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Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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hektisch und oberflächlich handelt, ohne in seiner eigenen Mitte zu ruhen. Die teilweise mangelhaften wissenschaftlichen Ergebnisse der ersten Weltraumexperimente, die gegen Ende der achtziger Jahre allgemeine Zweifel an Sinn und Nutzen der Raumfahrt aufkommen ließen, erklären sich für die Japaner aus der gedankenlosen Geschäftigkeit, die diese Unternehmungen oft kennzeichnete.
    An Bord der Raumstation herrschte ein geregelter Tagesablauf, der dazu geeignet war, zum Wohlbefinden jedes Crewmitglieds beizutragen und ein ruhiges, konzentriertes und zielstrebiges Arbeiten zu ermöglichen. Unsere Tag- und Nachtphasen entsprachen der Zeitzone, in der auch Japan lag, was die Zusammenarbeit mit der Bodenstation erleichterte. Morgens und tagsüber aß jeder, wann und wo er Lust hatte, und wie Wissenschaftler nun mal so sind, vergaßen die meisten das Essen ganz. Abends dagegen versammelte sich die ganze Crew zu einer gemeinsamen Mahlzeit, die nicht nur der Nahrungsaufnahme diente, sondern gleichzeitig Gelegenheit zu zwanglosen Besprechungen bot, allgemeine Geselligkeit darstellte und so auf angenehme Weise das Denken aus den Bahnen löste, in denen es sich den Tag über festgefahren hatte.
    Die Vorbereitung des Abendessens war natürlich meine Aufgabe. In der Regel stellte das keine große Affäre dar, da der größte Teil unserer Nahrungsmittel aus Fertigmahlzeiten bestand, die fix und fertig zubereitet und portioniert in unseren Tiefkühlfächern lagen und nur noch in einem Mikrowellenofen erhitzt zu werden brauchten. Bei einem Teil der Portionen handelte es sich auch um dehydrierte Nahrung, wie sie früher aus Gewichtsersparnisgründen in der Raumfahrt üblich gewesen war. Diese Nahrung war womöglich noch schneller zubereitet: man mußte sie nur mit Wasser versetzen und erhielt eine Art breiige Paste, die man sich aus dem Plastikbeutel direkt in den Mund drücken konnte und die, o Wunder, tatsächlich oft recht gut schmeckte.
    Aber man kann sich nicht ein halbes Jahr von Brei und Paste ernähren, ohne massive Verdauungsprobleme und Zahnausfall zu bekommen: diese Teile des menschlichen Ernährungssystems müssen auch beschäftigt werden. Deshalb war die Abteilung Nutzlastverwaltung der NASDA schon vor einiger Zeit dazu übergegangen, den Versorgungs-Shuttles regelmäßig ein gewisses Kontingent an naturbelassenen Lebensmitteln mitzugeben. Im Prinzip war jedes Lebensmittel dazu geeignet, im Weltraum verspeist zu werden, vorausgesetzt, es erfüllte zwei Bedingungen: Erstens mußte es den Transport und die beim Start des Shuttle unvermeidlichen Andruckkräfte überstehen – solche Dinge wie Tomaten, Trauben oder Brombeeren schieden also aus. Und zweitens – es durfte nicht krümeln. Krümel, die in der Schwerelosigkeit umherschwirren, sind fast unmöglich wieder einzufangen und können, wenn sie in geeignete Geräte eindringen, eine Menge Unheil anrichten. Es gab also keine Kekse, und das Brot war ein speziell für uns gebackenes, weiches, fladenartiges Etwas, das nicht trocknete und nicht bröselte.
    Zu einem zwar geringen, aber stetig zunehmenden Teil versorgten wir uns auch selbst mit Gemüse und Obst, das im Rahmen von Wachstumsexperimenten im Biolabor gezüchtet wurde. Tomaten waren immer noch ein Problem, aber die Zucht von Gurken und Paprika gelang bereits recht gut. Was Soja anbelangte, unseren Star unter den Weltraumpflanzen, waren wir inzwischen so weit, daß wir sogar unser eigenes Saatgut gewannen, und so gönnten wir uns regelmäßig den Luxus frischgezogener Keimlinge.
    Bei der Zubereitung von frischem Gemüse benötigte ich allerdings Hilfe, denn die Zubereitung von Nahrungsmitteln unter Schwerelosigkeit ist alles andere als einfach. Das fängt schon mit dem Zerschneiden an: die Gemüsestücke bleiben ja nicht schön auf dem Schneidebrett liegen, wie sie das auf der Erde täten, sondern fangen an, den Koch fröhlich zu umschwirren, wenn er nicht aufpaßt. Hier hatte sich irgendwann, nach zahlreichen Versuchen mit raffinierten Apparaturen, als einfachste Lösung die herausgestellt, das Kochgut auf einem nassen Kunststoffbrett zu schneiden. Durch die Adhäsionskräfte des Wassers bleiben die Schnipsel zu einem ausreichend großen Teil auf dem Brett kleben, und man kann sie dann bequem in den Topf streifen.
    Der Kochtopf ist das nächste interessante Problem. Man kann natürlich keinen gewöhnlichen Kochtopf nehmen, schon weil man natürlich auch keinen gewöhnlichen Herd benutzt. Ein Kochtopf würde

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