Solange am Himmel Sterne stehen
nehme mir die Zeit«, sagt sie. »Wenn du weniger Zeit mit Matt Hines verbringen würdest, dann hättest du vielleicht auch mehr Zeit für Mamie.«
»Zwischen mir und Matt ist gar nichts .« Plötzlich wird mir deutlich bewusst, dass Gavin ein paar Meter weiter sitzt, und ich spüre, wie meine Wangen rot werden. Das Letzte, was ich brauche, ist, dass die ganze Stadt weiß, was mit mir los ist. Oder nicht los ist, je nachdem.
»Egal.« Annie verdreht die Augen. »Jedenfalls, Mamie liebt mich wenigstens. Das sagt sie mir ständig.«
Sie grinst mich an, und ich weiß, dass ich sagen sollte: Schatz, ich liebe dich auch oder Dein Dad und ich lieben dich sehr oder so ähnlich. Würde man das von einer guten Mutter nicht erwarten? Aber da ich eine grässliche Mutter bin, kommt mir stattdessen nur über die Lippen: »Ach ja? Na, für mich klingt es eher so, als ob sie ›Ich liebe dich‹ zu jemandem namens Leona sagt.«
Annie klappt der Kiefer herunter, und sie starrt mich eine Minute lang an. Ich will die Arme nach ihr ausstrecken, will sie an mich drücken und ihr sagen, dass es mir leidtut, dass ich es nicht so gemeint habe. Aber bevor ich die Chance dazu habe, dreht sie sich auf dem Absatz um und stolziert aus dem Laden, aber nicht bevor ich die Tränen in ihren Augenwinkeln glitzern sehe. Sie blickt nicht noch einmal zurück.
Mir bricht fast das Herz, während ich in die Richtung starre, in die sie verschwunden ist. Ich lasse mich auf einen der Stühle sinken, die die Zwillinge vor ein paar Minuten frei gemacht haben, und stütze den Kopf in die Hände. Ich versage bei allem, aber am allermeisten dabei, Nähe zu den Leuten aufzubauen, die ich liebe.
Mir ist nicht bewusst, dass Gavin Keyes vor mir steht, bis ich seine Hand auf meiner Schulter spüre. Als ich erschrocken den Kopf hochreiße, starre ich genau auf ein kleines Loch im Oberschenkel seiner verwaschenen Jeans. Im ersten Moment verspüre ich das seltsame Bedürfnis, ihm anzubieten, es zu flicken, aber das ist lächerlich. Auf den Umgang mit Nadel und Faden verstehe ich mich auch nicht besser als darauf, Mutter zu sein oder verheiratet zu bleiben. Kopfschüttelnd hebe ich den Blick weiter nach oben, über sein blau kariertes Flanellhemd bis zu seinem Gesicht, das von einem dichten Schatten dunkler Bartstoppeln über einem kräftigen Kiefer beherrscht wird. Sein voller, dunkler Haarschopf sieht aus, als wäre er seit Tagen nicht mehr gekämmt worden, aber anstatt damit ungepflegt auszusehen, steht es ihm richtig gut, auf eine Art, die mir ein wenig unangenehm ist. Als er mich sanft anlächelt, rufen mir seine Grübchen in Erinnerung, wie jung er ist. Achtundzwanzig, denke ich, oder vielleicht neunundzwanzig. Auf einmal fühle ich mich steinalt, obwohl ich selbst nur sieben oder acht Jahre älter bin. Wie wäre es wohl, noch einmal so jung zu sein, ohne echte Verpflichtungen, ohne eine jugendliche Tochter, die mich hasst, ohne ein Geschäft, das vor dem Bankrott gerettet werden muss?
»Nimm’s nicht so schwer«, sagt er. Er tätschelt mir den Rücken und räuspert sich. »Sie liebt dich, Hope. Du bist eine gute Mom.«
»Ja, äh, danke«, murmele ich, wobei ich seinem Blick ausweiche. Sicher, in den Monaten, die er an meinem Haus gearbeitet hat, sahen wir uns fast täglich, und wenn ich nachmittags von der Arbeit nach Hause kam, machte ich uns oft eine Limonade und setzte mich mit ihm zusammen auf die Veranda, wobei ich es, so gut ich konnte, vermied, auf seinen sonnengebräunten, straffen Bizeps zu starren. Aber er kennt mich nicht. Nicht wirklich. Und mit Sicherheit nicht gut genug, um meine Qualitäten als Mutter zu beurteilen. Wenn er mich so gut kennen würde, dann wüsste er, was für eine Versagerin ich bin.
Er klopft mir noch einmal unbeholfen auf den Rücken. »Im Ernst«, sagt er.
Und dann ist auch er gegangen und lässt mich allein in meinem riesigen rosa Törtchen, das sich auf einmal sehr bitter anfühlt.
2
An diesem Tag schließe ich die Bäckerei etwas früher, um ein paar Besorgungen zu erledigen. Obwohl die Sonne noch nicht untergegangen ist, als ich um Viertel nach sechs nach Hause komme, fühlt sich das Cottage, das ich angestrengt als mein eigenes anzusehen versuche, düster und deprimierend an.
Die Stille im Inneren ist ohrenbetäubend. Bis zum vergangenen Jahr, als Rob mich kurz vor Weihnachten mit der Ankündigung überraschte, er wolle sich scheiden lassen, hatte ich mich immer darauf gefreut, nach Hause zu kommen. Ich war
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