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Söldner des Geldes (German Edition)

Söldner des Geldes (German Edition)

Titel: Söldner des Geldes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Beck
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eine Universität.
    Winter kletterte die engen Stufen eines der Minarette hoch und hatte eine gute Rundsicht über Kairo und den Innenhof. Die Moschee hatte mehrere Ein- und Ausgänge, weshalb ein Verfolger nicht draussen warten konnte. Oben angekommen, schaute Winter sich in aller Ruhe die Menschen im Hof des Gotteshauses an.
    Er schloss mit sich eine Wette ab, dass seine Beschatter die zwei nicht mehr ganz jungen Männer in den grauen, westlichen Anzügen waren. Sie standen ein wenig verloren unter den mehrheitlich traditionell Gewandeten auf der einen Seite des Hofes am Rande des gedeckten Ganges, hatten einen guten Blick auf den Eingang des Minaretts und taten so, als seien sie in eine Diskussion vertieft. Winter konnte nicht erkennen, in welche Richtung die Augen schauten, schloss aber aus der Kopfhaltung, dass sie immer wieder diskret zu ihm nach oben schauten.
    Winter stieg vom Minarett hinunter. Um der ärgsten Hitze zu entgehen und in Ruhe am Puzzle des Helikopterabsturzes zu arbeiten, setzte er sich im Hof in eine ruhige Ecke. Von aussen sah es aus, als döse er für eine Stunde vor sich hin. Plötzlich spürte er Hunger. Es konnte nichts schaden, wenn er seine Wette einlöste.
    An einem Stand vor der Moschee kaufte er sich ein mit Gemüse und Fleisch gefülltes Fladenbrot. Dazu sicherheitshalber eine Cola. Das Verfalldatum der Büchse war verwischt. Aber sie war kühl. Er ass stehend neben dem Stand und sah, dass die beiden grauen Anzüge sich in der Nähe herumdrückten.
    Winter nahm ein Taxi zurück zum Hotel, liess sich aber auf der Nilseite absetzen. Während er den Fahrer bezahlte, sah er im Rückspiegel, wie die grauen Anzügen etwa hundert Meter hinter ihm ebenfalls aus einem Taxi stiegen.
    Zwischen der Strasse entlang dem Nil und dem Hotel lag der private Hotelpark. Palmen und mannshohe rote und weisse Oleanderbüsche dienten als Schallschutz gegen den Strassenlärm.
    Er nickte dem Gärtner-Wachmann zu, der in einem grünen Häuschen beim Eingang döste, legte rasch den halben Weg zum Hotel zurück und zog sich seitlich in die Oleanderbüsche zurück. Nach einer Minute sah er durch die Blätter hindurch die beiden Männer den Weg entlangkommen. Er liess sie vorbeigehen, trat aus dem Gebüsch und fragte: «Kann ich Ihnen helfen, meine Herren?»
    Die beiden Männer erschraken sichtlich und drehten sich um. Winter musste ein Grinsen unterdrücken. Sie stammelten etwas von «Freund besuchen» und deuteten auf das Hotel.
    Belustigt fragte Winter: «Kann ich Sie zu einem Drink einladen?»
    Die beiden Männer schauten sich verdutzt an.
    Winter fuhr fort: «Es wäre doch nett, sich kennenzulernen?» Er ging auf sie zu: «Mein Name ist Winter, und ich bin heute Morgen aus der Schweiz gekommen.»
    Eine zentrale Funktion der Kommunikation war zu sagen: Hey, ich bin da! Während der sprachlichen Evolution im Dschungel war es wichtig gewesen, ständig miteinander zu reden. So versicherten sich die Menschen gegenseitig, dass alle noch da waren und nicht jemand von einem wilden Tier gefressen worden war.
    Also fuhr Winter fort: «Angenehm warm haben Sie es hier. Ein bisschen heiss für einen Mitteleuropäer, dafür schön trocken.»
    Oft stiftet Kommunikation aber auch Verwirrung. Die Leute redeten sozusagen kontinuierlich aneinander vorbei und verstanden nur einen Teil davon, was das Gegenüber meinte. Das war manchmal etwas mühsam, aber in gewissen Situationen durchaus praktisch.
    «Wie gesagt, mein Name ist Winter.»
    Er streckte die Hand aus.
    Verwirrt lächelnd streckte der linke der beiden Männer ebenfalls seine Hand aus: «Mein Name ist Faruuk. Schön, Sie zu treffen.»
    Winter ergriff Faruuks ausgestreckte Finger zu einem schwachen Händedruck und schaute ihm direkt in die Augen. Beim Zurückziehen der Hand packte er Faruuks kleinen Finger, hob blitzschnell den Arm hoch, drehte sich durch das so gebildete Tor und um seine eigene Achse. Jiu-Jitsu aus dem Anfängerkurs.
    Während der Drehung hörte, spürte er, wie die Gelenke in Faruuks kleinem Finger ausgerenkt wurden. Es knackste und ruckte zweimal. Gänsehaut überzog Winters Rücken. Faruuk unterdrückte einen Schrei. Vor Schmerz entblösste er seine Zähne und zog die Augenlider zusammen. Winter hielt den kleinen Finger seelenruhig fest und fragte: «Warum verfolgt ihr mich?»
    «Wir besuchen einen Freund im Hotel.»
    Winter schüttelte Faruuks überdrehten kleinen Finger. Die Methode hatte sich schon oft bewährt. Keine Waffe. Minimaler Schaden.

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