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Söldner des Geldes (German Edition)

Söldner des Geldes (German Edition)

Titel: Söldner des Geldes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Beck
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Er kam an einer koptischen Kirche, einem Präsidentenpalast mit Park und Wassersprinklern vorbei und liess sich von der Port Said, der breiten Durchgangsstrasse, auffangen. Die Port Said schnitt Kairo entzwei in einen traditionellen und einen modernen Teil. Auf der gegenüberliegenden Strassenseite herrschte ein Hauch von Mittelalter und Tausendundeiner Nacht.
    Das ursprüngliche Kairo war wegen den Überflutungen des Nils nicht in dessen unmittelbarer Nähe entstanden, sondern wurde leicht erhöht gebaut. Erst in den letzten hundertfünfzig Jahren, nachdem der Nil gezähmt worden war, hatte sich die Stadt gegen Westen ausgedehnt, sich zuerst an den Fluss geschmiegt und ihn dann überschritten.
    Gemäss der Kundenkartei lag das Hauptquartier der Orafin an der Port Said. Die Hausnummern waren nicht einfach zu lesen. Winter wanderte mehr als einen Kilometer nordwärts, bis er das Gebäude mit dem Orafin-Logo fand.
    Ein fünfstöckiger Glasbau mit russ- und abgasverdreckter Fassade aus den siebziger Jahren. In regelmässigen Abständen ragten die Kasten der Klimaanlagen heraus. Auf dem Dach war ein altes Gerüst auszumachen. Aus steuerlichen Gründen lohnte es sich, offiziell nicht fertig zu bauen.
    Ägypten im Sommer. Um die Mittagszeit. Ganz schlechtes Timing. Er betrat die Eingangshalle und blieb einen Moment stehen. Schön kühl. Fast kalt. Und erstaunlich ruhig. Vier mit Funkgeräten ausgerüstete Sicherheitskräfte. Zwei Uniformierte flankierten den Eingang, zwei sassen gelangweilt auf Stühlen beim Lift. Alter und Körperfülle liessen auf Vorpension schliessen. Winter beneidete für einen Augenblick Orafins Sicherheitsverantwortlichen, der beim Personal offenbar nicht sparen musste. Daneben gab es viel weissen Marmor, goldene Verzierungen und einen Empfang mit drei bildhübschen, ebenfalls uniformierten Damen.
    Winter lächelte, trat an den Tresen und sagte auf Englisch: «Guten Tag, mein Name ist Winter, und ich möchte gern mit Herrn Kaddour sprechen.» Das war der Kontakt von Toblers und wahrscheinlich ein hohes Tier. In der Kundendatenbank war das Feld «Titel» leer gewesen.
    «Guten Tag, mein Herr», antwortete die Dame in der Mitte in beinahe akzentfreiem Englisch. «Haben Sie mit Herrn Kaddour einen Termin?» Kaddour war ihr offenbar bekannt. Jedenfalls verzichtete sie darauf, ihren unförmigen, altertümlich anmutenden Computer zurate zu ziehen. Sie musterte den bereits ein wenig verschwitzten Winter mit ihren grossen, perfekt geschminkten Augen.
    Dieser sagte: «Nein, tut mir leid, ich hatte noch keine Gelegenheit, mit Herrn Kaddour einen Termin zu vereinbaren. Aber es handelt sich um eine dringende Angelegenheit, und ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar, wenn Sie ihm meine Visitenkarte überreichen würden.»
    Winter hatte die Erfahrung gemacht, dass er in solchen Situationen mit ausgesuchter Höflichkeit und Bescheidenheit am schnellsten vorwärtskam. Er überreichte der Dame eine Visitenkarte, auf der neben «T. Winter» nur Name und Logo seiner Bank und eine Telefonnummer stand. Die Visitenkarte war von bester Qualität, leicht grösser als der Standard. Sie liess vieles offen.
    «Vielen Dank. Bitte nehmen Sie einen Augenblick Platz.»
    Sie deutete auf eine hinter Säulen versteckte Sitzgruppe mit roten Ledersofas. Winter nickte und sah, wie die Dame in einer Tür hinter dem Empfang verschwand. Er wartete sieben Minuten, bis sich die Tür wieder öffnete und die Dame ihm einmal mehr zulächelte: «Herr Kaddour ist im Moment sehr beschäftigt. Es wäre ihm aber ein grosses Vergnügen, Sie heute Abend zum Essen einladen zu dürfen. Er wird Sie um zwanzig Uhr dreissig im Shepheard abholen.»
    «Vielen Dank.» Er lächelte, verabschiedete sich und fragte sich, wer ihn wohl angemeldet hatte. Er hatte niemandem gesagt, in welchem Hotel er abgestiegen war. Offenbar wurde er beschattet.
    Winter hatte bis zum Abendessen Zeit. Er nahm sich den Nachmittag frei. Auf dem Rückweg spazierte er durch den Khan El Khalil Bazar und bestaunte die kunstvoll aufgetürmten Auslagen der Händler. Die meisten Früchte und Gewürze kannte er nicht, aber die intensiven Gerüche und Farben betörten ihn. Er liess sich Zeit und machte keine Anstalten, sich um Beschatter zu kümmern.
    Bei der Al-Azhar-Moschee zog er die Schuhe aus und wandelte gemächlich rund um den riesigen Hof. Hier war es schön ruhig. In einer schattigen Ecke sass eine Schar junger Männer am Boden und hörte einem älteren Mann zu. Die Moschee war auch

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