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Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Titel: Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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fröhlich in den Krieg gezogen. Ich werde ihr nachher gleich schreiben.«
    Dann las sie weiter. »Wie schön, dass es Feda gut geht. Ich habe große Sehnsucht nach ihr und kann es kaum erwarten, sie wieder in meinen Armen zu halten. Wenn unser Siegeszug so weitergeht, kann es ja, so Gott will, nicht mehr allzu lange dauern. Bis dahin sind Deine Briefe, liebste Schwester, eine große Freude für mich. Von Natascha höre ich nicht viel. Sie kann nicht so gut Briefe in Deutsch schreiben. Ich umarme Euch, und gebt Feda einen dicken Kuss von mir. Euer Leopold. PS: Wir liegen vor Amiens. Morgen bei Sonnenaufgang beginnt die Schlacht. Wünscht mir Glück.«
    Am nächsten Tag lasen sie Hilmar von Alvenshagens Namen auf der Liste der gefallenen Offiziere. Sie waren froh, dass Leopolds Brief sie vorher erreicht hatte.
    Einige Zeit darauf berichtete das Ostpreußische Tageblatt : »Die preußische Armee hat die Franzosen bei Amiens erneut zurückgeworfen. Unser Siegeszug geht weiter.« Leopold war nicht unter den Toten! Gottlob. Carla zündete jetzt täglich in der Kapelle eine Kerze an.
     
    Es war Anfang September. Seit einigen Tagen nahmen Carla und Hanno ihre Mahlzeiten wieder auf der Veranda ein. Mittags war es noch spätsommerlich warm, aber die Abende wurden jetzt merklich kühler.
    »Donnerwetter!«, rief Hanno, als er die Zeitung aufschlug. »Hör dir das an. Napoleon ist unser Gefangener.«
    Er begann laut vorzulesen. »Die preußische Armee des Kronprinzen Friedrich Karl von Preußen unter dem Oberbefehl des Generals von Moltke ist siegreich auf der ganzen Linie. In der Schlacht bei Sedan am 2. September sind die Franzosen wieder einmal vernichtend geschlagen worden. Kaiser Napoleon III. wurde gefangen genommen und auf Schloss Wilhelmshöhe in Kassel verbracht. Am 4. September wurde die Französische Republik ausgerufen.«
    Hanno schlug sich begeistert auf die Schenkel. »Ist das nicht doll«, rief er immer wieder. »Was sagst du denn dazu, Carla?«
    »Ich will nur, dass Leopold gesund nach Hause kommt.« Aber das sollte noch einige Monate dauern.
    Das gesellschaftliche Leben kam in diesem Herbst fast vollständig zum Erliegen. Zwar besuchte man sich nach wie vor gegenseitig auf den Gütern, aber die großen Jagden wurden alle abgesagt. In fast jeder Familie war ein Toter zu beklagen, und trotz der ständigen Siegesmeldungen war niemandem nach Feiern zumute.
    Carla regte sich fürchterlich auf, dass Kaiserin Eugénie, die nach England geflohen war, ihrem Mann sechs Köche nach Wilhelmshöhe geschickt hatte, damit für sein leibliches Wohl gesorgt war. »Dieser Kerl hat uns den Krieg eingebrockt. Bei Wasser und Brot sollten sie ihn dafür schmoren lassen«, sagte sie verbittert.
    Auch Charles Worth war mit seiner Familie nach England geflohen, in einem Heißluftballon, wie die Hartungsche Zeitung berichtete. »Da muss meine Schwägerin ja wohl vorläufig ihre alten Kleider auftragen. So schnell wird der Herr sicher nicht zurückkommen«, war Carlas süffisante Bemerkung darauf.
     
    Bald hatte der Winter Ostpreußen fest im Griff. Weihnachten und der Jahreswechsel standen bevor. Carla musste sich wie jedes Jahr um die Geschenke für die zahlreichen Bediensteten kümmern, was sie etwas von ihrer Sorge um Leopold ablenkte. Einige Male fuhr sie mit dem Schlitten nach Insterburg, um die üblichen Präsente wie Mützen, Schals und Handschuhe zu kaufen. Für Feodora bestellte sie im Möbelhaus Glück ein Schaukelpferd und für Elfriede ein gepolstertes Fußbänkchen. Emma bekam in diesem Jahr einen Schirm. »Dein alter sieht ja aus wie eine gerupfte Krähe«, hatte Carla bei einem Besuch im Herbst auf Troyenfeld festgestellt.
    »Ich muss dringend nach Königsberg«, sagte sie ein paar Tage vor Weihnachten zu Hanno. »Es fehlen mir noch einige Sachen, die ich in Insterburg beim besten Willen nicht bekomme.«
    »Nichts lieber als das«, rief Hanno. »Ein bisschen Abwechslung wird uns guttun. Wir werden eine Nacht im Berliner Hof logieren.«
    Drei Tage vor Heiligabend machten sie ihre Besorgungen. Für Feodora kauften sie noch ein silbernes Schieberchen, und sogar für Natascha besorgte Carla auf Hannos Rat hin etwas. »Stell dir vor, sie hat ein Geschenk für dich, und du stehst mit leeren Händen da«, erklärte er ihr. Und tatsächlich schenkte ihr Natascha ein wertvolles Armband.
    Am Abend besuchten sie die Oper. Anschließend dinierten sie im Berliner Hof, wo sie Hannos Freund Horst Kölichen im Speisesaal trafen. Der

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