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Sohn Der Nacht

Titel: Sohn Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Spruill
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Blutsauger, den er seinen Vater hatte jagen sehen, jenen aus dem Norden, der so gern Kinder erbeutete. Er konnte es in seinen Gedanken sehen, als wenn es gestern gewesen wäre: Vater grub ein tiefes Loch im Wald und schloß den Sauger dann in ein starkes Netz ein. Der Sau ger war sehr viel jünger als Vater gewesen und nicht annä hernd so stark. Er hatte die ganze Zeit gekämpft, dachte Zane, aber wir waren sehr viel stärker als er. Wir steckten ihn in das Loch und vergruben ihn.
    Wir. Schuldgefühle peinigten Zane. Dabei zu helfen, diesen Sauger zu vergraben, war das schlimmste, was er je getan hatte. Wie lange hatte er in seinem dunklen, irdenen Grab überlebt? Selbst heute noch, fünfhundert Jahre später, beschämte ihn die Erinnerung daran. Vielleicht war dieser Alptraum seine verdiente Strafe. Andererseits, was hätte ich anders machen können? Gerade achtzehn Jahre war ich, und plötzlich versetzte mich mein eigener Vater in Angst und Schrecken. Wenn ich ihn gebeten hätte, von seinem Vorhaben
    abzulassen, hätte er gewußt, daß ich anfing, gegen ihn zu rebellieren. Er hätte mich womöglich in dasselbe Grab geworfen.
    Mühsam schüttelte Zane die Erinnerung ab. Vergiß den Alptraum. Hatte er sich erst einmal genährt, würde er auch keinen Schlaf mehr brauchen und der Alptraum wäre vorbei.
    Zane trat aus der Dusche, trocknete sich ab und überdachte noch einmal seine Pläne für den heutigen Tag. Zunächst einmal brauchte er Geld, um die Hotelrechnung weiter bezahlen zu können. Er würde es bei der Bank versuchen, die er sich gestern angesehen hatte. Am Abend würde er sich wieder an Merrick hängen. Es war an der Zeit festzustellen, wieviel diesem seine Arzt-Freundin bedeutete. Zane musterte die Kleider im Wandschrank. Er mußte sich heute ganz anders als gestern kleiden, so daß niemand ihn wiedererkannte. Er spürte es in seinem Nacken prickeln, als er sich an das Beinahe-Desaster in jenem letzten Hotel erinnerte. Vater hat mich direkt angesehen, dachte Zane, und das nur wegen dieses blöden Kindes. Hätte er mich erkannt, so wäre er auf mich losgegangen, bevor ich noch zur Tür hinaus gewesen wäre. Ich hätte ihm nicht so dicht folgen sollen.
    Nach einigem Überlegen wählte Zane eine Hose von Pierre Cardin, ein grünes Seidenhemd und ein rostfarbenes Jackett von Joseph Aboud, das seine schmaler werdenden Schultern wieder mächtiger aussehen ließ. Ein Blick in den Spiegel ließ ihn zufrieden feststellen, daß Merrick ihn nicht mit dem alten Mann in Verbindung bringen würde, den er noch gestern gesehen hatte, es sei denn, sie kämen einander sehr nahe. Und dazu bestand bis zum Abend kaum eine Chance.
    Als er die vier Blocks bis zur Capital Security Bank ging, dachte er darüber nach, was er mit der Ärztin machen sollte. Wenn er wollte, daß sein Vater ihn nicht erkannte, wäre es das beste, Blut zu vermeiden. Aber es gab viele andere Möglichkeiten, ihr Schmerzen zu bereiten.
    Zane betrat die Bank durch die blitzblanke Glastür und suchte die Lobby ab, wobei er mit seinen Geisteskräften
    alles gleichsam abtastete. Bis auf den uniformierten Wächter blickte niemand in seine Richtung. Mit einem leichten Druck entfernte er sich aus der Retina des Mannes. Der Wächter blinzelte und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Menschen, die hinter den Schalterfenstern aufgereiht waren.
    Zane schritt an den Fenstern vorbei zur Tür des Tresorraumes. Die eine oder andere Kamera der Bank hatte ihn womöglich bis zu diesem Zeitpunkt bereits fotografiert, aber dagegen konnte man nichts tun, und es würde auch nichts ausmachen. Zane drehte vorsichtig den Knauf und schlüpfte in den Tresorraum. Ein Wächter saß mit dem Rücken zur Tür und beobachtete die Reihe Monitore, während sein Kopf sich im Rhythmus der Musik aus seinem Walkman auf und ab bewegte. Das leichte Brummen aus seinen Ohrhörern klang wie >Ice Cube<, und das stimmte Zane froh, hatte doch sein Gehör sich wieder erholt.
    Er stand direkt hinter dem Mann und studierte die Umge bung. Jeder Monitor hatte seinen eigenen Recorder, der das Geschehen auf dem Bildschirm aufzeichnete. Ihr Anblick rief Widerwillen in ihm hervor. Bankraub war einst so leicht gewesen, als man nur einige wenige menschliche Augen zu täuschen brauchte. Aber heute hatten alle Banken von einiger Größe in den USA diese verdammten Maschinen, die gegen den >Einfluß< immun waren. Obwohl sie von mickrigen Nor malen erfunden worden waren, mußte man sie doch respektieren, ja,

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