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Söldner des Geldes (German Edition)

Söldner des Geldes (German Edition)

Titel: Söldner des Geldes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Beck
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mir ein grosses Vergnügen, mich mit Ihnen zu unterhalten. Ich habe aus Ihren Fragen viel gelernt.» Mit erstaunlich geschmeidigen Bewegungen verliess er den Kräutergarten und ging über das grüne Gras zum Hotel zurück.
    Winter blieb sitzen. Was hatte er überhört? Er spulte das Gespräch in seinem Kopf noch einmal ab. Der alte Mann hatte in Bildern gesprochen. Aber was hatten die Kamele seines Grossvaters mit dem Atomkraftwerk in Kairo zu tun? Die Narbe aus Kairo juckte. Er musste sich zwingen, sich nicht blutig zu kratzen. Er hörte leichte Schritte im Kies und drehte sich um. Fatima.
    «Hallo. Hattest du ein nettes Kaffeekränzchen?»
    Sie setzte sich auf den Platz des Kamelhändlers, musterte ihn mit strafendem Blick und erklärte: «Wir haben uns furchtbar darüber aufgeregt, dass Afghanistan seine Leichtathletinnen nur dann an Wettkämpfen teilnehmen lässt, wenn sie von Kopf bis Fuss verhüllt sind. Stell dir das einmal vor. Sprinterinnen mit Schleier.»
    «Ja, ich kann mir heute Beachvolleyball in Afghanistan auch nicht recht vorstellen.»
    Fatima gab Winter einen sanften Rippenstoss: «Das ist etwas anderes.»
    Es gab für jede Diskussion den richtigen Zeitpunkt, und dieser hier war nicht geeignet, weshalb Winter das Thema wechselte und fragte: «Habt ihr auch über Al-Bader gesprochen?»
    «Ja. Sie sind alle sehr betroffen von Al-Baders Tod. Sie geben dem amerikanischen Projekt die Schuld.»
    «Dem amerikanischen Projekt?», echote Winter.
    «Ja, Al-Bader hat in Boston eine eigene Bank gegründet.»
    «Das Gründen einer Bank ist das grössere Verbrechen, als eine auszurauben.» Fatima hatte das Zitat nicht erkannt und stutzte, weshalb Winter anfügte: «Das ist nicht von mir, sondern von Brecht.»

30.   Juli 21:10
    Auf der Fahrt zum Flughafen Bergen reizte Winter den Jaguar aus. Die Automatik-Traffik-Kontrol-Kosten würde er unter Spesen abbuchen. Winter wollte unbedingt am morgigen Begräbnis von Anne dabei sein. Bergen hatte am späten Nachmittag nur einen Flug nach Oslo, den sie im Laufschritt gerade noch erwischten.
    Im Flugzeug konnten und wollten sie sich nicht unterhalten. Winter nutzte die Zeit in der Luft zum Nachdenken. Er hatte das Gefühl, im Nebel zu stochern. Sie flogen durch gigantische Wolkentürme, die dauernd ihre Form veränderten. Die Strömungen der Luft und des Geldes waren nicht sichtbar. Nur die Auswirkungen waren spürbar.
    Der Flugkapitän bat seine Passagiere wegen der Turbulenzen angegurtet zu bleiben. Die Werbung der Fluggesellschaften gaukelte sanftes und umsorgtes Gleiten über den Wolken vor. In Wirklichkeit wurde man wie Tiere einer industrialisierten Schaffarm durch die Flughäfen gehetzt und dann platzsparend eingepfercht. Winter hatte sich dabei ertappt, wie er Al-Bader um seinen Privatjet beneidete. Aber Al-Bader war tot. Dann doch lieber Linienflug.
    Welche unsichtbaren Strömungen hatten zu den Morden geführt? Winter konnte den Cashflow, die Kapitalströme von Al-Bader nur erahnen. Känzig, Schütz, Kaddour, Fatima, Hansen und heute Morgen Al-Baders Onkel hatten alle ihre eigenen Interessen, ihre eigenen Perspektiven. Die Investitionen von Al-Bader waren heikel. Waren es Strömungen politischer Natur? Prallten nationale Interessen aufeinander, oder war es eine Auseinandersetzung zwischen Tradition und Moderne? Al-Bader war ein moderner Araber gewesen, der Söldner auf der ganzen Welt hatte.
    Fatima hatte während des Transfers in Oslo ihre E-Mails auf den Laptop heruntergeladen und war nun eifrig am Tippen. Aus den Augenwinkeln sah Winter nur das lange schwarze Haar, welches wie ein Vorhang das Gesicht abschirmte. Sie hatte nicht viel gegessen und Winter das Dessert angeboten. Er liebte Süsses, aber es kam ihm ein bisschen wie ein Abschiedsgeschenk vor.
    Sie landeten pünktlich in Zürich, und Fatima hatte keinen Grund, ihren Anschlussflug zu verpassen. So standen sie verloren im Strom der heimkehrenden Geschäftsleute. Links ging es durch einen weiteren endlosen Gang zum Gate des Fluges nach Kairo und rechts zum Ausgang. Das Licht war grell, und eine surrende Putzmaschine kam auf sie zu. Winter hatte auf den letzten zweihundert Metern die Uhren- und Privatbankenreklamen studiert und wusste immer noch nicht, was er sagen sollte.
    Fatima hatte die Situation besser im Griff: «Also, ich denke, hier trennen sich unsere Wege wieder –»
    «Ja, vielen Dank für deine Hilfe.» Winter strich über die verkrustete Narbe an seiner Schläfe. «Es ist schade, dass wir

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