Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)
auszupacken. »Sag mal, Feda, wo kommt denn dat allet her? Haste dat in Zoppot jekauft?«
»Nein, mein reizender Ehemann hat es schon vorher für mich besorgt. Als wir dort ankamen, waren die Schränke voll damit.«
»Und allet hat dir jepasst?« Irma war sprachlos.
»Ja, erstaunlich, was? Er sagt, er hätte ein wenig Hilfe gehabt …«
»Is ja eigentlich janz nett von ihm, oder?«
»Ach Irmchen, der Preis dafür ist hoch.« Feodora war in einen Sessel gesunken. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Er bemüht sich … wirklich …, und am Tag kann ich ihn auch ertragen. Aber die Nächte … Es ist eklig … einfach widerlich.«
»Pst!« Irma legte ihren Finger vor die Lippen und bedeutete ihr zu schweigen. »Ik höre Schritte.«
Und tatsächlich, es klopfte, und die Hausdame, Fräulein Kastner, trat, ohne eine Aufforderung abzuwarten, herein. »Der Herr Baron wünscht um sieben zu Abend zu speisen, in Abendtoilette. Er hat mich gebeten, Ihnen das auszurichten.«
»Danke, Fräulein Kastner. Und noch etwas.« Feodoras Stimme klang eisig. »Erstens, würden Sie bitte in Zukunft warten, bis ich Sie nach dem Klopfen hereinbitte? Und zweitens hätte ich gern einen Schlüssel, damit so etwas nicht noch einmal vorkommt.«
Das Gesicht der Hausdame lief rot an. »Selbstverständlich, Frau Baronin. Ich bitte um Verzeihung.« Ihr Ton strafte das Gesagte Lügen!
Irma legte den Kopf an die Tür, bis die energischen Schritte der Hausdame nicht mehr zu hören waren. »Die Alte is en Drachen«, sagte sie leise. »Alle hier hassen sie. Du musst dir vor ihr hüten.« Sie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Man munkelt, als vor vielen Jahren die junge Baronin jestorbenis – übrijens soll se sich umjebracht haben! Im See haben se ihr jefunden –, also da hat sich die Kastner anjeblich Hoffnung jemacht, dat der Baron sie heiratet.«
»Wie schade, dass er sie nicht erhört hat! Dann wäre dieser Kelch an mir vorübergegangen«, stöhnte Feodora.
»Jedenfalls soll se jetobt haben, als se von eurer Hochzeit jehört hat.« Irma hatte sich, die Arme in die Hüften gestemmt, vor Feodora aufgebaut. »Jetzt hör mir man jut zu, Feda. Du hättest dir wehren können. Aber plötzlich musste et ja hopphopp jehen. Irgend ‘nen Jrund dafür wird et ja jejeben haben.« Sie verschwieg, dass man munkelte, der Baron hätte sie ihren Eltern abgekauft. »Also, nu nimm dir zusammen. Trübsal blasen bringt nuscht nix.«
Feodora musste lachen. »Du hast ja recht, Irmchen. Wahrscheinlich gibt es Schlimmeres, als mit einem reichen alten Mann verheiratet zu sein.« Sie sah sich in ihrem mit zierlichen Biedermeiermöbeln eingerichteten Reich um. »Das ist der einzige heitere Raum im ganzen Haus. Hier erdrückt mich wenigstens nichts. Die unteren Räume sind so dunkel und überladen.«
»Dat hier war auch der jungen Baronin ihr Zimmer …« Irma blickte sie schuldbewusst an. »Hätt ik dir wohl nich sagen sollen …?«
»Wie reizend! Hoffentlich überlebe ich es wenigstens! Aber Gott sei Dank bist du ja bei mir.«
Irma grinste. »Und wie jut, dat ik …«
» Ich heißt das und nicht ik, das haben wir doch nun schon lange genug geübt!«
»Na jut, dat ich «, sie dehnte das Wort genüsslich in die Länge, »schon so lange vor dir hier war. Ich kann dir Sachen erzählen, da staunste!«
»Später, Irmchen, ich muss mich umziehen. Es ist ja schon halb sieben. Mein reizender Gatte hasst Unpünktlichkeit.« Der Spott in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
»Noch mal, Feda!« Irmas Stimme war ernst. »Nimm dir vor den Leuten zusammen, vor allem vor der Kastner. Der Baron erfährt hier allet!«
Heinrich erwartete sie bereits im kleinen Speisezimmer. Der Tisch war für zwei Personen gedeckt. Edles Meißener Porzellan, Kristallgläser und Silber glänzten im Licht eines achtarmigen Kerzenleuchters. Stil hat er wenigstens , dachte Feodora. Ludolf servierte ihnen ein Glas Champagner.
»Willkommen auf Gut Eichen«, sagte Heinrich und stieß mit ihr an. »Ich hoffe, du wirst dich hier wohlfühlen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, fügte er hinzu: »Ich habe schnell die Post durchgesehen. Wir werden eine Menge Gäste haben bei unserer Entenjagd. Gustav Goelder kommt mit Clara, seiner kleinen Tochter, allerdings ohne die beiden Söhne, sie studieren in Königsberg.«
Feodora atmete erleichtert auf.
»Henkiels kommen mit Ida, deine Tante Carla mit Fräulein von Pulkendorf …«
»Wie schön, das freut mich«, warf Feodora ein.
»Die Orlovs
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