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Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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nun…«
    Fasziniert beobachtete ich den kleinen Wissenschaftler, dessen Blick mit einem Mal ins Unendliche zu gehen schien, durch die Wände des Labors hindurch, der mich vergessen hatte und Dinge sah, die mir verschlossen bleiben mußten. »Eines Tages«, prophezeite er bedächtig, »wird es Bergwerke auf dem Mond geben. Man wird Metallerze finden und fördern, und man wird das rohe Erz mit gewaltigen elektrischen Katapulten in den Weltraum schleudern, aus dem schwachen Schwerefeld des Mondes heraus. Das Erz wird in der Umlaufbahn eingefangen und zu Metallen von unvorstellbarer Qualität verarbeitet werden. Wir müssen es nur tun. Das Rohmaterial ist da. Die Energie ist da. Unermeßlich viel Energie. So viel Energie gibt es im Weltraum, daß man sich schützen muß davor…«
    Ein widerlicher elektronischer Summton, mit dem der Analysator den Abschluß seiner Arbeit anzeigte, unterbrach Kims Vision. Seufzend verstaute der Metallurg sein Tuchbündel wieder in der Lade und schnallte sich los.
    »Interessanter Stoff«, meinte er dann, nachdem er das Ergebnis der Analyse – eine dichte Reihe verschieden hoher und verschieden gefärbter Linien auf einem Bildschirm – eine Weile studiert hatte. »Besteht aus Hunderten verschiedener Substanzen. Viel Kohlenstoff. Schwefel. Wasser. Spuren fast aller Metalle, die es gibt. Silizium. Benzyprene. Natrium.«
    »Könnte es Hautöl sein?«
    Kim lächelte sein glattes asiatisches Lächeln. »Ich weiß es nicht. Ich denke, es wäre kein besonders gesundes Hautöl, aber ich bin Metallurg, Mister Carr, kein Pharmazeut.«
    Enttäuschend. Ich hatte eine Analyse, aber keine Ahnung, was es war.
    »Wenn ich Ihnen einen Tropfen Hautöl bringe – können Sie ihn dann analysieren und mit dieser Analyse vergleichen?«
    »Ja, sicher«, nickte Kim bereitwillig. »Das würde sicher funktionieren. Wenn die gleiche Verteilung der Linien entsteht, ist es der gleiche Stoff. Entsteht eine andere – ist er es nicht.«
    Ich sah auf die Uhr. Es war Zeit, an die Zubereitung des Abendessens für die Crew zu denken. »Ich bringe Ihnen morgen eine Probe des fraglichen Öls.« Morgen früh würde ich mir den Generalschlüssel holen und aus Sakais Kabine einen Tropfen seines Hautöls beschaffen.
    »Das ist in Ordnung.«
    »Können wir die Sache einstweilen für uns behalten?«
    Kim neigte den Kopf. »Teilen wir zwei Geheimnisse.«
    »Okay«, nickte ich. »Vielen Dank.«

KAPITEL 9
    Im biologischen Labor war es immer taghell, viel heller als in jedem anderen Raum der Station. Große, milchig strahlende Leuchtflächen beherrschten die Wände des Moduls, und intensiv strahlende Tageslichtlampen gaben noch eins drauf. Die Atmosphäre, die einem entgegenschlug, wenn sich das Schott öffnete, war feucht, heiß und modrig und weckte Vorstellungen von Dschungel und Regenwald, und das unübersichtliche Labor, voller großer Glaskästen, in denen es undefinierbar wucherte und wimmelte, mit seinen leeren Gitterkäfigen, den Mikroskopen und Glasflaschen und chromblitzenden Instrumenten, war geeignet, diese Vorstellungen noch zu unterstützen: man fühlte sich in das Labor eines wahnsinnigen Tropenarztes versetzt, und wenn einem im nächsten Moment Tarzan entgegengekommen wäre, wäre man nicht besonders überrascht gewesen.
    Ich hangelte mich vorsichtig zwischen den Tischen und Glasschranken hindurch und fand schließlich, ziemlich weit hinten, eine ältere Frau, die damit beschäftigt war, einzelne Samenkörner mit einer Pinzette in eine mit feuchtem Zellstoff ausgekleidete Trommel zu legen.
    » Moshi moshi, Leonard-san.«, begrüßte sie mich leise, ohne in ihrer Tätigkeit innezuhalten. »Was führt Sie an meinen bescheidenen Arbeitsplatz?«
    »Hallo, Oba-san. Sie wollten mir bei der Zubereitung des Abendessens helfen.«
    Jetzt hielt sie doch inne und konsultierte erschrocken ihre Armbanduhr. »Yaa, ist es schon so spät? Tatsächlich, es ist Zeit. Sie müssen verzeihen, Leonard-san, ich verliere leicht das Zeitgefühl bei meiner Arbeit.«
    Oba war unsere Bordärztin. Da alle Crewmitglieder sich für gewöhnlich einer ausgezeichneten Gesundheit erfreuten, verbrachte sie ihre Zeit mit verschiedenen weltraumbiologischen Experimenten, die sich in der Regel um den noch weitgehend ungeklärten Einfluß von Schwerelosigkeit und kosmischer Strahlung auf die Lebensvorgänge bei Pflanzen und Tieren drehten. Oba war nur wenig jünger als Kommandant Moriyama, und ihr von zahlreichen dünnen Falten durchzogenes, sympathisches

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