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Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Titel: Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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und ich werde dich dabei begleiten. Dann kann ich wenigstens verhindern, dass ihr zwei Weiber euch die Augen auskratzt.«
    »Wie aufmerksam von dir«, sagte Carla spitz. »Wahrscheinlich verhinderst du damit sogar einen Mord.«
     
    Es war Anfang August. Seit über drei Wochen hatten sie keine Nachricht mehr von Leopold erhalten. Gleich nach seiner Ankunft in der Garnison in Königsberg hatte er Hanno und Carla eine kurze Note geschickt. »Ich bin im Stab von Onkel Edwin. Er ist, wie ihr ja wisst, seit 1868 Kommandierender General des 1. Korps. Morgen rücken wir aus. Wünscht mir Glück.« Edwin von Manteuffel war ein Freund des alten Grafen Troyenfeld und wurde von Leopold und Carla seit ihrer Kindheit Onkel genannt.
    Täglich berichteten die Zeitungen über die Siege der preußischen Armee. Jeden Morgen las Hanno Carla die neuesten Nachrichten vor. »Am 4. August wurden die Franzosen in Weißenburg von unseren Truppen geschlagen. Es gab auf beiden Seiten schwere Verluste, auch unter unseren Offizieren.« Er ließ die Zeitung sinken.
    Aus Carlas Gesicht war alle Farbe gewichen. Entsetzt presste sie ihre Serviette vor den Mund. »Doch nicht Leopold?«, flüsterte sie.
    »Nein, aber Graf Waldersee, Major von Unruh und Major von Kaiserberg. Alles Bekannte der Harvichs.«
    Carla atmete erleichtert auf. »Ich schäme mich«, sagte sie leise, »aber ich bin so froh, dass Leopold nicht darunter ist.«
    Einige Tage später wurden die Franzosen in Spichern besiegt, kurz darauf in Colombey-Nouilly.
    »Unter dem Kommando von General von Manteuffel hat die preußische Armee einen überragenden Sieg errungen« , las Hanno Carla vor. Bei den Namen der gefallenen Offiziere fehlte der Leopolds. Wieder atmete Carla erleichtert auf.
    Einmal in der Woche statteten sie Troyenfeld einen Besuch ab. Natascha begrüßte sie kühl, aber freundlich, undwenn Carla nach ein paar belanglosen Worten im Kinderzimmer verschwand, unterhielt sich Hanno angeregt mit seiner Schwägerin. Er fand sie immer noch hinreißend und die Vorbehalte seiner Frau ihr gegenüber absolut nicht nachvollziehbar. Gott, nicht jede Frau war eine Übermutter! Wenn er an seine Kindheit zurückdachte, dann hatte auch er seine Gouvernanten und Erzieher öfter gesehen als seine Mutter. Und hatte es ihm etwa geschadet? Aber er hütete sich, das laut zu sagen. Sein häuslicher Frieden war ihm heilig.
    Von der Amme erfuhr Carla alles über Feodoras Entwicklung. Sie war ein ruhiges Kind, weinte wenig und begann jetzt zu zahnen. »Einmal am Tach kommt de Frau Jräfin und guckt nach dem Komtesschen. Se will wissen, ob allet in Ordnung is, und dann jeht se och schon wieder.« In der Stimme der Amme war nie ein Vorwurf. Für sie war das nicht so ungewöhnlich.
    Von Emma erfuhr Carla auch nicht viel mehr. »Soweit is allet in Ordnung, Kindchen«, sagte die, »und reg dir nich so uff. Mutterliebe kannste nich erzwingen.«
    Gleich nach ihren Besuchen schrieb Carla an Leopold: »Mach dir keine Sorgen um Feda. Sie wächst und gedeiht und ist so süß, wenn sie lacht. Sie greift nach meinen Händen und quiekt dabei. Sie zahnt jetzt, was ihr ein wenig Schwierigkeiten macht. Ich habe ihr bei meinem letzten Besuch in Insterburg einen Beißring besorgt. Die Amme meint, das werde ihr das Zahnen etwas erleichtern.« Von dem Vorfall nach Nataschas Ankunft auf Troyenfeld schrieb sie nichts. Warum sollte sie ihren Bruder damit belasten.
    Endlich kam ein Lebenszeichen von Leopold. »Was schreibt er? Lies vor!«, rief Hanno, nachdem Carla das Kuvert mit zitternden Händen aufgerissen hatte.
    » Liebste Schwester, lieber Hanno, als Erstes einmal: Mir geht es gut. Ich weiß, wie Du Dich um mich sorgst, Schwesterherz. Sicher erfahrt Ihr über die Zeitungen, wie siegreich wir sind. Onkel Edwin ist ein wahrer Feldherr! Aber der Krieg hat auch schreckliche Seiten. Die vielen Toten und der Anblick der verletzten und verstümmelten Soldaten sind schier unerträglich. Nach den Schlachten sieht man überall Blut, abgetrennte Gliedmaßen und vor Schmerzen schreiende Männer. Und noch eine überaus traurige Nachricht habe ich. In der Schlacht bei Colombey-Nouilly ist Hilmar gefallen. Wir haben Seite an Seite gekämpft, und er ist in meinen Armen gestorben. Seine letzten Worte galten seiner Mutter. Würdest Du ihr das bitte mitteilen, Carla? Es wird ihr ein Trost sein. Du weißt, wie sehr sie Hilmar geliebt hat.«
    Carla hatte Tränen in den Augen. »Die arme Viola. Sie hat ihn vergöttert. Und er ist so

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