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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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stieß die Tür auf und betrat den Raum. Wyatt dicht hinter ihm. Es war ein riesiger Raum, spärlich möbliert, aber dafür überreich verziert wie das ganze Gebäude. Ein Kartentisch am hinteren Ende des Raumes war von Uniformierten umringt. Es schien eine Meinungsverschiedenheit zu geben, denn ein kleiner Mann, der ihnen den Rücken zukehrte, donnerte auf den Tisch und schrie: »Sie werden sie finden, General! Sie werden sie finden und zerschlagen!«
    Rawsthorne sagte aus dem Mundwinkel: »Das ist Serrurier – mit seinem Armeestab – Dentelles, Lescuyer, Rocambeau.«
    Einer der Soldaten sagte etwas zu Serrurier, und der drehte sich um. »Ah, Rawsthorne, Sie wollten mir etwas sagen?«
    »Kommen Sie!« sagte Rawsthorne und schritt durch den Raum.
    Serrurier lehnte an der Kante des Tisches, der mit Landkarten bedeckt war. Er war ein kleiner, fast unscheinbarer Mann mit hängenden Schultern und eingefallener Brust. Er hatte braune Schimpansenaugen, die um Verständnis zu bitter, schienen, so, als könnte er nicht begreifen, warum ihn jemand hassen oder auch nur nicht lieben sollte. Aber seine Stimme hatte den harten Klang eines Mannes, der die Macht kannte und sie zu handhaben verstand.
    Er rieb sich das Kinn und sagte: »Sie kommen zu einer merkwürdigen Zeit. Wer ist der ti blanc?«
    »Ein britischer Wissenschaftler, Exzellenz.«
    Serrurier zuckte mit den Schultern und strich Wyatt sichtlich von der Liste von Personen, auf deren Bekanntschaft er Wert legte. »Und was will die britische Regierung mit mir – oder von mir?«
    »Ich habe Anweisung, Ihnen etwas zu überbringen«, sagte Rawsthorne.
    Serrurier knurrte: »Was?«
    »Wertvolle Informationen, Exzellenz. Mr. Wyatt ist ein Wetterexperte – er bringt Kunde von einem nahenden Hurrikan – einem sehr gefährlichen.«
    Serrurier stand der Mund offen. »Sie kommen um diese Zeit hierher, um über das Wetter zu reden?« fragte er ungläubig. »Zu einer Zeit, da der Krieg vor der Tür steht, wollen Sie meine Zeit mit Wettervorhersagen verplempern?« Er hob eine Landkarte vom Tisch auf, zerknüllte sie in seiner schwarzen Faust und hielt sie Rawsthorne unter die Nase. »Ich dachte, Sie brachten Nachrichten über Favel. Favel! Favel – verstehen Sie? Nur er interessiert mich jetzt.«
    »Exzellenz …«, begann Rawsthorne.
    Serrurier sagte mit knarrender Stimme: »Wir haben keine Hurrikane auf San Fernandez – das weiß jeder.«
    »Sie hatten 1910 einen«, sagte Wyatt.
    »Wir haben keine Hurrikane auf San Fernandez!« wiederholte Serrurier und starrte Wyatt an. Plötzlich verlor er die Beherrschung: »Hippolyte! Hippolyte, verdammt, wo stecken Sie? Bringen Sie diese Trottel hinaus!«
    »Aber, Exzellenz …«, begann Rawsthorne wieder.
    »Wir haben keine Hurrikane auf San Fernandez!« schrie Serrurier. »Sind Sie taub, Rawsthorne? Hippolyte, schaffen Sie sie hinaus!« Er lehnte sich gegen den Tisch. »Und, Hippolyte, mit Ihnen rede ich später«, fügte er drohend hinzu.
    Wyatt spürte, wie Hippolyte beschwörend an seinem Mantel zog, und er warf einen Blick zu Rawsthorne. »Kommen Sie!« sagte Rawsthorne betrübt. »Wir haben unsere Botschaft überbracht, so gut es in unseren Kräften stand.«
    Er schritt würdevoll langsam durch den langen Raum, und nach einem kurzen Zögern folgte Wyatt ihm. Im Hinausgehen hörte er Serruriers hysterisches Geschrei: »Verstehen Sie, Mr. Britischer Wissenschaftler: Wir haben keine Hurrikane auf San Fernandez!«
    Draußen wurde Hippolyte rachedurstig. Er meinte, Rawsthorne hätte ihn bloßgestellt, und er fürchtete Serruriers Vergeltung. Er rief einen Trupp Soldaten, und Wyatt und Rawsthorne fanden sich brutal aus dem Palast geschoben und zum Haupttor hinausgeworfen.
    Rawsthorne untersuchte einen Riß in seinem Mantel. »Ich dachte mir, daß es so sein würde«, sagte er. »Aber wir mußten es versuchen.«
    »Er ist verrückt«, sagte Wyatt bestürzt. »Er ist total verrückt.«
    »Natürlich«, sagte Rawsthorne ruhig. »Wußten Sie das nicht? Lord Acton hat einmal gesagt, daß absolute Macht einen Menschen absolut verdirbt. Serrurier ist durch und durch gründlich verdorben – deshalb haben alle Angst vor ihm. Ich fing schon an zu fürchten, wir würden hier nicht mehr herauskommen.«
    Wyatt schüttelte den Kopf, als müßte er sein Gehirn von Spinngeweben befreien. »Er sagte: ›Wir haben keine Hurrikane auf San Fernandez‹, als hätte er sie durch einen Präsidialerlaß verboten.« Es lag ein ungläubiger Ausdruck auf

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