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Sohn Der Nacht

Titel: Sohn Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Spruill
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Licht blickte, fragte sie sich, ob es sich um Sonnen aufgang oder Sonnenuntergang handelte. Ein langer Schatten teilte das Licht in zwei gleiche Hälften, die über den orange farbenen Teppichboden fielen. Sie konnte sich an keinen Flü gel des Krankenhauses in Georgetown erinnern, der einen orangefarbenen Fußboden gehabt haben könnte, aber dies war ein Krankenhaus, ohne Frage - der Chrom des Schutzgit ters am Bett glänzte nur wenige Inches von ihrem Auge entfernt, und sie konnte das Quietschen der Wagen mit medizi nischer Ausrüstung draußen auf dem Flur hören. Ein süßer Hauch von Reinigungsalkohol stach ihr in die Nase und ver schwand wieder. Ich sollte eigentlich Angst haben, dachte sie. Aber ich bin einfach zu müde. Ihre Augen wollten sich wie der schließen...
    Der Schatten bewegte sich.
    Katie drückte sich auf dem Ellbogen hoch und drehte den Kopf in Richtung des Fensters. In ihren Ohren klingelte es, und alles wurde für eine Sekunde grau, und dann bewegte sich die Silhouette aus dem gleißenden Licht heraus auf sie
    zu.
    »Tut mir leid«, sagte Merrick leise, »ich wollte dich nicht erschrecken.«
    Sie wollte sich schon entspannen und erinnerte sich dann: Merrick, wie er den Rasen vor Jennys Haus überquerte, dann nichts mehr. Ist er hier, um mich zu töten?
    »Wie fühlst du dich?« Seine Stimme klang sanft und sehr besorgt, und Katie fragte sich, welches Spiel er spielte. Was immer es auch war, in ihrem Zustand war sie gut beraten, das Spiel mitzuspielen.
    »Ich bin sehr schläfrig«, sagte sie. In Wirklichkeit war sie es nicht mehr. Sie wollte aufstehen und aus dem Zimmer rennen, aber wenn er hier war, um sie zu töten, würde sie nicht sehr weit kommen. »Wie spät ist es?« fragte sie.
    »Ungefähr fünf Uhr dreißig. Du bist in der Klinik der George Washington University. Ich habe dich vergangene Nacht hierhergebracht. Du hast fast achtzehn Stunden lang geschlafen.«
    Katie starrte ihn erschreckt an. Achtzehn Stunden! Wenn Merrick vorgehabt hatte, sie zu töten, hätte er reichlich genug Chancen dazu gehabt. Er will wissen, wieviel ich weiß, dachte sie. Tu so, als erinnertest du dich an nichts.
    »Was ist passiert?« fragte sie.
    »Ich hatte gehofft, das könntest du mir erzählen«, sagte Merrick. »Ich fand dich gestern abend spät bewußtlos auf dem Rasen vor dem Haus der Hrluskas. Ich hab' dich lie ber hierher und nicht nach Georgetown gebracht, damit der Killer nicht weiß, wo du bist. Die Ärzte meinen, du habest eine Gehirnerschütterung erlitten, aber sie können keinerlei Trauma finden. Außerdem war dein Blutdruck sehr niedrig, und deswegen haben sie dir ein paar Liter Blut gegeben.«
    Katie wurde sich plötzlich wieder der punktförmigen Wunden an ihrer Kehle bewußt. Ihre Furcht erhob sich aufs neue.
    »Katie, was um alles auf der Welt hast du denn da draußen gemacht?«
    Sie zögerte, weil sie nicht wußte, wie weit sie gehen durfte. »Ich könnte dich dasselbe fragen.«
    »Ich wollte mich vergewissern, daß Jenny in Ordnung ist«, sagte er.
    Du wolltest sie nur aufs neue füttern. Katie schauderte und hob die Schultern. Sie wünschte sich, es gebe sonst noch jemanden, den sie verdächtigen könnte.
    Ein alptraumhaftes Gefühl der Unwirklichkeit überkam Katie. Der Mann, den sie geliebt und dem sie vertraut hatte, trank Blut, gab es. einem Kind. Das mußte sie träumen, bitte, Gott, laß es einen Traum sein, laß mich gleich jetzt erwachen. Aber Merrick blickte weiter auf sie nieder, das Gesicht jetzt von den Schatten wie von einer Maske verborgen. Kalte Angst durch drang sie. Der Merrick, den sie geliebt hatte, war nur eine künstliche Schale. Diese Kreatur, die jetzt vor ihrem Bett stand, gab nur vor, dieser Mann zu sein, gab nur vor, sich um sie zu sorgen. Er war in der Tat ein Vampir.
    »Ich dachte, wir seien übereingekommen, daß du bei Meg gan bleibst«, sagte Merrick.
    »Für wie lange denn? Merrick, ich habe Patienten, die von mir abhängig sind. Und ich wollte auch Jenny noch einmal untersuchen...« Katie schluckte und kämpfte darum, ihr Ende der Scharade in Händen zu halten. »Wie,... wie kommst du mit deinen Untersuchungen weiter?« fragte sie.
    »Ich bin von dem Fall abgelöst worden.« Er erklärte es - irgend etwas mit interner Politik im Polizeibezirk -, aber sie fragte sich alarmiert, ob die Polizei etwa auch angefangen hatte, ihn zu verdächtigen. Falls ja, wäre er gefährlicher denn je...
    Sie merkte, daß Merrick aufgehört hatte zu reden. »Es tut mir

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