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Sohn Der Nacht

Titel: Sohn Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Spruill
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Alter an dieser Krankheit.«
    »Sie versprechen, daß Sie es mir sagen werden?«
    »Ich verspreche es.«
    Jenny sah beiseite. »Ich möchte es möglichst früh wissen.«
    Katie spürte, wie ihre Augen sich mit einem feinen feuch ten Film überzogen. Sie zwinkerte die aufsteigenden Tränen weg, beugte sich über das Bett und strich zärtlich über Jennys Arm hin, während sie ihr ins Gesicht blickte. »Tut das weh?«
    »Ein bißchen.«
    »Hast du in diesem Augenblick Hunger?« fragte sie.
    »Mhm.«
    »Worauf?«
    Jennys Blicke verloren sich in der Ferne. »Das ist es ja. Ich weiß es nicht.«
    »Eiscreme?«
    »M-m!«
    »Anchovis?«
    Jenny verzog das Gesicht. »Iiihhh, auf keinen Fall.«
    »Denk immer dran, wenn dir einfällt, was du gern hättest - egal, was -, ruf die Schwestern, und sie werden es dir besor gen. Ich werde weiter versuchen herauszufinden, warum das so ist.«
    »Okay.«
    An der Tür wandte Katie sich noch einmal um und winkte dem Mädchen kurz zu. Jenny bewegte schwach die Hand und leckte sich dann über die Oberlippe, wo das Blut gewesen war.
    Als Katie den Flur entlangging, verspürte sie ein sonderba res Unbehagen. Jennys Augen - sie hatten geradezu verzückt aufgeleuchtet, als sie mit der Zunge das Blut aufgesogen hatte. Das unangenehme Gefühl verharrte kurz, dann wandte sie ihre Gedanken wieder Gregory zu, und ihre Stimmung besserte sich schlagartig. Ich komme, mein Engel. Ich werde dich auf dein Köpfchen küssen, wie du es so gern hast, und dann kannst du dich auf meinen Schoß setzen, und ich lese dir eine Geschichte vor.
    Als sie am Schwesternzimmer vorbeikam, lehnte sich Schwester Rosa aus dem Fenster und hielt ihr wie eine Flagge, die ein Halt signalisierte, einen Telefonhörer entgegen. »Für Sie«, sagte sie. »Ein Dr. Byner.«
    Eine Sekunde lang dachte Katie daran, den Anruf nicht ent gegenzunehmen. Doch dann bezähmte sie ihre Ungeduld und nahm den Hörer entgegen. »Dr. O'Keefe.«
    »Dr. O'Keefe«, sagte eine tiefe Stimme mit unverkennbarem Südstaaten-Akzent. »Ich bin John Byner, Chef der Gerichtsmedizin im District Columbia. Ich weiß, Sie haben schon Dienstschluß, aber Sie müssen mir einen Gefallen tun. Ich habe da eine Autopsie vorgenommen, und dabei hat sich etwas sehr Merkwürdiges ergeben.«
    »Ich bin keine Pathologin.«
    »Das ist mir bekannt, aber ich brauche ja auch der Rat einer Hämatologin, und Sie sind eine der besten. Ich war sehr beeindruckt von Ihrem jüngsten Artikel im JAMA. Ja wirk lich, Ihre Entdeckung eines neuen Blutantigens könnte für meinen Fall relevant sein.«
    »Was ist also ihr Problem?«
    »Das möchte ich nicht gern am Telefon sagen. Können Sie nicht zu mir in mein Büro kommen? Am Haupteingang Ihrer Klinik wartet bereits ein Streifenwagen auf Sie.«
    Sie mußte trotz allem lachen. »Sie sind sich Ihrer Sache wohl sehr sicher, wie?«
    »Bitte, Dr. O'Keefe. Es ist wichtig.«
    Katie zögerte, unsicher geworden. Ihr Blick fiel auf die Wanduhr des Schwesternzimmers. Fünf nach acht. »Wie lange wird es denn dauern?«
    Byner zögerte. »Nicht sehr lange. Nur ein schneller Blick auf das Objekt und Ihre Meinung dazu, das ist alles. Höch stens fünfzehn Minuten.«
    Es würde ihr immer noch Zeit bleiben, Gregory eine Geschichte vorzulesen. »In Ordnung.«
    »Großartig. Vielen Dank, Dr. O'Keefe. Sie finden uns in Raum elf im Untergeschoß.«
    Als Katie aus dem Hospital nach draußen kam, stellte sie verwundert fest, daß es geregnet hatte. Glücklicherweise hatte sich der schneidende Wind der letzten Nacht gelegt. Der Widerschein der Scheinwerfer eines wartenden Streifenwa gens ergoß sich wie flüssiges Silber über das Pflaster des Park platzes. Am Steuer saß eine weibliche Polizistin, begrüßte sie mit einem gleichgültigen >Hallo< und beließ es dabei. Viel leicht ärgerte sie sich, als Chauffeur abgeordnet worden zu sein. Katie konnte es ihr nachfühlen. Die Polizistin wandte sich zur Reservoir Road, wobei sie die viertel Quadratmeile vor dem Hospital überquerte. Als sie ins Herz des George town-Geschäftsviertels fuhren, öffnete Katie das Fenster einen Spaltbreit und beobachtete die Menschenmengen, die über die Bürgersteige schlenderten. Die erleuchteten Front seiten der Galerien waren wie aufreizende Farbkleckse, wenn auch die meisten Gemälde zu klein waren, um sie von der Straße aus genau zu erkennen. Die Speiselokale waren alle gut besucht. Als sie bei Gepetto's vorbeikamen, konnte Katie Pizza in der kühlen, feuchten Luft riechen. Auf der

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