Soldaten
[...] Der Kommandeur hat 50-Kilo-Bomben gehabt. Also der Kommandeur startet als Erster, schaut sich die Sache ganz kurz an: ›Aha, da steht ein Haus mit ein paar Kraftwagen‹. Er ist selbst Flugzeugführer, sssst, 80 Grad im Sturz die alte ›88‹, kurz das Knöpfchen gedrückt, Steilkurve und nach Hause. Den nächsten Tag Gefangene durch die SS eingebracht und durch eine Kosaken-Einheit, wir hatten da eine Kosaken-Einheit, und Fallschirmjäger haben sie auch abgesetzt da oben ... alles schwarz voll Partisanen ... jede Nacht geknallt mit Maschinenpistolen. Da haben sie Gefangene gemacht und was denkst du, was der Kommandeur getroffen hatte? Einen gesamten Stab mit lauter hohen Offizieren, einschließlich einem englischen General, der gerade ein paar Tage vorher abgesetzt worden war. [173]
Man sieht hier deutlich, dass das Gewaltgeschehen sportlich aufgefasst wird. Winkler spricht vom »Jux« – das Werfen von Splitterbomben auf »Partisanen« im Vercors im Juli 1944 macht ihm Spaß. Nach den schwierigen und sehr verlustreichen Einsätzen gegen alliierte Schiffe im Mittelmeer waren solche Flüge für ihn offenbar eine willkommene Abwechslung. Und endlich konnte er wieder von Erfolgen sprechen, von einer Jagd und von dem, was auf der Strecke bleibt. Daher ist der Stab von Briten, den der Kommandeur eher zufällig tötet, besonders erwähnenswert. Gespräche dieser Art verlaufen in einer Atmosphäre großen Einverständnisses – so auch das folgende aus dem April 1941:
PETRI *: Haben Sie Tagesangriffe über England gemacht?
ANGERMÜLLER *: Ja, über London, in 30 Meter Höhe, einen Sonntag. Es war ziemlich stürmisch und die Ballons waren eingezogen. [174] Ich war der Einzige. Meine Bomben auf einen Bahnhof geschmissen – drei Mal den Bahnhof angeflogen. Dann über ganz England weg und eine Maschine in Brand geschossen, in Felton. Und die Baracken in Aldershot auch beschossen mit MG -Feuer. Es stand in der Zeitung nachher: ›Deutscher Raider schießt in die Straße rein‹. Meine Mannschaft freute es natürlich, und sie schoss überall.
PETRI : Auf die Zivilbevölkerung?
ANGERMÜLLER : Nur militärische Ziele!!! (Gelächter) [175]
Angermüller erzählt mit sichtlichem Stolz von seinem Angriff auf London, der einen besonderen Stellenwert dadurch bekommt, dass er – obwohl ohne Staffel angreifend – nicht nur bombardiert, sondern auch zusätzlich mit seinem MG im Tiefflug feuert. Das ist so außergewöhnlich, dass es hinterher in einer britischen Zeitung zu lesen stand; jedenfalls erzählt Angermüller es so, um seine eindrucksvolle Geschichte zu unterstreichen. Die Frage seines Kameraden, ob er bei dieser Aktion auch auf Zivilisten geschossen habe, beantwortet Angermüller ironisch – Anlass für einverständliches Gelächter.
Jagd
Eine Jagd besteht aus dem Suchen, dem Verfolgen, dem Erlegen und dem Ausweiden von Wild. Dabei gibt es viele Formen der Jagd – am häufigsten die Einzeljagd, bei der ein Jäger zusammen mit seinem Hund Beute jagt, und die Treibjagd, in der Helfer das Wild vor die Flinten der Jäger treiben. Die Jagd hat sportliche Aspekte – man muss geschickt und wachsam sein, klüger als das Wild, sich verstecken, in einem unbeobachteten Moment zuschlagen, gut schießen können. Dazu gehört aber auch eine ganz eigene Art von Regeln. Man jagt nur zu bestimmten Zeiten, schießt nur auf Einzeltiere usw. Alle diese Elemente vereinen die Anforderungen an einen Jagdflieger auf sich, deshalb heißen sie so, und deshalb verstehen die Flieger ihre Arbeit im Kontext des Jagens. So galt es als unstatthaft, abgesprungene feindliche Piloten an ihrem Fallschirm zu beschießen, obwohl sie doch immer noch Feinde waren. [190] Und Adolf Galland soll es als General der Jagdflieger einmal als »unwaidmännisch« bezeichnet haben, Bomben auf amerikanische Bomberpulks zu werfen. Vom Jagen rührt der »Spaß«, über den sie immer wieder sprechen. So sportlich wie die Flieger betrachten nur noch die U-Boot-Fahrer die Kampfhandlungen. Die verwendete Metaphorik, hier von Leutnant zur See Wolf-Dietrich Danckworth, dem einzigen Überlebenden von U224, spricht für sich:
DANCKWORTH : Das macht doch Spaß auch heute noch. Es kam mir immer so vor, wenn wir am Geleitzug waren, wie ein Wolf in eine Herde Schafe, die strengst bewacht wird durch ein paar Hunde. Die Hunde sind die Korvetten und die Schafe sind die Schiffe, und wir wie Wölfe immer rum, bis wir eine Durchschlucht gefunden haben,
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