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Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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zwischen meinen Fingern.
    »Seltsam«, murmelte ich. »Das fühlt sich an wie Wasser.«
    Moriyama schlug die Augen auf und sah mich mit klarem Blick an. »Es ist Wasser«, sagte er kehlig.
    Ich war verblüfft. »Sie sind überhaupt nicht krank!«
    »Nein. Aber ich habe kräftig geübt, krank auszusehen.«
    »Aber warum?«
    »Wir haben einen Plan«, eröffnete mir der Kommandant ernst. »Einen Plan, wie wir die Piraten vielleicht überwältigen können.«
    »Einen Plan?« echote ich entsetzt.
    »Es war Jayakars Idee«, sagte Moriyama und erläuterte mir, was sie vorhatten. Und anscheinend glaubte er tatsächlich, daß es funktionieren könnte.
    Ich war sprachlos vor Entsetzen. »Das ist nicht Ihr Ernst.«
    »Wir müssen jede Chance nutzen, die wir haben«, erklärte Moriyama dickköpfig.
    »Aber Khalid ist mißtrauisch!« rief ich. »Er war schon mißtrauisch, bevor das hier begann! Er wird ihr auf die Finger schauen wie… wie…« Mir fiel kein Vergleich ein, der drastisch genug war.
    »Ich habe Oba eingeschärft, kein Risiko einzugehen.«
    »Woher weiß sie, wann sie ein Risiko eingeht?«
    »Sie ist Ärztin. Sie hat ihr Leben lang mit Fragen von Leben und Tod zu tun gehabt. Ich glaube nicht, daß ihr irgend jemand von uns etwas über Risiko erzählen muß.«
    Ich starrte den Kommandanten an und fragte mich, wie sie ihn so bleich hinbekommen hatten. Schminke aus der Kabine von einer der Frauen, wahrscheinlich. Konnte das klappen? Hatte dieser Plan eine Chance, zu funktionieren?
    Unter dem Vorwand, medizinische Ausrüstung für die Behandlung Moriyamas zusammenzustellen, sollte Oba versuchen, eine der Gaspatronen mit dem Betäubungsgas und mindestens eine Atemmaske in ihren Besitz zu bringen. Wahrscheinlich gab es in der Bordapotheke tatsächlich keine Herzmedikamente; noch immer galt die Regel, daß ein Astronaut körperlich hundertprozentig gesund und topfit sein mußte. Aber die Atemmasken waren simple Sauerstoffatemgeräte – es würde sich gut erklären lassen, daß sie eine davon mitnehmen wollte. Die Gaspatrone dagegen, groß, in auffälligem Pink und mit eindeutiger Beschriftung…
    »Würden Sie mir bitte noch etwas Wasser ins Gesicht sprühen?« unterbrach Moriyama meine Gedanken und deutete mit einem Nicken des Kinns auf eines der Wandfächer. »Oba und Khalid können jeden Moment zurückkommen.«
    Ich öffnete das Fach und fand, in einem Plastikbeutel, einen nassen Schwamm und eine Zahnbürste. Widerstrebend mußte ich Jays Einfallsreichtum bewundern. Ich tränkte die Zahnbürste mit Wasser und besprühte das Gesicht des Kommandanten, bis es wieder von einem hauchfeinen Film winziger Tröpfchen bedeckt war, die wie kalter Todesschweiß wirkten. Mit geschlossenen Augen und hechelndem, flachem Atem sah er tatsächlich zum Erbarmen aus.
    »Und jetzt gesellen Sie sich bitte wieder zur Trauergemeinde«, verabschiedete mich Moriyama flüsternd und ohne die Augen noch einmal zu öffnen.
    Als ich nach vorn kam, hatten Tanaka und Jayakar sich bereits mehr oder weniger bequeme Plätze inmitten der chromblitzenden Gestänge und hydraulischen Kolben der Bodybuilding-Maschinen gesucht und sich angeschnallt. Eine Variante des Plans sah vor, daß Oba die Gaspatrone noch im biologischen Labor öffnen sollte, um die Piraten so früh wie möglich auszuschalten. Ausgerüstet mit dem Atemgerät sollte sie dann alle Gangster entwaffnen und ihnen hochwirksame Schlafmittel injizieren.
    »Ist das Gas unangenehm?« wollte Tanaka wissen.
    »Ich weiß es nicht«, erklärte ich geistesabwesend. »Ich nehme an, nein. Wahrscheinlich werden wir nicht einmal etwas merken. Es ist ein Kontaktnervengift, das augenblicklich wirkt, wenn man es einatmet.«
    »Auch auf Menschen?«
    »Auf alle Säugetiere und auf die meisten Wirbeltiere.«
    Jayakar schloß die Augen und lehnte sich nach hinten. Die Hände legte er auf die Griffe einer glänzenden Zugstange über seinem Kopf, als wolle er sich so einen besseren Halt sichern. »Hoffentlich kommt sie rechtzeitig an ein Atemgerät«, meinte er. »Sonst war alles umsonst.«
    Ich nickte lethargisch. Plötzlich spürte ich ein Kribbeln im Bauch, wie ich es das letzte Mal in jener Nacht erlebt hatte, als wir mit unseren F 16-Jägern von den Flugzeugträgern gestartet waren und der Erste Golfkrieg begonnen hatte. Angst. »Als ich zuletzt im Biolabor geputzt habe, habe ich eine Atemmaske in der gleichen Schublade gesehen, in der auch die Gaspatrone liegt.«
    »Sie schafft es«, flüsterte Tanaka, aber

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