Solarstation
es klang mehr nach einer Hoffnung als nach einer Überzeugung.
In Gedanken begleitete ich Oba auf ihrem Weg ins biologische Labor, wo der Arztschrank stand und gleich daneben der Schrank mit der Veterinärsausrüstung. Ich versuchte mir vorzustellen, was sie in diesem Augenblick wohl gerade tat. Inzwischen hatte sie sicher das Labor schon betreten, wahrscheinlich in Begleitung der beiden Revolverhelden. Jetzt wühlte sie sicher in den Ampullen und Instrumenten und versuchte, die beiden abzulenken, so daß sie sich unauffällig der Gaspatrone bemächtigen konnte.
Vielleicht versuchte sie, ihre ärztliche Autorität auszuspielen.
»Ach, Sakai, irgendwo muß hier ein kleines EKG-Gerät sein, helfen Sie mir doch mal, es zu finden.« Dann öffnete sie wie selbstverständlich die Schubladen des tierärztlichen Schrankes und packte den kleinen stählernen Zylinder in ihren Arztkoffer, als handle es sich um den unentbehrlichsten Bestandteil ihrer Ausrüstung.
Vielleicht drängelte sie auch. »Schnell, schnell, das Leben des Kommandanten ist in Gefahr. Wo ist die Sauerstoffmaske? Aha, hier. Sakai, sehen Sie irgendwo einen schwarzen Beatmungsbalg? So helfen Sie mir doch ein bißchen, die Zeit drängt…«
Mir wurde mulmig, während ich versuchte, mir die Szenerie auszumalen. In meiner Vorstellung konnte ich mir die Aufpasser nicht anders denken als im höchsten Grade mißtrauisch, jeden Handgriff der Ärztin genauestens verfolgend. Moriyama hatte ihr eingeschärft, kein Risiko einzugehen. Wenn die Gefahr der Entdeckung bestand, lieber nichts tun. Nur eine Ampulle mit irgendeinem Stärkungsmittel nehmen und zurückkommen. Aber vielleicht hatte er es ihr nicht eindringlich genug gesagt.
Ich lugte auf meine Armbanduhr und merkte, daß ich unwillkürlich den Atem angehalten hatte. Das dauerte alles viel zu lange. Was geschah dort unten im Labor?
Jay warf mir einen unruhigen Blick zu. »Vielleicht war das alles keine so gute Idee«, murmelte er. Vielleicht hätte er sich das etwas früher überlegen sollen.
Aber möglicherweise war sie ja schon auf dem Rückweg. Ich musterte die länglichen Lamellen des Belüftungssystems. Das Gas war unsichtbar, und selbst wenn es das nicht gewesen wäre, hätten wir keine Chance gehabt, es aus den Lüftungsschlitzen quellen zu sehen, weil wir noch im selben Augenblick bewußtlos zusammengesunken wären. Vielleicht hatte Oba es geschafft, die Gaspatrone zusammen mit der Atemmaske einzustecken; dann konnten wir das Gas in dem Moment freisetzen, in dem das Schott das nächste Mal geöffnet wurde.
Ich lauschte, alle Sinne angespannt, in der Hoffnung, aus den vielfältigen Geräuschen der Raumstation etwas herauszuhören. Die Klimaanlage surrte unmerklich, von ferne war das Vibrieren arbeitender Maschinen zu hören und klopfende Geräusche von irgendwoher. Nichts.
Das Schott rührte sich nicht. Die Zeit schien zu Kaugummi zu werden und sich endlos zu dehnen, bis in die unermeßlichen Tiefen des Alls.
»Sie ist diesen Kerlen nicht gewachsen«, flüsterte Jayakar mit geschlossenen Augen. »Es war falsch, alles ihr aufzubürden.«
Ich mußte mich beherrschen, ihn nicht anzuschreien. Und ich mußte mich zwingen zu atmen. Mein Körper schien immer noch zu glauben, daß jeden Augenblick Betäubungsgas hereindringen würde – und daß er eine Chance hatte, wenn er darauf verzichtete zu atmen.
Wieder die Armbanduhr. Viel zu lange. Das dauerte alles viel zu lange.
Stille. Ich konnte das Zifferblatt meiner Uhr schon nicht mehr sehen. Der Sekundenzeiger schien sich festgefressen zu haben. Vielleicht ging die Batterie zur Neige. Wieder lauschte ich, aber nichts war zu hören, das Aufschluß gegeben hätte darüber, was im Rest der Station vor sich ging.
Es war wie ein Schock, als plötzlich der Videomonitor brüllend aufflammte und Khalids Gesicht uns daraus entgegensprang – ein Gesicht, aus dem alle Beherrschung verschwunden war wie weggewischt, ein Gesicht, das gezeichnet war von rasender Wut. Der Anführer der Piraten war außer sich, und er schrie die Videokamera an, als könne er uns ebenfalls sehen – was er nicht konnte.
»Sie werden unsere Mission nicht gefährden!« tobte er. »Carr, Sie verdammter Lügner, Sie elender Sohn einer Hündin! Es war ein Fehler, Ihnen zu glauben, hören Sie? Es war ein Fehler, meine innere Stimme zu übergehen, nicht auf meinen Instinkt zu hören! Und das wird Ihnen noch leid tun, Ihnen allen, denn ich erkenne jetzt, daß ich zu weich war, zu nachgiebig,
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