Söldner des Geldes (German Edition)
verfolgen. Aber wenn wir wissen, wer von den Morden profitiert, haben wir wenigstens ein konkretes Motiv. Die Schwierigkeit besteht darin, dass sich in solchen Fällen die Auftraggeber selten selbst die Hände schmutzig machen.»
«Ich werde mich in der Orafin umhören. Auch Geld hinterlässt Spuren.»
Winter nickte, schwieg und überlegte sich seine nächsten Schritte. Er sprach kein Arabisch und hatte im Nahen Osten nur oberflächliche Kontakte. Fatima konnte nützlich sein. Neben den Personen und dem Geld gab es vielleicht noch eine andere Parallele: «Wir müssen den Sprengstoff vergleichen. Wenn es der gleiche ist, haben wir ein Indiz dafür, dass es die gleichen Täter waren. Wo ist der Metallsplitter aus meinem Kopf?»
«Du meinst, es hat daran Sprengstoffspuren?»
«Ich denke schon. In der Schweiz kann ich ihn ins Labor zur Untersuchung geben.» Fatima verschwand und grübelte das baumnussgrosse Metallteilchen aus dem Abfall. Es war schwarz lackiert, blutverschmiert und hatte an den Bruchstellen eine scharfe, gezackte Kante.
Sie sassen bis in die frühen Morgenstunden hinein zusammen, tranken starken ägyptischen Kaffee, redeten, schwiegen und trösteten sich. Die Zeit stand still.
Den darauffolgenden Tag verbrachten sie getrennt. Fatima ging in die Port Said und organisierte die Geschäfte von Kaddour. Winter schlief lange, um seine Hirnerschütterung zu kurieren. Ein Polizeiinspektor kam vorbei, und Winter gab höflich Auskunft. Sie hatten noch keine Hinweise über die Täterschaft. Danach holte Winter seine Sachen aus dem Shepheard, sandte einige E-Mails, checkte aus, sprach mit Känzig und recherchierte die Konferenz in Bergen, von der er im Internet nichts finden konnte.
Winter rief einen Kollegen bei der Nordea Bank an, einer der grössten skandinavischen Banken, und erkundigte sich bei ihm nach der Konferenz. Auch dieser wusste nichts von einer solchen, rief aber eine Stunde später zurück: «Hallo, Winter, das ist keine Konferenz, sondern ein Forum. Ein ehemaliger Mitarbeiter von uns arbeitet bei Galaxy und sagt mir, dass die Gespräche völlig unter dem Radar laufen. Viele Scheichs haben ihre Familien mitgebracht und sind auf Urlaub am Hardangerfjord. Sie wohnen im ‹Sole Bad›, mindestens sieben Sterne, mit privatem Jachthafen. Nichts für unsereins.»
«Danke. Wer oder besser was ist Galaxy?»
«Galaxy ist der Private-Equity-Fonds, der das Treffen organisiert hat. Man weiss nicht viel von ihnen. Die agieren praktisch ausserhalb der Aufsicht und sind nicht darauf erpicht, in der breiten Öffentlichkeit bekannt zu werden. Die sind nicht im Retailmarkt. Mein Kontakt war einer der erfolgreichsten Fundmanager bei uns. Ein Quant, der sich auf quantitative, mathematische Modelle spezialisiert hat. Aber mit seinem eigenen Kübel voller Geld verdient er natürlich ein Vielfaches. Je mehr Geld, desto mehr Hebel, desto mehr Erfolgsprämien.»
* * *
Als Aleksi spätabends vorsichtig in den dunklen Tunnel fuhr, schaltete er als Erstes die Scheibenwischer ein. Die ausgetrockneten Plastikwischer ächzten über die verdreckte Frontscheibe seines schwer beladenen russischen Zisternenwagens und wischten das von der Tunneldecke tropfende Wasser nur teilweise zur Seite. Die schwachen Scheinwerfer tasteten sich den rohen Wänden entlang.
Er beugte sich über sein grosses Lenkrad, um den Schlaglöchern besser ausweichen zu können. Das Scheinwerferpaar eines Mercedes kam ihm entgegen. Ein neuer SLK auf dem Weg nach Moskau rauschte vorbei.
Nach fünf Minuten begann die Strasse des knapp vier Kilometer langen Rokitunnels leicht abzufallen. Aleksi hebelte einen Gang höher und verliess das russische Reich. Der Rokitunnel durchstiess den Hauptkamm des Kaukasus und verband den Norden mit dem Süden, Nordossetien mit Südossetien, Russland mit Georgien. Theoretisch. Wegen der immer wieder aufflammenden Unabhängigkeitskonflikte gab es hier oben offiziell keinen Zoll. Schlimmstenfalls Kontrollposten paramilitärischer Einheiten. Sein Cousin Vladimir hielt ihn auf dem Laufenden. Heute Nacht war die Luft rein.
Aleksi schaute in den Rückspiegel. Auf dem Markt von Ergneti hatte sein Auftraggeber, der russisch sprechende Boxer mit der schwarzen Lederjacke, wenig gesagt, aber gut bezahlt. Mit den Euros konnte sich Aleksi endlich einen neuen Schneidezahn leisten. Aus Gold. Er grinste sich im Spiegel mit entblösstem Zahnfleisch an.
Das Einzige, was er noch tun musste, war, in Gori zu frühstücken und seinen mit
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