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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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Steinbruchwand hinauf. »Wir müssen auf die andere Seite dieses Berges kommen.«
    Mrs. Warmington schnarrte: »Ich mache keinen Versuch, hier hinaufzuklettern. Ich bleibe hier.«
    Rawsthorne lachte. »Wir müssen ja nicht klettern – wir können rundherum gehen. Weiter unten am Weg war eine Stelle, wo wir bequem aufsteigen können.« Er kaute mit Widerwillen auf dem Brot. »Wyatt hat gesagt, wir müssen auf die Nordseite eines Berges kommen, war es nicht so? Nun, das werden wir also tun.«
    Eumenides fragte kurz: »Wir lassen Wagen 'ier?«
    »Das müssen wir wohl. Wir werden alles, was wir brauchen, herausnehmen und ihn hinter dem Schuppen abstellen. Wenn wir Glück haben, wird ihn keiner finden.«
    Sie beendeten ihr kurzes Mahl und begannen einzupacken. Julie sah die schlappe Mrs. Warmington an und zwang etwas Humor in ihre Stimme. »Wie schön, daß wir wenigstens kein Geschirr abzuwaschen haben.« Aber Mrs. Warmington war das schon alles egal; sie saß nur im Schatten und keuchte, und Julie dachte boshaft, daß sie so ihre überflüssigen Pfunde besser loswerden würde als durch eine Hungerkur.
    Rawsthorne fuhr den Wagen den Weg hinunter, und sie packten all ihre Vorräte aus. Er sagte: »Es ist besser, wenn wir das hier tun; es ist ein ruhiger, abgelegener Platz, wo keiner von diesen jungen Rowdys herumlungert.« Er sah den Hang hinauf. »Es ist nicht weit bis auf den Gipfel – ich glaube, dieser Berg ist nicht viel höher als fünfzig, sechzig Meter.«
    Er fuhr den Wagen in den Steinbruch zurück. Mrs. Warmington sagte kläglich: »Ich glaube, das müssen wir wohl, obwohl ich das alles für unsinnig halte.« Sie wandte sich an Eumenides. »Stehen Sie nicht einfach herum! Packen Sie was an!«
    Julie sah Mrs. Warmington mit einem Funkeln im Auge an. »Ich glaube, Sie werden sich am Tragen beteiligen müssen.«
    Mrs. Warmington betrachtete zweifelnd den mit Gestrüpp bewachsenen Hang. »Aber das kann ich nicht – mein Herz, wissen Sie.«
    Julie meinte, daß Mrs. Warmingtons Herz kerngesund, aber steinhart war. »Die Decken sind nicht schwer«, sagte sie. »Nehmen Sie ein paar davon!« Sie drückte Mrs. Warmington ein Bündel Decken in die unwilligen Arme, und diese ließ ihre Handtasche fallen. Sie fiel mit einem dumpfen Laut in den Staub, und sie bückten sich beide gleichzeitig danach.
    Julie hob sie auf und fand sie merkwürdig schwer. »Was haben Sie nur da drin?«
    Mrs. Warmington entriß ihr die Tasche und ließ die Decken fallen. »Meine Juwelen, meine Liebe. Sie glauben doch nicht etwa, ich wollte die zurücklassen?«
    Julie zeigte auf die Decken. »Diese können Ihnen vielleicht das Leben retten, die Juwelen nicht.« Sie warf Mrs. Warmington einen harten Blick zu. »Ich empfehle Ihnen, sich mehr auf Mitarbeit zu konzentrieren und weniger aufs Kommandieren; Sie haben bis jetzt noch kein einziges Mal recht gehabt und sind nur eine Belastung für uns.«
    »Schon gut«, sagte Mrs. Warmington, vielleicht beunruhigt durch den Ausdruck auf Julies Gesicht. »Treiben Sie mich nicht so! Sie sind zu herrisch, meine Liebe; es ist kein Wunder, daß Sie sich noch keinen Mann geangelt haben.«
    Julie ignorierte sie und hob einen Pappkarton mit Sodawasserflaschen auf. Sie lächelte, während sie den Berg hinaufstieg. Noch vor wenigen Tagen hätte eine solche spitze Bemerkung sie vielleicht getroffen, aber jetzt nicht mehr. Früher hatte sie manchmal gedacht, daß sie vielleicht zu selbständig war, um einen Mann anzuziehen; vielleicht mochten die Männer wirklich den anhänglichen ultraweiblichen Typ am liebsten. Sie selbst hatte diese Frauen immer für Parasiten gehalten, die nicht genug gaben für das, was sie empfingen. Ach was! Sie würde ihre natürliche Intelligenz nie vor einem Mann verbergen, und einen Mann, der sich auf solche Art täuschen ließe, würde sie lieber gar nicht heiraten. Sie wollte lieber sie selbst sein als eine törichte, untaugliche, überfütterte Kreatur wie diese Warmington.
    Aber es drehte ihr das Herz um bei dem Gedanken, daß sie Wyatt vielleicht nicht wiedersehen würde.
    ***
    Sie brauchten ziemlich lange, bis sie ihre Vorräte auf den Gipfel transportiert hatten. Rawsthorne war zwar willig, aber er war kein junger Mann mehr und hatte weder die Kraft noch die Ausdauer für die lange Anstrengung. Mrs. Warmington war völlig untauglich für irgendwelche Arbeiten, und nachdem sie ihr kleines Bündel Decken mühsam nach oben geschleppt hatte, setzte sie sich hin und sah den andern zu.

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