Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)
wieso weinst du?“, frage ich ihn und wundere mich, dass ich amüsiert klinge.
„Weil ich dich wiederhabe“, sagt er.
„Aber du weißt doch gar nicht, wer ich …“
„Wer du bist? Doch, das weiß ich.“
Er weiß, wer ich bin?
„Aber du hast doch mit Deborah …“
„Ich weiß, es tut mir unendlich leid. Wirklich, das musst du mir glauben, ich dachte, dass du es bist.“
„Aber, ich meine, ich verstehe gar nicht …“
„Pst“, sagt er dann und fordert mich auf, ruhig zu werden, damit ich ihm lauschen kann:
„Noch im Flugzeug, als ich von Kanada in die Schweiz geflogen bin, kamen die ersten Erinnerungen. Normalerweise habe ich keine Schwierigkeiten bei dem Start, aber dieses Mal hatte ich einen enormen Druck in meinem Kopf. Ich dachte, dass er zerspringt, und bat eine Stewardess, mir irgendwie zu helfen. Ich musste Wasser trinken und ruhig bleiben, aber plötzlich durchbohrten mich tausende Stiche und ich schrie vor Schmerzen auf, als Erinnerungsfetzen vor meinem inneren Auge erschienen. Dann sah ich dich. Sah dich im Zug, dann bei der Theatervorstellung. Außerdem sah ich dich in Dereks Wohnung und fühlte dich an meinem ganzen Körper. Es war quasi so, als würde ich dich noch einmal küssen. Ich sah dich, wie du in Venedig beinahe einen anderen Mann geheiratet hast, und dann, wie du vor mir gestanden hast, in Schweden, bei Alva. Plötzlich hat sich ein großes schwarzes Loch in mir aufgetan und du warst weg. Nachdem diese Erinnerungen in mir hochgekommen waren, waren die stechenden Schmerzen und der starke Druck in meinem Kopf weg. Alles war wieder normal, nur, dass ich plötzlich wieder alles wusste und ich gerade dabei war, mich von Kanada – von dir, zu entfernen. Doch dann fiel mir die Geschichte mit Deborah ein und ich dachte, dass ich das nicht mehr gutmachen kann und du mir vielleicht nicht mehr glauben würdest. So bin ich dann erst einmal in Zürich geblieben, und Katie, meine ehemalige Sekretärin, hat mich bei ihr untergebracht.“
„Oh, Noah“, sage ich ihm, nachdem ich seine Worten in mich aufgenommen hatte. „Ich bin so glücklich, jetzt, hier und heute, auch wenn es mitten in der Nacht ist, bei dir zu sein.“
„Mitten in der Nacht – besser hätte es nicht sein können“, sagt er plötzlich und beugt sich nach vorne, um mich zu küssen. Er küsst mich zögernd und schaut mich dabei immer wieder an, ob es auch für mich richtig ist. Es kann nicht schöner sein, denn ich habe mir nicht einmal erträumt, dass er überhaupt weiß, wer ich bin, und jetzt hält er mich in seinen Armen und wir küssen uns.
„Komm mit“, sagt er plötzlich und führt mich in sein Zimmer.
Es ist 05:48 Uhr und bisher haben wir kein Auge zugemacht. Wir liegen nebeneinander und schauen uns tief in die Augen. „Noah, es ist wunderschön, alles, was gerade passiert, es ist einfach unglaublich schön. Bitte lass es keinen Traum sein“, sage ich.
„Lea, wir haben uns über drei Stunden geliebt. Du hast mich gespürt. Das ist kein Traum. Und wenn es einer wäre, dann möchte ich aus ihm nicht mehr erwachen.“
„Was machen wir nun als Nächstes?“, frage ich.
„Als Nächstes? Hm, wir könnten nach Venedig“, sagt er und lacht dabei amüsiert.
„Venedig? Noch einmal?“
„Wieso eigentlich nicht? Wir gehen nach Venedig und irgendwann nach Schweden, um Alva zu besuchen, und wer weiß, vielleicht geht’s dann nach Kanada?“
„Kanada? Was hast du vor, Noah?“, frage ich und zwicke ihn in den Arm.
„Ich möchte alles noch einmal erleben, Lea. Aber dieses Mal mit dir.“
„Und ich mit dir, Noah. Ich möchte Pinienlandschaften durchqueren und den Sonnenuntergang in Venedig mit dir erleben. Ich möchte darüber hinaus mein Leben fortan mit dir teilen, denn ich liebe dich.“
„Ich liebe dich, Lea.“
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