Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)
Einrichtungen ihrer grauenvollen Laboratorien in den Krypten von Nagor gebeugt, die anderthalbtausend Kilometer unter den schaurig kalten Eisringen von Mellenzia in den unwirtlichsten Ödlanden der Unterwelt lagen.
Hier vollzogen sie die abscheulichsten ihrer schändlichen Prozeduren. Genmanipulationen, Zubereitungen neuer Gifte, Amputationen, Organverpflanzungen, Aufpfropfungen von Gliedmaßen und Köpfen, Lobotomien. Die qualvollen Schreie der Gefolterten hallten unaufhörlich durch die Labyrinthe von Angor, wo die Harpyien von Gilgamoth als ihre gelehrigen Schülerinnen unter Verletzung jeder Regel der Ethik und Missachtung der Statuten des Ewigen Gesetzes das Engelhafte mit dem Tierischen kreuzten.
Die Zwillinge kannten keine Skrupel. Sie verstümmelten, folterten und schlachteten Banshees, Trolle und Vampire und experimentierten unterschiedslos mit allem, was die Unterwelt bevölkerte. Sie zogen ein Heer von inzüchtigen Missgestalten heran, Millionen von abscheulichen neuen Arten grotesk deformierter Monster.
Geflügelte Vampir-Behemoths, sechsundsechzigäugige Zy-klopen, geschuppte Giganten – die Fußsoldaten Gehennas. Die monströsen Soldaten der Armee der Gestürzten – alle gezüchtet für die letzte große Schlacht gegen das Heer der Engel: für Armageddon.
Doch die größte Schöpfung der Zwillinge, ihr genialstes Werk, lag jenseits der acht Großen Gewölbe von Vagen. Im Sarkophag der Furien.
Hinter den durchscheinenden Schleiern, die von Reihen goldener Aspiden herabfielen, lag eine einzige goldene Phiole, die seltsame schwarze Blitze aussandte.
Die Phiole enthielt ein einziges Genom.
Die Saat der Schlange.
Lucifers Genom.
Das Erbgut des gefallenen Erzengels, das von den Zwillingen von Malfecium biogenetisch so manipuliert worden war, dass es mit dem Wachstumszyklus menschlicher DNS genau übereinstimmte.
Die Phiole des heiligen Samens.
Seit Jahrtausenden hatte sie unter Mellenzia gelegen und auf den Tag gewartet, an dem die Technologie des Menschengeschlechts hinreichend fortgeschritten sein würde, um die heilige Aufgabe zu vollenden.
Die heutige Reise der Zwillinge hatte etwas mit dem Genom zu tun. Das spürte Lucifer.
Er bedeutete ihnen, näher zu treten.
»Maelageor«, sagte er leise zu dem Zwilling zu seiner Linken. »Ihr habt um eine Audienz ersucht.«
Der Großmagier von Maelageor blickte aus starren, rot geäderten Augen zu Lucifer auf.
»Eure Exzellenz«, zischelte er. Seine Zunge war lang und gefleckt. »Es betrifft die Phiole des heiligen Samens.«
Maelageor verneigte sich, bis sein Kinn den Boden berührte. Lucifer sah ihn erwartungsvoll an.
»Herr. Wir haben einen unter dem Menschengeschlecht gefunden, dessen Geschick alle anderen übertrifft. Seine Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der Genforschung führen uns zu dem Glauben, er könnte für die heilige Aufgabe geeignet sein.«
Phaegos trat vor.
»Eure Exzellenz. Er ist der führende Experte des Menschengeschlechts für Erbgutveränderung und Genspaltung.«
Er verbeugte sich ebenso tief wie sein Zwilling.
Lucifer erhob sich. Tief in Gedanken versunken ging er vor seinem Thron auf und ab. Abrupt wandte er sich Maelageor zu.
»Du bist sicher?« Sein Blick traf den Maelageors. Dann fuhr er mit zischender Stimme fort: »Ich werde keinen weiteren Irrtum dulden. Hitler hat mich enttäuscht. Das Eugenik-Programm der Nazis, ihre Versuche, einen Übermenschen zu züchten …« Er fuhr herum, um auf das Fresko des Nürnberger Parteitags über ihm zu schauen. »Mengele, Clauberg, Brandt … Wir haben ihnen alle Informationen gegeben, die zum Klonen erforderlich sind. Alle haben sie versagt!«
Maelageor hob den Kopf.
»Herr, der Fortschritt des Menschengeschlechts auf dem Gebiet der Genetik hat sich enorm beschleunigt. Zwar ist man heute, 1981 , immer noch auf einem niedrigen Stand, aber dieser besagte Forscher ist ein gelehriger Schüler.«
»Ist er ein Genie?«
»Nach menschlichen Maßstäben, ja«, antwortete Charsoc anstelle von Maelageor und beugte sich zu Lucifer hinüber; in der Hand hielt er eine Mappe mit Dokumenten. »Eure Exzellenz, ich habe die Unterlagen überprüft. Es ist so, wie die Zwillinge berichten.«
Lucifer nahm die Papiere aus Charsocs Hand und überflog sie. »Er sympathisiert mit unserer Sache?«
Charsoc nickte.
»Er war der wissenschaftliche Leiter des geheimen Klonprogramms von Los Alamos. Er dient unseren dunklen Dienern aus dem Menschengeschlecht mit Hingabe.«
»Können wir
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