Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)
einzulassen. Ist das nicht etwas zu schnell? Er weiß nichts von Noah und meinen Gefühlen ihm gegenüber. Doch muss er überhaupt davon wissen? Ich muss Noah aus dem Kopf bekommen und deshalb ist das Thema „Noah“ endgültig gestrichen.
„Nun weiß ich, dass du eine Künstlerin bist, und dass du, wie du mir erzählt hast, hier wärst, um abzuschalten. Ich glaube, es ist an der Zeit, mir den wahren Grund zu verraten, warum du hier bist. Meinst du nicht auch, Lea?“, fragt mich Alfredo, bleibt stehen und dreht sich zu mir, so dass ich ihm direkt in die Augen schauen muss. Gerade eben wollte ich das Thema „Noah“ völlig aus meinem Leben verbannen, da holt es Alfredo wieder ganz zurück.
„Ich … also“
„Ja? Was ist der Grund?“
„Wie ich gesagt habe. Ich muss abschalten, den Kopf freikriegen.“
„Den Kopf von was freikriegen?“
Er ist hartnäckig und fragt sehr eindringlich. Doch ich bin ihm keine Rechenschaft schuldig.
„Von dem vielen Malen und den vielen Aufträgen. Es wurde mir zu viel. Und da ich schon einmal in Venedig war, zog es mich wieder hierher.“
„Wann wirst du wieder gehen?“
„Ich glaube, dass ich noch lange hier bleiben werde“, sage ich Alfredo und meine es auch ernst. Denn ich weiß, dass ich noch lange brauchen werde, um mit Noah abzuschließen. Erst wenn ich es schaffe, vor Noah zu stehen, und alle Gefühle erloschen sind, werde ich wieder zurückgehen. „Wie lange?“, fragt er mich.
„Ein paar Monate vielleicht. Ich habe mich da nicht festgelegt und …“
„Und wenn ich dir sagen würde, dass ich mich in dich verliebt habe und nicht möchte, dass du wieder gehst?“, entgegnet mir Alfredo und es wird still zwischen uns. Dieses Thema ist für ihn ernster, als ich geglaubt habe. Er hat wirklich Gefühle für mich, anders als Noah, und doch sind meine Gefühle für Noah viel stärker als für Alfredo. Vielleicht werden die Gefühle für Alfredo stärker werden, wenn ich erst einmal Noah vergessen habe.
„Dann würde ich sagen, dass wir alles ganz langsam anzugehen versuchen und sehen, wie sich unsere Gefühle füreinander entwickeln werden, und dann finden wir eine Lösung. Vielleicht werde ich auch bleiben.“
Nachdem ich das gesagt habe, sehe ich, wie seine Augen vor Freude funkeln. Wir sind gerade in der Basilica di San Marco und Alfredo zeigt mir einige wunderschöne Gassen, bis wir am Wasser sind. Jetzt nimmt er meine Hand und ich lasse es zu. „Du bist wunderschön, Lea“, sagt Alfredo in einem Flüsterton. „Vielen Dank“, und kaum habe ich das gesagt, zieht er mich näher zu sich heran. Ich spüre seinen Körper und er beginnt, mich zärtlich am Hals zu küssen. Immer noch frage ich mich, ob es richtig ist, was ich gerade mache. Noah drängt sich in meine Gedanken und ich muss unweigerlich an unser Wiedersehen denken, damals, in Dereks Wohnung. Alfredo schaut mir jetzt in die Augen.
„Ich möchte dich küssen“, sagt er und ich bekomme immer noch kein Wort heraus. Langsam nähert er sich, bis er schließlich mit seinem Mund auf meinen Lippen ist und sie zurückhaltend liebkost. Als ich mich ihm öffne und seine Küsse erwidere, küsst er mich leidenschaftlicher, wilder und fast hemmungslos.
„Ich möchte dich heute Nacht bei mir haben, Lea“, sagt Alfredo und löst sich von seinen stürmischen Küssen. Noch benommen von der wilden Attacke, willige ich ein. Mein Gefühl sagt mir zwar, dass ich ihn nicht liebe und wahrscheinlich auch niemals lieben werde, aber mein Kopf sagt mir, löse dich von Noah und lenke dich ab. Eigentlich lasse ich mich so schnell auf keinen Mann ein, doch dieses Mal ist es etwas anderes. Es ist wie ein Rachefeldzug gegen Noah. Auf dem Weg zu Alfredos Wohnung verspüre ich ein schlechtes Gewissen und bin mir unsicher, ob ich nicht gerade dabei bin, mit Alfredo zu spielen. Ich bin in Venedig, weil mit mir gespielt wurde, und jetzt mache ich dasselbe. „Alles in Ordnung, Lea?“, fragt mich Alfredo, als ich tief in Gedanken versunken bin.
„Oh ja, aber natürlich“, entgegne ich ihm, doch an meinem verträumten Tonfall merkt er, dass irgendetwas nicht stimmt. „Wenn du lieber nicht mit mir mit kommen möchtest, dann …“
„Ich komme gerne mit. Wirklich, Alfredo, mache dir keine Sorgen. Ich bin einfach nur in Gedanken wegen meiner Malerei.“
„Gut, dann will ich dir glauben“, sagt er, bleibt stehen und küsst mich noch einmal. Warum nur muss ich bei jedem Kuss an Noah denken? Das ist nicht Noah – zum
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