Söldner des Geldes (German Edition)
direkt an der Strasse für ein paar Kronen frisch gepflückte Kirschen. Sie behielt das Körbchen in ihrem Schoss und schob Winter, der auf der kurvigen Strasse beide Hände am Steuer halten musste, ab und zu eine saftige Kirsche in den Mund.
Fatima fragte: «Glaubst du, dass ein Zusammenhang zwischen den religiösen Fundamentalisten und den reichen Investoren besteht? Irgendwie passt das nicht zusammen. Investoren bevorzugen doch Stabilität.»
«Ich bin nicht sicher. Osama bin-Laden war meines Wissens ein Sohn aus reichem Hause. Und Investitionen in Kernkraftwerke sind immer umstritten. Der ägyptische Staat steht doch hinter dem Orafin-Projekt?»
«Ja, die Regierung ist massgeblich beteiligt.»
«Gut. Jetzt bin ich gespannt, wohin uns die Spur des Geldes hier führen wird.»
«Ich auch. Ich will Kaddours Mörder.» Und nach einer Pause und einer weiteren Kirsche spürte Winter, wie Fatima ihn von der Seite musterte. Sie fragte: «Wie gut sprichst du Arabisch?»
Er war geschmeichelt, dass sie ihm diese Sprache überhaupt zutraute, und sagte entschuldigend: «Leider gar nicht.»
Sie gab ihm einen aufmunternden Klaps auf den Oberschenkel: «Ich mach das schon.»
«Damit habe ich gerechnet.»
Fatima war ihm bereits einen Schritt voraus: «Und wir brauchen eine Geschichte, warum wir gerade hier sind. Wir haben den Jaguar für Frischverheiratete. Am besten brauchen wir diese Geschichte weiter. Was meinst du?»
Winter war einmal mehr von Fatima überrascht. Meinte sie das wirklich nur als Tarnung, oder war mehr dahinter? War er gerade Opfer seiner Begierden geworden? Fatima hatte studiert. Sie war eine erfolgreiche Geschäftsfrau. London war ihre zweite Heimatstadt. Eine enge Kurvenkombination mit Gegenverkehr zwang Winter zum Herunterschalten und gab ihm Bedenkzeit: «Gute Idee. Aber wegen der verschiedenen Pässe sagen wir am besten, wir seien erst verlobt.»
Fatima stützte ihren nackten Arm auf dem Türrahmen auf, hielt die gespreizten Finger in den Fahrtwind und lächelte: «Ich glaube, wir sind ein gutes Team.»
Nach einigen weiteren Kurven und Kirschen hatte auch Winter einen Plan: «Ich werde den Wikinger vom Private-Equity-Fonds, den Schütz in Riad kennengelernt hat, aufstöbern. Er kann mir hoffentlich erklären, was Al-Bader geplant hatte.»
Sie erreichten das Hotel in der späten Dämmerung. Es lag auf einer Landzunge am Hardangerfjord. Das Hotel bestand aus einem hölzernen, gelb-weiss gestrichenen Haupthaus aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts, mit einem moderneren Anbau und einer Reihe von Nebengebäuden, die in einem grosszügigen Park verstreut waren. In der weiten Eingangshalle brannte ein offenes Feuer. Fatima entschied sich für einen Bungalow direkt am Meer.
Eine kräftige Norwegerin in den Fünfzigern trug Fatimas Koffer locker durch den Park mit den vielen Rosen und den Liegestühlen. Sie kamen an einem modernen Konferenzgebäude vorbei, das teilweise im Felsen versenkt war und dessen Fensterfront gegen den Hardangerfjord mit dunklen Vorhängen zugezogen war.
Winter meinte: «Das ist ein schöner Ort für Konferenzen.»
Die stämmige Norwegerin: «Ja, aber die Araber interessieren sich nicht für die Aussicht.»
«Araber?»
«Ja, wir haben oft Konferenzen. Letzte und diese Woche sind es Banker und Scheichs. Nächste Woche sind es Schönheitschirurgen.» Der Tonfall der Norwegerin verhehlte ihre Meinung über diese Berufsgattungen nicht. Sie schien sich weder für Geld noch äussere Schönheit zu interessieren. Sie kamen an herumliegendem Kinderspielzeug vorbei. «Sie sind mit den Familien da. Die Kinder werden wie kleine Könige behandelt.»
Die Bungalows lagen ein wenig abgeschieden. Jedes Haus hatte eine hölzerne Terrasse, die ins Wasser ragte und als Sonnendeck und Bootsanlegestelle diente. Die Norwegerin schloss die Tür auf, knallte den Koffer hin und verschwand, bevor Winter ihr ein Trinkgeld geben konnte. Das grosse Zimmer war zweigeteilt in eine Schlafzone mit einem extra breiten Doppelbett und eine Wohnzone mit einem Sofa. Er würde wahrscheinlich das Sofa nehmen.
Fatima öffnete die Vorhänge, und die vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster gaben den Blick über den abendlichen Hardangerfjord frei. In der Ferne ragten mehrere dunkle Inselchen aus dem Wasser. Sie sahen die Lichter vorbeifahrender Schiffe. Entzückt sagte sie: «Die Aussicht ist wunderschön!»
Winter nickte und betrachtete ihren Rücken. Das Panorama war wirklich nicht schlecht. Er stellte
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