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Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Titel: Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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unserer Abreise tun?«
    »Ich werde zu meiner Schwester nach Kermuschienen ziehen, wo ich geboren bin. Sie ist Witwe und lebt schon lange allein. Sie wird froh sein, wenn ich komme.«
    »Das freut mich für Sie, Franz, und seien Sie versichert: Meine Frau und ich werden Sie sehr vermissen.«
     
    Heute war Feodoras erster Geburtstag. »Du siehst reizend aus in deinem neuen Kleid von dieser Madame Yvette«, sagte Hanno zu Carla, als sie die Kutsche bestiegen, um nach Troyenfeld zu fahren. »Ich bin sicher, damit wirst du auch in Neuseeland Aufsehen erregen.«
    »Hier wäre es mir lieber.« Schmerzlich wurde Carla in diesem Augenblick bewusst, dass sie ihre kleine Nichte, die ihr so ans Herz gewachsen war, bald für lange Zeit nicht mehr in die Arme nehmen konnte.
    Nach der herzlichen Begrüßung wurde Feodora von der Amme geholt, um ihren Mittagsschlaf zu halten .
    »Lass uns ein paar Schritte gehen«, sagte Leopold. »Hanno und Natascha werden sich auch ohne uns eine Weile gut unterhalten.«
    »Sie sieht wirklich entzückend aus, deine kleine Tochter«, sagte Carla, als sie Arm in Arm durch den prachtvollen Park schlenderten. »Und sie sieht dir so ähnlich. Nur die Augenhat sie von Natascha.« Carla musste lachen. »Die roten Haare, die deine Frau so schrecklich findet, sind wohl von dem Kosakenfürsten.« Sie blickte versonnen in das vor ihr liegende Pregel-Tal. »Ich werde euch schmerzlich vermissen, dich, Feda und mein herrliches Ostpreußen. Hoffentlich sehen wir uns irgendwann einmal wieder.«
    Leopold drückte sie fest an sich. »Nun mal doch nicht den Teufel an die Wand. In ein paar Jahren seid ihr wieder hier, und dann wird meine kleine Tochter zu eurer Begrüßung ein Gedicht aufsagen können, und mein kleiner Sohn vielleicht auch, wenn es denn einer werden sollte.«
    Carla blieb wie angewurzelt stehen. »Natascha ist schwanger? Wie wunderbar!«
    »Ja, das finde ich auch. Wir sind sehr glücklich.«
    »Du musst mir alles schreiben. Ganz ausführlich.« Mit einem Mal erlosch ihr Lächeln. »Und ich bin dann so weit weg. Am liebsten würde ich hierbleiben.«
    »Lass das bloß nicht Hanno hören! Er freut sich so über seine neue Aufgabe und ist überzeugt, dass du dich inzwischen damit abgefunden hast und dich sogar auch darauf freust.«
    Carla schüttelte den Kopf. »Männer sind wirklich manchmal reichlich unsensibel. Was hätte ich denn tun sollen? Mich scheiden lassen, in meinem Alter? Und als vertrocknete alte Jungfer auf Troyenfeld leben, von Natascha unerwünscht?« Sie hatte sich in Rage geredet. »Da gehe ich doch lieber mit meinem Mann zu den Wilden.« Nun musste sie schon wieder lachen. »Elfriede hatte einen kleinen Giftanschlag auf Hanno vorgeschlagen. Mit Knollenblätterpilzen. Das soll sehr wirksam sein. Natürlich nur, um ihn reiseunfähig zu machen. Aber dann habe ich in ihrem Pilzbuch nachgeschlagen und gesehen, dass so etwas auch tödlich ausgehen kann. Also dieVorstellung, den Rest meines Lebens mit Elfriede bei Wasser und Brot im Gefängnis zu sitzen, hat mich dann doch davon Abstand nehmen lassen.«
    »Ihr beide seid wirklich verrückt«, sagte Leopold amüsiert. »Komm, lass uns zurückgehen, Alfons serviert gerade den Tee, und bald wird Feda wieder wach sein.«
    Schweigend gingen sie zurück zu den anderen, und Carla dachte erleichtert: Gott sei Dank ist auch dieses Kind von ihm . Natascha war seit über einem Jahr nicht mehr in St. Petersburg gewesen.
     
    Die Abreise der Harvichs stand kurz bevor. Alle ihre Freunde und Nachbarn wollten sich von ihnen verabschieden. Fast täglich waren Carla und Hanno in den letzten Wochen über Land gefahren. Überall gab es Unmengen zu essen und zu trinken. »Wer weiß, was ihr bei den Wilden vorgesetzt bekommt. Langt ordentlich zu«, wurden sie immer wieder aufgefordert. Und kräftig begossen werden musste der Abschied auch. »Noch ein Schlubberchen, wer weiß, wann wir uns wiedersehen«, hieß es.
    Bis vor wenigen Tagen waren sie noch im offenen Landauer gefahren. Aber dann fiel das Barometer kräftig, es wurde merklich kühler, und ein sintflutartiger Regen setzte ein. Wie jedes Jahr tobten die Herbststürme über das Land und rissen das letzte Laub von den Bäumen. Bereits am frühen Nachmittag mussten die Lampen angezündet werden, und in den Kaminen brannten die ersten Feuer. Carla, die immer ein wenig dem vergangenen Sommer nachgetrauert hatte, begann jetzt, jeden Tag zu genießen. Wie lange würde es wohl dauern, bis sie wieder den Wechsel

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