Soldner

fünften Ladung voller Blasen. Von der Monotonie ihrer Tätigkeit abgestumpft und nicht ganz bei der Sache, wurde sie plötzlich von hinten überrascht. Ein Söldner drückte ihre Arme zusammen, hob Dar in die Luft und schwang sie herum. Als ihre Füße wieder auf dem Boden standen, sah sie sich Varf gegenüber. Ein anderer Mann packte ihre Unterschenkel. Dar wehrte sich, um freizukommen, doch die beiden Kerle hielten sie fest.
    »Hallo, Mäuschen«, sagte Varf. »Kennste mich noch?«
    »Ja«, sagte Dar. Dann schluckte sie ihren Stolz herunter und fügte hinzu: »Die Sache von heute Morgen tut mir leid.«
    »Aber nicht leid genug«, sagte Varf. Sein Blick wanderte über die Feuerstelle, dann entnahm er ihr einen langen Knüppel mit qualmender Spitze. »Meine Grütze war angebrannt.« Er blies auf den Knüppel, bis die Spitze rot glühte.
    Dar schaute sich panisch um. Die anderen Frauen hatten die Arbeit eingestellt. Ihre Nervosität erinnerte an Rehkitze, die beim Auftauchen eines Jägers erstarrten. Auch einige in der Nähe stehende Söldner schauten nun zu. Sie wirkten erheitert. »Was hast du vor?«, fragte Dar.
    »Ich schenk dir was, das dich an mich erinnert«, erwiderte Varf. Er beugte sich vor und hob den Saum ihres Kleides hoch.
    »Ich bin Kols Frau!«, stieß Dar hervor.
    Varf hielt inne. »Was?«
    »Ich bin Murdant Kols Frau. Er hat gesagt, das soll ich sagen. «
    Der Söldner, der Dars Arme hielt, ließ etwas lockerer. »Varf …«, sagte er warnend.
    »Das sagt sie doch nur so«, sagte Varf.

    »Und wenn nicht?«, fragte der andere Mann.
    Varf schaute Dar in die Augen. Dann warf er den Knüppel weg. »Dann würde ich sagen, sie hat sich vom Topf zum Feuer hin bewegt.« Er spuckte aus und traf Dars Füße. »Na gut, Männer, das Luder hat seine Lektion schon gelernt.«
    Die Söldner ließen Dar los und folgten Varf hinaus. Dar stand allein da, fühlte sich aber nur teilweise erleichtert, da die Blicke der Frauen Unbehagen in ihr erzeugten. Sie hatte nicht vorgehabt zu sagen, dass sie Kols Frau sei. Nun fürchtete sie, dass die rettenden Worte vielleicht andere Konsequenzen nach sich zogen. Während sie über ihre Lage nachdachte, nahm eine Frau nach der anderen ihre Arbeit wieder auf, bis nur Loral sie noch anstierte. »Das hat ja nicht lange gedauert«, sagte sie kalt.
    »Was meinst du?«, fragte Dar.
    Loral wandte sich ohne ein Wort von ihr ab.
     
    Dar arbeitete bis in den späten Nachmittag hinein. Sie war zwar von Frauen umgeben, doch fühlte sie sich völlig allein. Loral sprach nicht mehr mit ihr. Die anderen hatten erst gar keinen Versuch gemacht. Dar fing ihre verstohlenen Blicke auf und spürte, dass man über sie tuschelte. Das Verhalten der Frauen erinnerte sie an ihre Stiefmutter, nachdem sie erfahren hatte, dass ihr neuer Gatte seine Tochter missbrauchte. Für Thess war ich die Schuldige, nicht er. Diese Frauen denken ebenso.
    Im Laufe des Nachmittags wurde das Arbeitstempo schneller. Neffa wies Dar an, Hafergrütze für die Orks zu kochen und sie ihnen außerdem aufzutischen. Als die Grütze fertig war, eilte Dar zum Waschzelt. Dort stieß sie auf Memni, die sich nach dem Brennholzschleppen den Schmutz vom Leib schrubbte. Sie wirkte erschöpft, doch als sie Dar sah, lächelte sie. Dar erwiderte ihr Lächeln. Sie war erleichtert, dass nicht alle Frauen
sie ächteten. Nachdem sie sich gewaschen und angekleidet hatte, gesellte sie sich draußen zu Memni. »Ich hab wieder Grützedienst«, sagte Memni und seufzte. Dann grinste sie. »Ich hab gehört, du hast einen Mann!«
    »Von wem weißt du es?«
    »Na, von allen. So was spricht sich schnell rum.«
    »Es ist nicht so, wie sie glauben«, sagte Dar. »Zumindest hoffe ich es.«
    »Beeilt euch«, rief Neffa. »Lasst die Orks nicht warten.«
    Dar und Memni schoben einen Stock durch die Kesselgriffe, hoben den Kessel hoch und schlossen sich den Frauen an, die den Rest der Verpflegung trugen. Sie hatten den Kreis der Strohquartiere kaum erreicht, als Dar eine trunkene Stimme hörte: »Halt, stehen bleiben, ihr Luder!«
    Sie wandte den Kopf. Ein Söldner wankte den Hang hinauf. Er hielt eine Schale in der Hand. Seine Kameraden, die außerhalb des Kreises aus in den Boden gerammten Ästen blieben, riefen ihm zu, er solle zurückkommen. Dar hatte den Eindruck, dass sie sich fürchteten, in den Kreis zu treten. Der Mann mit der Schale überhörte jedoch ihr Geschrei. Er stolperte weiter auf Dar und Memni zu.
    »Seid ihr taub? Halt! Gebt mir was von der