Soldatenehre
besser nicht in den Reaktorraum laufen, Junge«, rief ihm der Sicherheitsoffizier zu. »Jedenfalls nicht, falls du mal Kinder haben willst.« Der Dieb schlug einen Haken nach rechts. Als sie ihn erreichten, duckte er sich hinter einen Kompressor und zitterte vor Erschöpfung. Vielleicht auch vor Angst.
»Komm raus, Junge. Da gibt es kein Entkommen mehr.«
»Sie hätten schlafen sollen«, beklagte sich der Junge bei Grace. »So wie die anderen.«
»Ich lasse mir nichts vorschreiben«, antwortete sie mit sanfter Stimme. »Wirf die Diamanten rüber, dann lege ich beim Kapitän ein gutes Wort für dich ein.« Grace war es nicht weiter wichtig, ob der junge Bursche bestraft wurde, solange sie nur ihr Eigentum zurückerhielt.
Ein Schuss knallte. Eigentlich war es mehr ein Ploppen, doch der Luftzug der Kugel, die viel zu dicht an Graces Kopf vorbeisauste, war unverwechselbar.
»Was zum ...«, stieß der Sicherheitsoffizier aus.
Der junge Dieb blickte auf den Beutel mit Edelsteinen in seiner Hand, den er Grace hatte zuwerfen wollen. Seine Augen wurden groß, als er das Loch in seiner Brust sah. Der Aufprall warf ihn nach hinten gegen einen Druckbehälter, dann brach er zusammen. Der Beutel fiel ihm aus der Hand und verschwand unter ihnen zwischen den Maschinen. Grace hörte das leise Klimpern herausfallender Juwelen. Ihr stand eine lange Suchaktion bevor. Sie fragte sich, wie viele Diamanten wohl in fremden Händen enden würden.
Dann drehte sie sich zu dem Schützen um. Das Gesicht des Sicherheitsoffiziers war violett angelaufen und sein Mund stand offen, doch er brachte keinen Ton heraus.
»Hallo. Mister Santi, nicht wahr?«, verstümmelte Grace absichtlich den Namen des Fremden.
»Alfred Santorini«, verbesserte er sie. »Zu Diensten.«
»Sie haben gerade einen Unbewaffneten erschossen.«
»Ich dachte, er wollte eine Sprengladung werfen«, behauptete Santorini und wirkte beinahe ehrlich genug, um einen großzügig geschmierten Richter zu überzeugen.
»Ich lasse die Jungs nach den Steinen suchen, die er fallen gelassen hat, gnä' Frau«, erklärte der Sicherheitsoffizier, der mehr als froh über die Gelegenheit wirkte, sich aus diesem Gespräch zu verabschieden.
»Ich habe bei der Einschiffung eine komplette Liste mit den Bildern jedes einzelnen Steins beim Zahlmeister hinterlegt«, informierte ihn Grace. »Außerdem sind die Diamanten nummeriert. Es könnte möglicherweise nicht schaden, wenn Sie das erwähnen.«
»Bei den Diamanten ganz sicher.« Was nichts über die Jadesteine, Türkise und Smaragde sagte. Aber mit etwas Glück hatte sie die Verluste zumindest begrenzt.
»Ich wusste gar nicht, dass Sie auch an Bord sind«, bemerkte Grace und wandte sich wieder dem Mann zu, der ihre Chance vereitelt hatte, herauszufinden, wer auf die Idee mit dem Diebstahl gekommen war und dem nun verblichenen Iav die dafür benötigten Tabletten geliefert hatte.
»Ich bin im letzten Moment an Bord gekommen. Da mein Geschäftsvorschlag nicht den Bedürfnissen Ihrer Welt zu entsprechen schien, sah ich es als sinnlos an, dort noch mehr Zeit zu verschwenden.«
»Und weshalb habe ich Sie kein einziges Mal in der Messe gesehen?«
»Ich habe die Kabine des Kapitäns gemietet«, erklärte Santorini in lockerem Ton. »Um während dieser erzwungenen Pause besser arbeiten zu können. Ich nehme die Mahlzeiten dort ein.«
»Es war nicht zufällig dieser arme junge Mann, der Ihnen die Mahlzeiten gebracht hat?«, fragte Grace und deutete mit dem Kopf zu dem Leichnam, der gerade von zwei anderen Crewmitgliedern in einen Leichensack gesteckt wurde.
»Das weiß ich wirklich nicht. Mit Stewards gebe ich mich normalerweise nun wirklich nicht ab. Kennen Sie den Namen der Serviererin, die Ihnen in einem Restaurant zuletzt das Essen brachte?«
Grace ignorierte die Frage und beugte sich über das Geländer, um zu beobachten, wie die Raummatrosen mit Handstaubsaugern den Boden nach Juwelen absuchten. Santorini bot keine Erklärung dafür an, weshalb er sich der Jagd auf den Dieb angeschlossen hatte. Ohne Zweifel hatte er eine Antwort parat, doch Grace hatte keine Lust auf noch eine von seinen offensichtlichen Lügen.
»Fliegen Sie nach Galatea?«, rief sie ihm hinterher, als er sich wieder entfernte.
»Ich habe dort keine Geschäftsinteressen.« Er blieb kurz stehen und schaute sich zu ihr um. »Ich werde sofort für den Flug nach Nusakan auf ein anderes Schiff umsteigen. Ihre wahnwitzige Idee hat mich Geld und Zeit gekostet. Ich kann es
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