Söldner des Geldes (German Edition)
ich geprüft. Er hat sofort bezahlt. Die ersten zehntausend wurden innerhalb von fünf Minuten auf mein Konto überwiesen.»
«Was solltest du liefern?»
«Alles, was ich kriegen kann, aber vor allem die E-Mails.»
«Für wie lange?
«Bis auf Widerruf. Er hat mir zweitausend pro Tag versprochen plus Vergütung des Initialaufwandes.»
«Wie hättest du geliefert?»
«Er hat mir eine E-Mail-Adresse gegeben.» Der Detektiv buchstabierte eine anonyme Adresse. «Er hat verlangt, dass ich ihm sofort alle Dateien schicke.»
«Ist dir etwas aufgefallen? Hatte der Auftraggeber einen Akzent?»
«Nein, er hat Schweizerdeutsch gesprochen. Kein spezieller Dialekt. Vielleicht aus Zürich. Irgendwie klang es, als ob er solche Aufträge nicht zum ersten Mal gab.»
Winter trank seinen Kaffee und dachte nach. Es kam ihm nichts mehr in den Sinn, was er den Privatdetektiv fragen wollte. Deshalb holte er ein Abschleppseil, knüpfte es an einen Haken und liess es hinunter. Der Privatdetektiv kletterte heraus. Er sah erbärmlich aus und stank fürchterlich.
Nachdem Winter ein bisschen Abstand genommen hatte, sagte er: «Ich lass dich jetzt laufen. In deiner Tasche habe ich deine Adresse gefunden. Du gehst nach Hause und führst den Auftrag wie befohlen aus. Liefere wie vereinbart. Wenn ich merke, dass du das nicht machst, komme ich dich besuchen. Ist das klar?»
Der Dreckskerl nickte nur und verschwand humpelnd im Dunkeln.
Winter setzte sich in einen der beiden Liegestühle und schaute in den Nachthimmel. Sternschnuppen. Aber er war nicht in der Lage, sich etwas zu wünschen. Nach einer Stunde stand er auf, versandte ein paar E-Mails, legte sich für fünf Stunden schlafen, packte die faltbare Zahnbürste in den Rucksack und flog nach Kairo.
26. Juli 10:02
Das volle Flugzeug landete mit Verspätung. Winter hatte mit einem Mittelsitz vorliebnehmen müssen. Die in eine perforierte Plastikfolie eingewickelten Brötchen waren ungeniessbar gewesen. Er hasste das Fliegen.
Und als er den Kopf einzog, um aus dem Flugzeug in den angedockten Schlauch des Flughafens zu treten, schlug ihm die Hitze entgegen. Kairo im Juli. Keine gute Idee. Mit seinem Expressvisum passierte er den Zoll, und auf die Frage «Tourist or business?» antwortete er mit «Business».
Er war einer der ersten Passagiere dieses Fluges in der klimatisierten Empfangshalle mit dem leicht gewölbten Dach aus Stahl und den echten Palmen. Winter fragte sich, ob Orafin die Halle gebaut hatte.
Die fünfzig Meter in der trockenen, staubigen Hitze zum Taxistand reichten für einen Schweissausbruch. Auf dem Weg ins Stadtzentrum schaltete er sein Mobiltelefon ein, das ihm drei ägyptische Telefonnetze zur Auswahl vorschlug. Er entschied sich gegen das Netz von Orafin, rief Dirk an und erzählte ihm von der Abhörinstallation bei sich zu Hause: «Prüf die Firewall der Bank doppelt. Unsere Freunde scheinen tiefe Taschen zu haben.»
«Klar. Mache ich. In letzter Zeit gab es keine Auffälligkeiten. Die Hacker sind auch in den Sommerferien.»
Winter bat den Taxifahrer, ihn beim Shepheard an der Corniche abzusetzen. Es war das einzige Hotel, das er in Kairo kannte. Es lag zentral. Einige hundert Meter vom Tahrirplatz und in der Nähe des Ägyptischen Museums. Und mit Sicht auf den Nil. Der Name stammte weder von einer Hunderasse noch einem Hirten, sondern vom Engländer, der das Hotel gegründet hatte. Das Shepheard hatte kühles Mineralwasser in der Minibar, eine funktionierende Klimaanlage und einen leeren Computerraum im Business Center.
Winter machte einen Spaziergang. Er wechselte Geld, kaufte sich mit den ägyptischen Pfund von einem fliegenden Händler einen Stadtplan und tauchte ins Chaos von Kairo ein. Millionen Ägypter lebten in der Stadt am Nil. Viele davon waren in hupenden Autos aus den Fabriken der ehemaligen Kolonialmächte unterwegs. Jugendliche mit coolen Sonnenbrillen und westlichen Kleidern auf japanischen Motorrädern schlängelten sich mit halsbrecherischen Manövern durch den Verkehr. Gruppen eleganter Frauen mit farbigen Kopftüchern. Korpulente Geschäftsleute in Anzügen, die versuchten nicht zu schwitzen. Vollverschleierte.
Frisch gewischte Strassen rund um den Tahrirplatz. Neue Polizisten oder Soldaten, die kaum volljährig waren, aber mit Stolz eine zu grosse Uniform oder zumindest eine Armbinde trugen. Und dazwischen ein rauchender Bauer in einem traditionellen weissen Gewand auf einem hoch bepackten Eselskarren.
Winter liess sich treiben.
Weitere Kostenlose Bücher