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Sohn Der Nacht

Titel: Sohn Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Spruill
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dichte blonde Haar vom Schlaf zerzaust, die bemerkenswert blauen Augen noch immer halb verträumt...
    »Okay, Katie, schießen Sie los.«
    »Ich habe da ein paar merkwürdige rote Blutkörperchen -
    ich erkläre es Ihnen später genauer. Heute nachmittag will ich nun damit ein paar Tests machen, und ich brauche Ihre Hilfe. Sie sollen ein wenig die Bücherei durchstöbern.«
    »Klingt interessant.«
    »Ist es auch. Da Sie die Auswertung vornehmen sollen, möchte ich gern, daß Sie bei den Tests dabei sind. Wenn wir uns beide beeilen, müßte es uns eigentlich gelingen, uns um drei Uhr im Labor zu treffen.«
    »Großartig!« Art klang, als meinte er es wirklich ernst. Von den Praktikanten wurde auch erwartet, daß sie sich wie Mär tyrer verhielten, wenn man ihnen zusätzliche Arbeit aufbür dete.
    »Und noch etwas, Art - und das ist ganz wichtig. Erwäh nen Sie es gegenüber niemandem.«
    »Sie .versuchen, jemandem bei der Drucklegung zuvorzu kommen?«
    »Nicht ganz. Ich werde es heute nachmittag erläutern.« Katie wollte schon einhängen, dann erinnerte sie sich wieder an die Zeit, als sie an Arts Stelle war - sechsundzwanzig Jahre alt, und man fühlte sich wie siebzig. »Sind Sie auf den Bei nen?« fragte sie.
    »Ja.«
    »Steigen Sie aus dem Bett und stehen Sie auf, Art.«
    Er lachte. »Okay. Ich stehe auf meinen Füßen. Auf Wiedersehen.«
    Zurück auf der Station Ost-Drei machte Katie sich daran, ihre beiden verwirrendsten Fälle zu überprüfen, Jenny Hrluska und Rebecca Trent. Jenny schien gegenüber gestern abend unverändert schmerzhafte Pusteln, kein Nasenbluten mehr, aber noch immer erzählte sie von dem seltsamen Hun ger. Entmutigt eilte Katie in Rebecca Trents Zimmer. Rebecca saß vornübergebeugt auf ihrem Bett und schien in solcher Konzentration versunken, daß sie nicht einmal aufsah. Katie sah, daß sie sich die Fingernägel knallrot anmalte. Rebeccas Fingernägel waren spröde und voller Risse vom Alterungs prozeß. Sie war sehr klein und dünn und hatte graue Haare,
    war voller Falten und hatte einen arthritischen Buckel. Was Katie eher noch mehr Sorgen machte, waren die Dinge, die niemand sehen konnte - schwere Arteriosklerose und ein frü hes Stadium von Niereninsuffizienz. Bei ihrem Anblick mußte Katie sich selbst daran erinnern, daß Rebecca erst neun Jahre alt war. Sie würde an Altersbeschwerden sterben, noch bevor sie das zehnte Lebensjahr vollendet hatte, dahingerafft von der Progerie, einem Leiden, das ebenso heimtückisch und rätselhaft wie selten war.
    »Ganz schön sportlich«, sagte Katie.
    Rebecca blickte noch immer nicht von ihren Nägeln auf, und Katie erinnerte sich wieder daran, daß das Mädchen bereits zunehmend an Schwerhörigkeit litt. Die Ärztin wie derholte ihre Worte noch einmal, diesmal jedoch lauter.
    Rebecca blickte auf, wobei sie den Nacken genauso steif hielt wie ein alter Mensch. Ihr Lächeln ließ das runde, runze lige Gesicht hübsch erscheinen. »Ich dachte mir, sie könnten ein wenig Farbe gebrauchen«; sagte sie.
    »Mir gefällt es - das sieht ja aus wie Blut.«
    Rebecca kicherte rauh. »Wie geht's denn der letzten Ratte?«
    »Ich muß sie noch einmal mit Dr. Stratton untersuchen, aber gegenüber gestern hat sich keine Veränderung ergeben.«
    Rebecca seufzte. »Dann wäre es also mit Probe Nummer sechs auch nichts.«
    »Vielleicht nicht. Es bleibt immer noch Zeit.« Katie bemühte sich um einen gelassenen Tonfall, wohl wissend, daß Rebecca zutiefst enttäuscht war. Sie war ein kluges Kind und verstand die experimentelle Strategie sehr gut, und jedesmal, wenn einmal wieder ein Serum ihres Blutes abge nommen wurde, stiegen ihre Hoffnungen. Sie wußte, daß, wenn die Ratte, die die Injektion erhielt, Anzeichen rapiden Alterns zeigte, dies ein erster Schritt auf dem Weg war zu ver stehen, was genau die seltsame und schreckliche Krankheit verursachte, die sie mehr und mehr dem Tode nahe brachte.
    »So werden Sie es also noch einmal versuchen?«
    Katie ging zu ihr und drückte ihr leicht die runde Schulter. »Deswegen bin ich ja hier.«
    »O weh«, sagte Rebecca. »Wieder die Nadel.« Aber sie lächelte tapfer.
    »Willst du die Vampire selbst rufen, oder soll ich das tun?« fragte Katie.
    »Ich mach' das schon«, sagte Rebecca. Sie drückte den Knopf ihrer Rufanlage und sprach ein paar Worte hinein, und einen Moment später kam eine Schwester herein und nahm ihr zehn Milliliter Blut ab.
    Katie brachte die Probe ins hämatologische Labor und zur Zentrifuge. Als sie

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