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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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Schockzustand zurück. Sie sind völlig hilflos. Es ist nicht so, daß sie sich nicht selbst helfen wollen – sie sind nicht fähig dazu. Sie sitzen einfach herum, absolut stumpf, während Hunderte von ihnen sterben, weil ihnen die einfachste Hilfe fehlt – so einfache Dinge, wie eine Decke über einen Verletzten zu decken, werden einfach nicht getan, auch wenn die Decke vorhanden ist. Es ist eine Art Massenstarre.«
    »Das klingt schlimm.«
    »Es ist auch schlimm. Es kommt auch im Krieg vor, bei schweren Bombenangriffen oder bei Trommelfeuer. Die Rettungsorganisationen des Roten Kreuzes oder die Bergrettungsmannschaften, die sie in der Schweiz haben, wissen, daß die einzige Möglichkeit ist, so schnell wie möglich Leute von außen ins Katastrophengebiet zu befördern.«
    »Aber Favels Leute kommen nicht von draußen«, entgegnete Dawson. »Sie haben dasselbe durchgemacht – und dazu einen Krieg ausgefochten.«
    »Katastrophenschock wirkt sich bei disziplinierten Gruppen mit dem Rückgrat einer vorhandenen Organisation nicht so aus, aber er trifft zivile Bevölkerungen schwer. Favels Leute können eine Menge helfen.«
    Sie fuhren über die zweite Brücke. Diese war eine alte Steinbrücke, die so widerstandsfähig war wie der Fels, aus dem sie gebaut war.
    Dann, einige Kilometer weiter, gerieten sie in Wasser. Zuerst war es nur ganz wenig, aber dann vertiefte es sich auf fünfzehn Zentimeter, und die Steuerung machte Schwierigkeiten. Wyatt fluchte. »Favel hat mir gesagt, diese verdammte Straße sei nicht überflutet.«
    Das Wasser kam über den offenen Hang herunter und lief quer über die Straße. Der Wind peitschte die Oberfläche des Wassers und blies einen feinen Sprühregen davon. Wyatt fuhr langsam und kam an die letzte Brücke, an der die gewohnte Gruppe von Soldaten stand. »Was ist passiert?« fragte er.
    Ein Sergeant drehte sich um und zeigte nach oben. »Blanc, es hat einen Erdrutsch in der Schlucht gegeben.«
    »Wie ist die Brücke?«
    Der Soldat schüttelte den Kopf. »Sie können nicht hinüber.«
    »Das wäre verdammt gelacht«, sagte Wyatt und legte den Gang ein. »Ich fahre drüber.«
    »He!« sagte Dawson. »Die macht wirklich keinen guten Eindruck.« Es war eine hölzerne Balkenbrücke, und sie schien entschieden wacklig zu sein. »Das Ding hat sich bewegt – sie ist seitlich verschoben.«
    Wyatt fuhr vor und hielt kurz vor der Brücke. Das ganze Balkengerüst hing über, und die Fahrbahn war deutlich geneigt. Er steckte den Kopf zum Fenster hinaus und spähte nach den Pfeilern unten in der Schlucht. Er sah rohes Holz, wo Balken durchgebrochen waren. Der Wind blies ihm die Haare ins Gesicht, und er zog den Kopf ein und warf Dawson einen Blick zu. »Sollen wir es riskieren?«
    »Warum lassen wir nicht den Wagen hier?« fragte Dawson. »Sie sagten doch, es ist nicht mehr weit bis zum Kamm.«
    »Wir brauchen ihn vielleicht auf der anderen Seite. Ich werde ihn hinüberfahren – steigen Sie aus und gehen Sie zu Fuß hinüber!«
    »Ach, Quatsch!« sagte Dawson. »Fahren Sie los!«
    Der Landrover kroch langsam auf die Brücke und neigte sich im gleichen Winkel wie die Fahrbahn. Es gab ein böses und langgezogenes Quietschen von irgendwo unter der Brücke, und dann plötzlich ein Krachen, und die ganze Brücke wackelte. Wyatt fuhr genauso langsam weiter, obwohl die Neigung sich deutlich verschlimmert hatte. Er atmete erleichtert auf, als die Vorderräder den festen Grund erreichten, und erlaubte sich, etwas stärker auf das Gaspedal zu drücken. Der Landrover machte einen Satz, und hinter ihnen hörten sie das Krachen von brechendem Holz. Wyatt gab erschrocken Gas. Er spürte, wie die Hinterräder erst leer durchdrehten, und dann jagten sie mit halsbrecherischer Geschwindigkeit auf der Straße dahin. Dawson sah sich um und sah die Lücke, wo die Brücke gewesen war, und er hörte das Krachen und Brechen unten in der Schlucht. Es standen Schweißperlen auf seiner Stirn, als er sagte: »Favel wird darüber nicht froh sein – Sie haben eine Brücke entzweigemacht.«
    »Sie wäre sowieso nicht stehengeblieben«, sagte Wyatt. Sein Gesicht war blaß. »Wir haben es jetzt nicht mehr weit.«
    ***
    Als der Wind nach dieser unglaublichen Stille wieder stärker wurde, sagte Julie gleichmütig: »Sie hatten recht – er kommt wieder.«
    »Ja, leider«, sagte Rawsthorne. »Schade.«
    Sie verzog das Gesicht. »Gerade wenn ich endlich trocken bin. Jetzt müssen wir wieder unter dem verdammten Wasserfall

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