Söldner des Geldes (German Edition)
fünfunddreissigjährig. Auf der Schirmmütze ein stilisierter Helikopter. Der Ventilator auf dem Tresen kämpfte vergeblich gegen die Hitze im Container an.
«Guten Tag. Wie kann ich Ihnen helfen?»
Der Mann trug ein kurzärmeliges khakifarbenes Hemd mit angeknöpften Laschen auf den Schultern, an denen man Abzeichen befestigen konnte.
Winter streckte die rechte Hand aus und zog mit der linken aus der Brusttasche seine alte Polizeimarke. Der Ausweis glich der Identitätskarte, war echt, hatte vorne ein Schweizer Kreuz, ein Foto aus jüngeren Tagen und seinen Namen. Das Gültigkeitsdatum war auf der Rückseite, klein gedruckt und lag einige Jahre in der Vergangenheit. Bei seinem Austritt aus der Polizei hatte man vergessen, den Ausweis einzuziehen.
«Guten Tag. Entschuldigen Sie bitte die Störung.» Winter deutete auf die Nudeln. «Mein Name ist Winter, und ich untersuche für Bern den Absturz eines Helikopters.»
Bern konnte sich auf vieles beziehen: Die Hauptstadt der Schweiz war Sitz vieler offizieller Behörden. Die Hand des Mannes war rau, und unter den Fingernägeln klebte noch Dreck von der Arbeit im Stall. Während sie sich kräftig die Hände schüttelten, lächelte Winter den Mann an und steckte den Ausweis wieder weg. Winter schaute durch das Fenster und fragte aus Neugierde: «Die Kühe da draussen», er nickte mit dem Kinn durch das Fenster, «stört es sie nicht, wenn die Helikopter starten und landen?»
«Nein. Im Gegenteil. Ich habe den Eindruck, dass sie den Betrieb schätzen. Mein Vater führt seit Jahren Buch über die Milchleistung, und die hat in den letzten Jahren zugenommen.»
«Darf ich fragen, wie Sie auf die Idee gekommen sind, Helikopterflüge anzubieten? Das ist eine ziemlich ungewöhnliche Idee.»
«Ich wollte schon immer gern fliegen. Aber für einen Bauern ist das nicht ganz einfach. Als ich dann meinen Freund besuchte, der nach Kanada ausgewandert war, hat es mich mit den Helikoptern gepackt.» Er lächelte stolz und fügte an: «Heute will jeder in die Luft. Unsere Spezialität sind Fotoflüge. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele Leute ein Foto von ihrem Haus von oben wollen.» An den Wänden des Containers waren längliche, auf Karton aufgezogene Fotopanoramen aufgehängt.
«Spannend.» Winter erwiderte das Lächeln und hatte den Eindruck, dass sein Gegenüber genügend aufgetaut war, dass er zum Grund seines Besuches kommen konnte. «Eigentlich wollte ich Sie nur fragen, welcher Ihrer Kunden in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli, also letzten Freitag auf Samstag, mit einem Ihrer Helikopter unterwegs war.»
«Keiner.»
«Ich habe hier das Kennzeichen aufgeschrieben.» Winter holte einen kleinen Zettel aus dem Portemonnaie und zeigte diesen dem Mann.
«Ja, das ist einer meiner Robis.»
«Und keiner Ihrer Kunden hat in dieser Nacht einen Robi gechartert?»
«Nein. Wir sind selbst geflogen.» Der Mann hob die Schirmmütze ein wenig an und kratzte sich am Kopf. «Es war ein Auftragsflug. Ein komischer Auftrag. Aber wir haben den Nachttarif verrechnet.»
«Was heisst das?»
«Ich weiss nicht. Ich gebe nicht gern Auskunft über meine Kunden.»
«Ach, kommen Sie. Wir können das hier und jetzt regeln. Oder soll ich Sie nach Bern vorladen?»
«Nein, schon gut.»
«Warum war der Auftrag komisch?»
«Er kam kurzfristig am Abend spät rein. Per E-Mail.» Winter nickte nur. Das kam ihm bekannt vor. «Sie müssen wissen, wir haben eine Webseite, über die man uns buchen kann. Es war ein freischaffender Journalist eines Lokalblattes, der Bilder von einem Heliabsturz wollte. Das hat mich natürlich auch persönlich interessiert. Und wir sind auf Fotos, auch Nachtfotos spezialisiert. Morgen sind wir ausgebucht: Sonnenuntergänge mit Höhenfeuern. Er schickte die Koordinaten, machte ein Angebot, das wir nicht ablehnen konnten, und wir waren unterwegs.»
«Wir?»
«Mein Bruder und ich. Ich fliege, er knipst.»
«Und die Bilder?»
«Die haben wir sofort nach der Rückkehr heruntergeladen und gemailt. Damit der Kunde seinen Redaktionsschluss nicht verpasst.»
Lüge. Viel zu spät. Die mussten wohl improvisieren. Laut fragte Winter: «Kann ich die E-Mail sehen?»
Der Helikopterpilot wandte sich wortlos um und weckte den schlafenden Computer. Er klickte sich durch das Mailprogramm, fand die E-Mail und winkte Winter herbei, der um den Tresen herumging und sich über den Piloten beugte. Der Absender nannte sich Harald Schneider und gab an, als Freischaffender für
Weitere Kostenlose Bücher