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Solange es hell ist

Solange es hell ist

Titel: Solange es hell ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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herauf.«
    »Verdammt nochmal!«, kreischte Vivien. »Warum sagst du es nicht frei heraus, du hinterhältiges Luder, statt mich derart zu quälen?«
    Clare schien schockiert zu sein, sodass Vivien eilends einen Rückzieher machte.
    »Das war nicht so gemeint. Es tut mir leid, Clare. Ehrlich. Aber ich bin mit den Nerven am Ende, und du sitzt da und sprichst über das Wetter! Da habe ich eben die Fassung verloren.«
    »Du wirst noch einen Nervenzusammenbruch bekommen, wenn du nicht aufpasst«, sagte Clare kalt.
    Vivien lachte kurz auf.
    »Und hinunterspringen? Nein, das ist nicht meine Art. Ich werde nicht durchdrehen. Also, worum geht es?«
    Clare schwieg einen Moment und sagte dann, den Blick nicht auf Vivien, sondern unverwandt hinaus aufs Meer gerichtet:
    »Ich hielt es nur für fair, dir mitzuteilen, dass ich nicht länger Stillschweigen bewahren kann über – über das, was letztes Jahr vorgefallen ist.«
    »Heißt das, du wirst Gerald die ganze Geschichte erzählen?«
    »Sofern du sie ihm nicht selbst erzählst. Was bei Weitem das Beste wäre.«
    Vivien lachte höhnisch.
    »Du weißt ganz genau, dass ich nicht den Mumm dazu habe.«
    Clare widersprach ihr nicht. Dazu kannte sie Viviens feigen Charakter viel zu gut.
    »Es wäre bei Weitem das Beste«, sagte sie noch einmal.
    Wieder stieß Vivien dieses kurze, hässliche Lachen aus.
    »Vermutlich zwingt dich dein edles Gewissen dazu«, sagte sie abfällig.
    »Für dich mag es seltsam klingen«, sagte Clare ruhig, »aber genau so ist es.«
    Viviens weißes, unbewegtes Gesicht starrte sie an.
    »Mein Gott!«, sagte sie. »Du scheinst das allen Ernstes zu glauben. Du glaubst tatsächlich, dass das der Grund ist.«
    »Das ist der Grund.«
    »O nein. Wenn es so wäre, dann hättest du längst gehandelt – schon vor langer Zeit. Warum hast du es nicht getan? Nein, antworte nicht. Ich will es dir sagen. Weil es dir Spaß gemacht hat, mich in der Hand zu haben. Das ist der Grund. Du wolltest mich auf die Folter spannen, mich schmoren und zappeln lassen. Du hast Dinge gesagt – gemeine Dinge –, nur um mich zu quälen und mich ständig im Ungewissen zu lassen. Und so war es auch, bis ich mich daran gewöhnte.«
    »Du musstest dich sicher fühlen«, sagte Clare.
    »Und das hast du gemerkt, stimmt’s? Aber selbst da hast du dich zurückgehalten und dein Gefühl der Macht ausgekostet. Aber dass wir von hier weggehen, dir entwischen, vielleicht sogar glücklich sein werden – das konntest du um keinen Preis ertragen. Also regt sich passenderweise dein Gewissen!«
    Sie hielt keuchend inne. Clare sagte, noch immer ganz ruhig:
    »Ich kann dich nicht daran hindern, derart abstruse Dinge zu sagen; aber ich kann dir versichern, dass sie aus der Luft gegriffen sind.«
    Vivien drehte sich abrupt zu ihr um und packte ihre Hand.
    »Clare – um Himmels willen! Ich habe alles getan, was du verlangt hast! Ich habe Cyril nicht wiedergesehen – ich schwöre es!«
    »Das hat nichts damit zu tun.«
    »Clare – hast du denn gar kein Mitleid, gar keine Herzensgüte? Ich flehe dich auf Knien an.«
    »Du musst es Gerald sagen. Wenn du ihm alles erzählst, wird er dir vielleicht verzeihen.«
    Vivien lachte höhnisch.
    »Du müsstest Gerald eigentlich besser kennen. Er wird toben und auf Rache sinnen. Er wird es mich büßen lassen – er wird es Cyril büßen lassen. Und das ertrage ich nicht. Sieh mal, Clare, er kommt beruflich gerade so gut voran. Er hat etwas erfunden – ich verstehe nichts davon, aber es ist irgendeine Maschine, die ein ungeheurer Erfolg werden könnte. Er arbeitet noch daran, das Geld dafür gibt ihm natürlich seine Frau. Aber sie ist argwöhnisch, eifersüchtig. Wenn sie es erfährt, und sie wird es erfahren, falls Gerald die Scheidung einreicht, dann macht sie Schluss mit Cyril – mit seiner Arbeit, mit allem. Cyril wäre ruiniert.«
    »Ich denke dabei nicht an Cyril«, sagte Clare. »Ich denke an Gerald. Warum denkst du nicht auch einmal ein klein wenig an ihn?«
    »Gerald! An dem liegt mir nicht« – sie schnippte mit den Fingern – »so viel! Ich habe mir nie etwas aus ihm gemacht. Warum es nicht offen aussprechen? Aber an Cyril liegt mir sehr viel. Ich bin schlecht, durch und durch korrupt, ich gebe es zu. Ich wage zu behaupten, dass auch er korrupt ist. Aber meine Gefühle für ihn sind nicht korrupt. Ich würde für ihn sterben, hörst du? Für ihn sterben!«
    »Das ist leicht gesagt«, erwiderte Clare spöttisch.
    »Du glaubst, dass ich es nicht ernst

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