Söldnerehre (German Edition)
überlegen.«
»Sprecht Ihr von Kapitulation?«, fragte Miriam gefasst.
Graf Eskarlion schüttelte müde den Kopf. »Nein. Kapitulation kommt nicht infrage. Niemals! Es wäre Euer Tod, der Tod Eurer Geschwister und vermutlich der Tod aller Soldaten in Erys und eines Großteils der Zivilbevölkerung.« Er schüttelte vehement den Kopf. »Nein, wir reden davon, Euch und Eure Geschwister in Sicherheit zu bringen. Raus aus der Stadt. Und mit Euch so viele Menschen wie möglich.«
»Ihr redet von einem Ausfall«, meinte Kilian gepresst. »Das ist aber ein sehr gewagtes Unterfangen.«
»Ich weiß, aber wir haben keine andere Wahl.« Der Graf warf Faris Lenard einen undeutbaren Blick zu. »Wir haben uns etwas überlegt. Bevor der Feind wieder angreift, formieren wir all unseren verbliebenen Truppen und so viel Freiwillige aus der Bevölkerung wie nur irgend möglich am westlichen Wall und greifen die Moyri mit allem an, was wir haben. In der Verwirrung, die wir anrichten, fliehen die königliche Familie und die Zivilisten über den Ostwall.«
»Und wie kommen sie über den Fluss?«
»Es liegen genügend Moyri-Boote am Ufer unterhalb der Mauer, mit denen die Menschen übersetzen können. Seit dem Fall der äußeren Mauer konzentrieren die Moyri den Großteil ihrer Angriffe auf die Westseite. Es werden sich den Flüchtlingen nicht viele Moyri entgegenstellen.«
»Das hofft Ihr«, hielt Kilian dagegen. »Selbst wenn es nur einige Hundert sind – und ich bezweifle, dass es so wenige sind –, reichen diese völlig aus, um mit einigen schlecht bewaffneten und hungrigen Menschen fertigzuwerden. Das gibt ein Gemetzel.«
»Einige werden es trotzdem schaffen, in den Wald zu entkommen. Unser Volk wird überleben, wenn auch in alle Winde zerstreut.«
»Und wie viele andere wird es das Leben kosten?«
»Was soll ich denn Eurer geschätzten Meinung nach denn tun?«, giftete der Graf Kilian plötzlich an. »Falls wir in Erys ausharren, werden wir alle sterben. Auf diese Weise überleben wenigstens ein paar von uns.«
Kilian verspürte aufkommendes Mitleid mit dem Mann. Der Graf verteidigte eine Stadt, die nicht mehr zu verteidigen war, und trug die Bürde auf seinen Schultern, dass unter seinem Kommando vermutlich das Königshaus von Varis zugrunde gehen würde. Für jemanden wie Graf Eskarlion ein unverzeihlicher Makel auf seiner Ehre. Der Mann war verzweifelt und griff nach Strohhalmen.
»Wie viele Soldaten habt Ihr noch?«, fragte Kilian deutlich sanfter als zuvor.
»Vielleicht zweitausend, wenn es hochkommt. Falls wir genügend Freiwillige aus der Zivilbevölkerung zusammenbekommen, können wir die Zahl eventuell auf zweitausendfünfhundert aufstocken. Mit sehr viel Glück auf dreitausend.«
Zweitausend Mann. Das reichte nicht einmal mehr, um die Mauer lückenlos zu bemannen. Kein Wunder, dass es den Moyri zunehmend gelang, ihre immer dünner werdende Verteidigung zu durchbrechen und in die Stadt einzudringen.
»Und mit dreitausend Mann wollt Ihr Coyle Polloks Streitmacht angreifen und aufhalten? Das schafft Ihr nie. Er wird Euch einfach überrennen.«
»Habt Ihr eine bessere Idee? Ich bin für alle Vorschläge offen.«
Kilian überlegte. Mit hängenden Schultern gab er sich schließlich geschlagen.
»Nein.«
»Vielleicht gibt es aber doch eine bessere Methode«, warf überraschend Faris Lenard ein. Alle Augen wandten sich ihm zu. Graf Eskarlion schüttelte ungläubig den Kopf.
»Wir haben alle Eventualitäten durchdiskutiert. Es gibt keinen anderen Weg.«
»Eine Möglichkeit haben wir noch nicht erwogen.«
Der Graf sah neugierig auf. Seine Miene strahlte jedoch immer noch Niedergeschlagenheit aus und er wollte sich keiner falschen Hoffnung hingeben.
Faris Lenard fixierte Logan mit einem seltsamen Blick. Logan erwiderte diesen mit versteinerter Miene und schüttelte unmerklich den Kopf. Kilians Blick glitt von einem zum anderen.
»Kann mir vielleicht mal jemand sagen, was hier vor sich geht?«
»Es gibt keinen anderen Weg, Logan«, sagte der alte Varis-General, wobei er Kilians Frage ignorierte.
»Ich habe dich gewarnt, alter Mann. Wenn du dein Wissen preisgibst, töte ich dich.«
»Wenn ich es nicht tue, sterben wir ohnehin.« Faris Lenard holte tief Luft, bevor er sich an die Versammelten wandte.
»Es gibt tatsächlich noch einen Weg, den wir nicht erwogen haben, ein Ritual der Moyri: Coyle Pollok kann zum Kampf herausgefordert werden. Wird er besiegt, übernimmt der Sieger die Führung der Moyri und
Weitere Kostenlose Bücher