Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)
…«
Maelageor packte Phaegos’ zitternden Arm mit den sechs langen, gummiartigen Fingern seiner Rechten. Phaegos zuckte zusammen.
»Was mein Zwillingsbruder damit sagen will …« Er wandte seine eingesunkenen Züge Phaegos zu und bedachte ihn mit einem finsteren Blick. Dann fuhr er lispelnd fort: »Es gibt da einen anderen Weg, Eure Exzellenz, auf dem wir, die Gestürzten, die Welt des Menschengeschlechts betreten können. In menschlicher Gestalt. In einem Mond, von heute an gerechnet.«
»Was heißt das, Maelageor?«, zischte Lucifer.
Ein grausames Lächeln flackerte um Maelageors dünne schwarze Lippen.
»Über die Himmelstreppe …«
Ein entsetztes Schweigen breitete sich im Thronsaal aus. Lucifer starrte auf Maelageor, als könne er selbst nicht glauben, was er gehört hatte.
»Durch die Portale der Gestürzten …«, stieß er hervor. »Es sind Energiefelder … jedes davon hat seine eigene interdimensionale Schwelle …«
Maelageor nickte. »Die Energiefelder sind zugleich DNS -Transformer. Sie sind unsere einzige Möglichkeit, die Welt des Menschengeschlechts in menschlicher Gestalt zu betreten.«
Marduk trat auf sie zu. Seine gelben Augen glommen im Schatten seiner lohfarbenen Kapuze. Er verneigte sich vor Lucifer.
»Mein Herr und Meister.« Er küsste Lucifers schwarzen Onyxring. »Der Durchgang durch die Portale der Gestürzten in das Reich der Menschen ist nicht nur verboten, sondern unmöglich. Alle acht Portale der Gestürzten wurden nach der Niederlage von Golgatha auf Dauer versiegelt. Es gibt keinen Weg aus dem Zweiten Himmel in die Atmosphäre der Erde.«
»Das ist nicht ganz richtig …« Charsoc wechselte einen Blick mit Maelageor. »Es gibt ein Portal, das eine Schwachstelle aufweist. Das Energiefeld zwischen dem Zweiten Himmel und dem Reich der Menschen wurde dort durchbrochen. Und es ist immer noch gestört.«
Lucifer ließ sich wieder auf seinen Thron nieder. Seine Hand strich über das raue weiße Fell des Eiswolfs.
»Ich erinnere mich.« Er runzelte die Stirn und murmelte: »Der Turm von Babel … Als die Nephilim versuchten, den Himmel zu stürmen. Damals wurde ein Himmelsportal in Mitleidenschaft gezogen … Das Portal von Schinar.«
»Eure Exzellenz, mit aller schuldigen Verehrung und bei allem Respekt …«, winselte Marduk und rang seine geschuppten Finger. »Es ist verboten.«
»Es ist verboten, ich weiß.« Lucifer blickte aus dem Augenwinkel auf Marduk. »Aber es ist möglich.«
Der Eiswolf leckte Lucifers Hand.
»Nimrod und die Nephilim, aufgestachelt durch unsere dämonischen Horden, waren bereits weit fortgeschritten mit ihren Plänen, das Energiefeld von Schinar zu durchdringen – und so aus dem Reich der Menschen in den Zweiten Himmel zu gelangen.« Lucifers Gesicht verdunkelte sich. »Doch Gabriel und seine Offenbarer sandten eine Botschaft an den Hohen Rat. Jehovah verwirrte ihre Sprache noch am selben Tag.« Er streckte die Hand nach seinem Mundschenk aus. »In der Nacht bezwangen Michael und seine Heere unsere Bataillone, besetzten Schinar und versiegelten das Portal.« Lucifer verzog das Gesicht bei der Erinnerung an seine Niederlage, dann griff er nach dem goldenen Kelch, den ihm sein zitternder Mundschenk hinhielt. »Das interdimensionale Energiefeld wurde bei der Schlacht dauerhaft beschädigt.« Er strich mit dem Finger über den Rand des Kelches. »Wenn wir das Portal in unsere Gewalt bringen könnten, ließe sich der Restrukturierungsprozess umkehren, und man könnte durch den Riss im Energiefeld hindurchdringen.«
»Das Tor wurde nach dem Fall von Babel im Zweiten Himmel durch Michaels Krieger gesichert«, sagte Charsoc. Ein böses Feuer flackerte in seinen irislosen Augen. »Aber inwieweit wird es heute noch bewacht, nach mehr als zwanzigtausend Jahren, Mulabalah?«
Mulabalah, Herrscher der Schwarzen Mummen, der Spione Charsocs, stand als dunkle Gestalt im Zentrum der Flüstergalerie.
»Was kannst du über die Verteidigung des Portals von Schinar sagen?«, verlangte Charsoc zu wissen.
Das unaufhörliche Gemurmel der Mummen sank zu einem leisen Dröhnen herab.
»Herr, bei unseren Patrouillen durch die Zeitkorridore haben die Geierschamanenspäher häufig das Zeitschloss zwischen dem Portal von Schinar und Gehenna überprüft«, antwortete Mulabalah. »Seit der Zeit des Aufstands der Nephilim und des Menschengeschlechts bei Babel wurde es fortwährend von tausend der stärksten Bataillone des Ersten Himmels verteidigt.« Er zögerte. »Und
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