Sohn Der Nacht
gibt es nur zwei Möglichkeiten: Geh zu ihm zurück oder vergiß ihn, Entscheide dich! Zwei Jahre sind eine lange Zeit, um ohne Liebe zu leben.«
»Bei dir klingt das alles so einfach.«
Meggan hob die Schultern und klopfte Katie auf den Rücken. »Was hast du da eigentlich in dieser Kühlpackung?«
»Blut, was sonst?«
Meggan lachte. »Welch ein Team. Ich vergieße es, und du kühlst es.«
Die Türen des Aufzugs öffneten sich ratternd.
»Ich muß nach unten«, sagte Katie.
»So. Wir sehen uns dann also Samstag abend in einer Woche?«
»Ich werde es dich wissen lassen.« Meggan lächelte, als sich die Türen schlossen.
Als Katie kurz darauf mit dem Lift ins Untergeschoß fuhr,
grübelte sie über Meggans Rat. Entscheide dich! Die entschlußfreudige Chirurgin. Während ich, dachte Katie, Blut zellen unterm Mikroskop studiere. Vielleicht habe ich dieses Exemplar von Mann lange genug studiert. Es gibt in Wirklich keit nur eine Wahl: Vergiß Merrick! Ich kann es.
Sobald ich mit der gemeinsamen Arbeit mit ihm an diesem Fall fertig bin, setzte sie in Gedanken hinzu, als sie den Auf zug verließ.
Sie schloß die Tür zu ihrem Labor auf und betrat den küh len Raum. Thermostat und Lichtschaltung standen noch in der Nachteinstellung. Einen Moment stand sie da und nahm den feinen, reinen Geruch von Bleichmitteln auf, der von den fleckenlos schwarzen Labortischen aufstieg. Byner hatte recht, zusätzlich zu dem allgemeinen hämatologischen Labor des Hospitals verfügte Georgetown noch über eines der besseren Labors für Blutuntersuchungen in der Region. Als erst kürzlich ernannte Oberärztin der hämatologischen Abteilung hatte sie die Verfügungsgewalt über dieses Labor wie über das kleinere Zimmer mit dem Elektronenmikroskop nebenan. Für die nächsten zwei Wochen war niemand eingeplant für irgendwelche Forschungsvorhaben, und so hatte sie diese Einrichtungen ganz für sich allein. In diesen beiden Zimmern, da war sie ganz zuversichtlich, würde sie das Geheimnis der Blutzellen enträtseln.
Sie mußte nur die Zeit dafür finden.
Katie stellte den Kühlbehälter in den Kühlschrank, nahm den Telefonhörer von der Wand und wählte Station Drei-Ost, um nach Art Stratton zu fragen.
»Er ist in seinem Bereitschaftszimmer«, sagte die Schwe ster. »Wir haben ihm gesagt, er solle mal eine Stunde schlafen. Ich habe nie einen so hart arbeitenden Praktikanten erlebt.«
Katie bedankte sich und hängte ein. Na klar, die Schwe stern mochten Art - nicht nur, daß sie ihm ein wenig Schlaf verschafften, sie schirmten seinen Schlaf auch noch gegen seine Vorgesetzte ab. Katie sah es gern, daß Art spielend mit der Aufgabe fertig wurde, hundert Entscheidungen in einer
Stunde zu treffen, ohne dabei dem Stationspersonal auf die Füße zu treten. Arts typisch kalifornischer lockerer Stil half ohne Zweifel dabei, und es schadete auch keineswegs, daß er dem Quarterback der Dallas Cowboys, Troy Aikman, ähnlich sah.
Katie wählte die Nummer von Arts Bereitschaftszimmer. Während das Rufzeichen erklang, erinnerte sie sich wieder an den totenähnlichen Schlaf aus ihrer eigenen Praktikantenzeit. Nie bekam man eine ganze Nacht. Wann immer es ging, ließ man sich ohnmächtig fallen und versank wie ein Stein in Tie fen, in denen es keine Träume mehr gab. Das Aufwachen war, als versuche man, aus dem Tod ins Leben zurückzukehren ... Katie verspürte ein Pochen in ihren Venen, es war der Geist des alten Hungers nach Amphetamin. So töricht es auch gewesen war, die Pillen zu schlucken, sie hatte sich nie wie der so wach gefühlt, so konzentriert wie während der weni gen Monate ihres Praktikums. Viele der Praktikanten begin gen diesen Fehler; sie hoffte, Art gehöre nicht zu ihnen. Wenn man nie damit anfing, konnte man es auch nie vermissen - diese nie nachlassende Wachheit, diesen strahlenden scharfen Glanzpunkt auf allem, das man anschaute, das Selbstvertrauen, die absolute Gewißheit, mit allem fertig werden zu können, das einem in den Weg kommt.
»Stratton«, murmelte eine total erschöpfte Stimme.
»Tut mir leid, Sie zu wecken, Art. Aber ich brauche heute nachmittag Ihre Hilfe, Sie müssen also etwas früher ins Rol len kommen.«
Am anderen Ende entstand eine kleine Pause, und sie wußte, daß er sich darum bemühte, sich zu erinnern, wer er überhaupt war und warum er in einem engen Bett in einem kleinen Zimmer ausgestreckt lag. Sie stellte ihn sich vor, wie er auf dem Bett lag, den Kopf auf einen Ellbogen gestützt, das
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