Söldner des Geldes (German Edition)
das halb leere Körbchen mit den Kirschen ab und trat vor den Bungalow.
Fatima ging auf das grosse, schwimmende Terrassendeck, das mit einem kleinen Steg mit dem Bungalow verbunden war. Sie zog die flachen Schuhe aus und testete die Wassertemperatur: «Wir sind im Norden, und doch ist das Wasser ganz warm!»
«Das ist der Golfstrom. Der bringt warmes Wasser aus der Karibik. Sonst gäbe es hier auch keine Kirschen.» Winter atmete die Meeresluft ein und sah, wie sich Fatimas schlanke Silhouette vor dem dunkelblauen Himmel abhob. Anne war erst seit ein paar Tagen tot. Eine grosse Traurigkeit durchflutete Winter. Durfte er sich so kurz nach Annes Tod mit Fatima amüsieren? Er atmete tief ein.
Fatima spritzte mit ihren Füssen Wasser in die Luft. Dann fuhr sie mit ihren Händen durch das lange Haar und strich es nach hinten.
«Winter, lass uns schwimmen gehen.»
«Ich weiss nicht. Es ist schon ziemlich dunkel.»
Sie legte den Kopf schief: «Ach komm schon. Wir waren den ganzen Tag in Flugzeugen eingesperrt. Ein bisschen Bewegung schadet nicht. Schliesslich sind wir in den Flitterwochen», lachte Fatima. Sie zog sich aus. Zuerst den leichten Pullover, dann die Jeans und die weisse Bluse mit dem kleinen Stehkragen.
Winter schwieg im Dunkeln und zögerte. Er war hin- und hergerissen. Mit Anne hatte er sich Zeit gelassen. Vielleicht zu viel Zeit.
Fatima rief: «Komm schon. In Ägypten schwimmen wir oft in der Nacht. Dann ist es nicht so heiss.» Sie entledigte sich des Büstenhalters, zog das knappe Höschen aus und stieg die Leiter hinunter ins Wasser.
Winter zögerte.
Fatima winkte und liess sich rücklings ins Wasser gleiten. Sie breitete die Arme aus, und ihre Brüste tauchten einen Moment aus dem Wasser. Dann drehte sie sich auf den Bauch. Ihr langes Haar breitete sich wie ein Fächer auf der Oberfläche aus. Sie holte tief Luft und tauchte unter. Nach zehn Metern unter Wasser tauchte sie wieder auf, öffnete die Augen und schaute sich um.
Winter sog wieder die Meeresluft ein. Er schloss für einen Moment die Augen und löste sich vom Geländer des Stegs. Er lebte nur einmal. Und er wollte das Leben spüren. Hier und jetzt. Er ging zur Plattform hinunter und zog sich aus. Nackt tauchte er mit einem Kopfsprung ins wunderbar erfrischende Wasser. Er tauchte neben Fatima auf und erkannte in der Dämmerung ihre weissen Zähne und das glatte pechschwarze Haar. Wortlos schwammen sie in ruhigen Brustzügen in den Hardangerfjord hinaus.
30. Juli 03:55
Winter war nass und stand vor dem Bungalow, als dieser explodierte und in Flammen aufging. Er rannte zum Parkplatz. Seine nassen Füsse klatschten auf den Steinplatten des Parks. Er stand vor dem Jaguar und fragte sich, warum dieser plötzlich schwarz war und keine Kotflügel hatte. Als er ihn mit der Fernsteuerung aufschloss, explodierte auch der Jaguar.
Er drehte sich um und wollte das Bankgebäude in Bern betreten, als dieses von einem Erdbeben erschüttert wurde und wie ein Turm aus Klötzchen in sich zusammenfiel. Um sich zu retten, rannte Winter keuchend und schwitzend und barfuss über Geröllhalden zum Helikopterlandeplatz hinauf, der auf einer Bergspitze lag. Er öffnete die Cockpittür, und der Helikopter brach in der Mitte auseinander und explodierte links und rechts von ihm. Anne stürzte vor ihm in die Tiefe. Er wollte sie halten, aber er war nass, und sie rutschte unaufhaltsam ins Höllentobel.
Schweissgebadet und mit weit aufgerissenen Augen wachte er auf. Er richtete sich halb auf, atmete tief und versuchte sich zu orientieren. Die Morgendämmerung schimmerte durch die Spalten der schweren Vorhänge.
Winter erinnerte sich: Fatima, Schwimmen im Fjord. Sie waren nackt über den Steg zurück in den Bungalow gerannt. Jemand hatte während des Schwimmens einen Rosenstrauss, eine Flasche Champagner und eine noble Karte der Direktion «Geschenk des Hauses» gebracht. Fatima war sofort im Badezimmer verschwunden. Er hatte sich in ein Badetuch gewickelt. Nach einer Minute war Fatima im Bademantel zurückgekommen, und sie hatten angestossen. Dabei hatte sie ihm in die Augen geschaut: «Winter, ich möchte, dass du mich heute Nacht einfach nur in den Armen hältst.» Er hatte genickt. Danach hatte sie sich an ihn gekuschelt und war in seinen Armen eingeschlafen.
Jetzt atmete Fatima ruhig neben ihm. Bademantel und Badetücher lagen in einem Haufen neben dem grossen Doppelbett, und der digitale Wecker zeigte 03 : 57 Uhr. Auf dem Ellbogen
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