen. Die schnell ziehenden Wolken warfen fleckige Schatten auf die Alpwiesen. Da!
    «Siehst du den grünen Gleitschirm bei der Alp auf der rechten Talseite? Schätzungsweise auf drei Uhr.» Die Flugrichtung war zwölf.
    Nach einigen Sekunden kam die Bestätigung: «Ja. Ich sehe den Gleitschirm. Militär. Was ist damit.»
    «Das ist der vierte Terrorist. Halt die Seilwinde an. Den schnappen wir.»
    «Ich weiss nicht. Am besten rufe ich die Polizei, die ihn nach der Landung am Boden abfängt.»
    «Bis dann ist er längstens weg. Mit dem Helikopter sind wir schneller.»
    «Einverstanden. Wir versuchen es. Aber die Polizei rufe ich trotzdem.»
    Hans stoppte die Seilwinde und drehte ins Tal ab. Das Seil spannte sich. Winter hing jetzt noch etwa fünfzig Meter unter dem Helikopter. Er hörte, wie Hans den