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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Individuum selber, sondern eben der Weltgeist.«
    »Der Weltgeist findet sich selber?«
    »Hegel versuchte zu zeigen, dass der Weltgeist in drei Stufen zu sich zurückkehrt. Er meinte damit, dass der Weltgeist sich in drei Stufen seiner selbst bewusst wird.«
    »Erzähl schon!«
    »Zuerst wird sich der Weltgeist im Individuum seiner selbst bewusst. Das bezeichnet Hegel als subjektive Vernunft . Ein höheres Bewusstsein erreicht der Weltgeist in Familie, Gesellschaft und Staat. Das bezeichnet Hegel als objektive Vernunft , denn es ist eine Vernunft, die im Zusammenspiel der Menschen erscheint. Aber es gibt noch eine dritte Stufe ...«
    »Jetzt bin ich gespannt.«
    »Die höchste Form der Selbsterkenntnis erreicht der Weltgeist in der absoluten Vernunft . Und diese absolute Vernunft sind Kunst, Religion und Philosophie. Die Philosophie ist darunter die höchste Form der Vernunft, denn in der Philosophie reflektiert der Weltgeist über seine eigene Rolle in der Geschichte. Erst in der Philosophie begegnet der Weltgeist sich also selber. So gesehen könnte man die Philosophie als den Spiegel des Weltgeistes bezeichnen.«
    »Das klingt so mystisch, dass ich es erst einmal in Ruhe verdauen muss. Aber das Letzte, was du gesagt hast, hat mir gefallen.«
    »Ich habe die Philosophie als Spiegel des Weltgeistes bezeichnet.«
    »Das ist schön. Glaubst du, das hat etwas mit dem Messingspiegel zu tun?«
    »Ja, wo du schon fragst.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich gehe davon aus, dass dieser Messingspiegel eine besondere Bedeutung hat, weil er immer wieder erwähnt wird.«
    »Dann hast du wohl auch eine Meinung dazu, was er für eine Bedeutung hat?«
    »Nein, nein. Ich habe nur gesagt, dass der Spiegel nicht so oft erwähnt würde, wenn er für Hilde und ihren Vater keine besondere Bedeutung hätte . Aber welche Bedeutung er hat , kann uns nur Hilde verraten.«
    »War das jetzt romantische Ironie?«
    »Eine hoffnungslose Frage, Sofie.«
    »Warum?«
    » Wir können doch nicht ironisch sein. Wir sind nur wehrlose Opfer einer solchen Ironie. Wenn ein Kind etwas auf ein Blatt Papier zeichnet, kannst du nicht das Papier fragen, was diese Zeichnung darstellen soll.«
    »Mir wird kalt.«

Kierkegaard
    ... Europa ist unterwegs in den Bankrott ...
    Hilde sah auf die Uhr. Es war schon nach vier. Sie legte den Ordner auf den Schreibtisch und stürzte in die Küche hinunter. Sie musste mit den Broten zum Bootshaus, bevor ihre Mutter das Warten aufgab. Im Losrennen warf sie einen Blick in den Messingspiegel.
    In aller Eile setzte sie das Teewasser auf und schmierte ein paar Brote.
    Doch, sie würde ihrem Vater einen Streich spielen. Hilde betrachtete sich immer mehr als Verbündete von Sofie und Alberto. Es sollte schon in Kopenhagen losgehen ...
    Bald stand sie mit dem vollen Tablett im Bootshaus.
    »Bitte sehr, das Frühstück!«
    Ihre Mutter hielt ein großes Stück Sandpapier in der Hand. Sie wischte sich die vom Schmirgelstaub grauen Haare aus der Stirn.
    »Aber dafür überspringen wir das Mittagessen.«
    Sie setzten sich auf den Steg und aßen.
    »Wann kommt Papa?«, fragte Hilde nach einer Weile.
    »Am Samstag. Das weißt du doch.«
    »Aber wann? Hast du nicht gesagt, dass er in Kopenhagen umsteigen muss?«
    »Doch ...«
    Ihre Mutter kaute an einem Brot mit Leberwurst und Gurke.
    »... er kommt so gegen fünf in Kopenhagen an. Das Flugzeug nach Kristiansand geht dann um Viertel nach acht. Ich glaube, er landet um halb zehn.«
    »Dann ist er ein paar Stunden in Kopenhagen.«
    »Wieso?«
    »Ach ... ich wollte bloß seine Reiseroute wissen.«
    Sie aßen. Als Hilde fand, dass jetzt genug Zeit verstrichen wäre, fragte sie:
    »Hast du in letzter Zeit etwas von Anne und Ole gehört?«
    »Ja, sie rufen ab und zu an. Sie kommen im Juli irgendwann hierher in Urlaub.«
    »Nicht früher?«
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    »Dann sind sie diese Woche in Kopenhagen ...«
    »Hilde, was ist eigentlich los?«
    »Nichts. Über irgendwas müssen wir doch reden.«
    »Aber jetzt hast du schon zweimal von Kopenhagen angefangen.«
    »Wirklich?«
    »Wir haben darüber gesprochen, dass Papa da zwischenlandet ...«
    »Und da sind mir plötzlich Anne und Ole eingefallen.«
    Als sie gegessen hatten, stellte Hilde Teller und Tassen auf das Tablett.
    »Ich muss weiterlesen, Mama ...«
    »Ja, das musst du wohl ...«
    Lag in dieser Antwort ein ganz feiner Vorwurf? Sie hatten doch darüber gesprochen, dass sie bis zu Vaters Rückkehr das Boot fertig machen

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