Sog des Grauens
vorbeiziehenden Flüchtlingsstrom heraus, stellten sie zu Einheiten zusammen und führten sie weg. Neugierig folgte Causton einer der Einheiten, um zu sehen, wohin sie gebracht wurden. Er sah sie unter bewaffneter Aufsicht graben. Favel baute seine letzte Abwehrlinie an der Fünfundzwanzigmeter-Konturlinie aus.
***
Als Causton zu seinem Wagen zurückkehrte, sah er einen kleinen Leichenhaufen am Wegrand – die gewissenhaften Arbeitsverweigerer, die nicht für Favels Sieg schaufeln wollten.
Krank von den grausigen Bildern, wollte er sich am liebsten weiter oben im Negrito-Tal in Sicherheit bringen. Statt dessen wendete er aber und fuhr in die Stadt zurück, weil er dort noch zu tun hatte, und sein Beruf war sein Leben. Er fuhr zum Hauptquartier im Imperiale zurück und erkundigte sich nach Wyatt. Der war gerade auf dem Dach und betrachtete den Himmel.
Causton sah auch hinauf und bemerkte einige zerfaserte Wolkenschleier, die kaum merklich die glühende Sonne verschleierten. »Tut sich schon was?« fragte er.
Wyatt drehte sich um. »Diese Wolken«, sagte er. »Mabel ist im Anzug.«
Causton sagte: »Die sehen nicht nach viel aus. Solche Wolken haben wir auch in England.«
»Sie werden den Unterschied bald kennenlernen.«
Causton kniff ein Auge zu. »Haben Sie Ihre Aufsässigkeit überwunden?«
»Habe ich wohl«, sagte Wyatt düster.
»Ich habe einen Gedanken, der Sie trösten könnte«, sagte Causton. »Die Leute, die es erwischen wird, sind Serruriers Soldaten, und Soldaten werden fürs Sterben bezahlt. Das kann man von den Frauen und Kindern von St. Pierre nicht sagen.«
»Wie sieht es draußen aus?«
»Grausig«, sagte Causton. »Es hat Plündereien gegeben, aber Favels Leute haben ihnen schnell ein Ende gemacht.« Er unterließ es mit Absicht zu erwähnen, mit welchen Methoden die Leute in Marsch gesetzt wurden; statt dessen sagte er: »Das Üble ist, daß nur eine benutzbare Straße aus der Stadt hinausführt. Haben Sie einen Begriff, wieviel Straßenfläche eine Stadtbevölkerung bedeckt?«
»Ich bin noch nie darauf gekommen, das auszurechnen«, sagte Wyatt.
»Ich habe einige schnelle Berechnungen angestellt«, sagte Causton. »Und ich kam auf zwanzig Kilometer. Da sie nur etwa drei Kilometer pro Stunde zurücklegen, braucht die Kolonne mehr als sechs Stunden, bis sie einen Punkt passiert hat.«
»Ich habe eine Stunde lang Karten studiert«, sagte Wyatt. »Favel wollte, daß ich sichere Gebiete für die Leute anzeichnete. Ich tat mein Bestes, prüfte die Konturlinien, aber – er schlug mit der Faust in die flache Hand »sicher? Ich weiß nicht. Diese Stadt hätte einen Hurrikanplan fertig in der Schublade haben müssen«, sagte er böse.
»Das ist nicht Favels Schuld«, stellte Causton zutreffend fest. »Sie müssen diesen Vorwurf Serrurier machen.« Er sah auf die Uhr. »Ein Uhr, und Rocambeau ist noch nicht angetreten. Er muß mehr abbekommen haben, als wir gedacht hatten. Haben Sie schon gegessen?«
Wyatt schüttelte den Kopf, und Causton sagte deshalb: »Lassen Sie uns sehen, was wir auftreiben können. Es könnte die letzte Mahlzeit für eine ziemliche Weile sein.«
Sie gingen nach unten und wurden von Manning abgefangen, der gerade hereingekommen war. »Wann wird dieser Hurrikan hiersein?« fragte er abrupt.
»Ich kann es noch nicht sagen«, sagte Wyatt. »Aber geben Sie mir noch zwei Stunden, dann sage ich es Ihnen genau.«
Manning war enttäuscht, sagte aber nichts. Causton sagte: »Gibt es hier etwas zu essen? Ich werde allmählich hungrig.«
Manning grinste. »Wir haben ein paar verirrte Hühner gefunden. Kommen Sie mit!«
Er nahm sie mit in das Büro des Geschäftsführers, das jetzt als Offiziersmesse diente, und dort trafen sie Favel beim Essen an. Er fragte Wyatt ebenfalls aus, viel gründlicher als Manning. Dann ging er wieder in seinen Kartenraum und ließ sie in Ruhe essen.
Causton nagte an einem Hühnerbein, hielt auf einmal inne und zeigte damit auf Manning. »Welche Rolle spielen Sie bei dieser ganzen Geschichte?« fragte er. »Wie sind Sie an Favel geraten?«
»Geschäftliche Dinge«, sagte Manning leichthin.
»Zum Beispiel fachliche Beratung bei der Organisation eines Krieges?«
Manning grinste. »Favel braucht dafür keinen Lehrer.«
Causton blickte tiefsinnig drein. »Ah«, sagte er, als wäre ihm plötzlich die Erleuchtung gekommen. »Ihr Geschäft ist das Geschäft der AFC.«
Wyatt sah auf. »Was ist das?«
»Die Antilles Fruit Corporation – die große
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