Soldner
als sie hinter sich schnelle Schritte hörte. Sie blieb stehen und drehte sich um. Zna-yat lief hinter ihr her. »Lauf schnell zum Küchenzelt«, sagte Dar zu Twea. »Ich muss noch was erledigen.«
»Ich möchte bei dir bleiben«, sagte das Mädchen.
»Geh!«, bellte Dar. »Sofort!«
Twea wirkte säuerlich, als sie loslief, doch darüber machte Dar sich die geringsten Sorgen. Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen und wartete auf Zna-yat.
Der Ork wurde langsamer. Er kam mit ernster Miene auf sie zu und blieb mehrere Schritte vor ihr stehen. Dar sah, dass er bewaffnet war. »Du bist zurückgekehrt«, sagte er.
»Hai.«
»Ich habe dich sterben sehen.«
»Ein Baum hat mich gerettet.«
»Ich habe diese Geschichte gehört und bin an den Fluss gegangen«, sagte Zna-yat. »Da ist kein Baum.«
»Und doch bin ich hier.«
Zna-yat schaute Dar eine ganze Weile an. Er überlegte sich wohl, was er antworten sollte. »Ich verstehe nicht, wie das sein kann«, sagte er schließlich. Dann zog er sein Schwert.
Dar rührte sich nicht von der Stelle. Es ist besser, sich dem Tod zu stellen und schnell zu sterben.
Zna-yat schlug jedoch nicht zu. Stattdessen fragte er: »Willst du mein Blut tragen?«
Dar hatte keine Ahnung, was er damit meinte, aber sie glaubte nicht, dass nun die rechte Zeit war, ihn danach zu fragen. Sie verließ sich lieber auf ihre Intuition und sagte Ja.
Zna-yat zog die Klinge über seinen Unterarm. Blut quoll aus der Wunde. Er tauchte einen Finger hinein, ging vor Dar in die Knie und malte einen roten Strich von ihrer Stirn bis an ihr Kinn. »Du trägst mein Blut«, sagte er. »Somit ist es nun getan. « Er stand auf und ging fort.
Dar schaute hinter ihm her. Sie fühlte sich erleichtert, war aber auch durcheinander. Nun ja, er hat mich nicht umgebracht. Möglicherweise hatte Zna-yat sie nur zu einem Kampf herausgefordert.
Vielleicht aber auch nicht. Es kommt mir eher wie eine Entschuldigung vor – oder wie ein Waffenstillstand. Sie wollte Kovok-mah fragen, aber jetzt hatte sie keine Zeit. Außerdem fühlte sie sich immer unbehaglich, wenn Twea nicht in ihrem Blickfeld war. Zögernd setzte sie ihren Weg fort.
Als sie zum königlichen Lagerplatz kam, war im Küchenzelt schon allerhand los. Weiterer Proviant für die Tafel des Königs war eingetroffen. Überall standen Fässer und Kisten herum. Davot hatte all seine Männer an die Arbeit gestellt.
Sobald Dar das Zelt betrat, packte er ihren Arm. Wenn er den roten Strich auf ihrem Gesicht bemerkte, als er sie nach draußen zog, war er zu beschäftigt, um ihn zu kommentieren. Er brachte sie zu einem Käfig voller Hühner. »Schlachte und rupf sie«, sagte er. »Die Kleine kann dir beim Rupfen helfen. «
Davot eilte fort, und Dar öffnete den Käfig, um sich ein Huhn zu schnappen. Sie hatte bisher nur selten Geflügel verzehrt, aber sie wusste, wie man Hühnern den Hals umdrehte, und tat es mit einer schnellen Bewegung. Das tote Huhn zuckte noch in ihrer Hand, als Twea aus dem Zelt kam. »Was hast du denn im Gesicht?«, fragte sie.
»Orkblut.«
»Und warum?«
»Weiß ich auch nicht genau.«
»Tja, dann wasch es lieber ab.«
»Ich glaube, das tue ich lieber erst, wenn Kovok-mah mir gesagt hat, was es bedeutet.«
»Was ist, wenn Sevren zurückkommt?«, fragte Twea. »Dann willst du doch wohl nicht so aussehen! Was soll er denn davon halten?«
»Ist mir doch egal, was er davon hält.«
»Und wieso? Magst du ihn denn nicht?«
Dar zuckte die Achseln. »Es ist nicht so, dass ich ihn nicht leiden könnte … Es ist nur … tja … Er ist halt ein Mann.«
»Ein lieber Mann«, sagte Twea. »Warum willst du ihn abschrecken? «
»Er ist nur lieb, weil er etwas möchte. Jedenfalls von mir.«
»Uns was?«, fragte Twea.
»Du bist noch zu jung, um das zu verstehen.«
»Och«, sagte Twea mit wissender Miene. »Er möchte dich also bocken. Warum sagst du das nicht gleich?«
Dar warf Twea das tote Huhn zu. »Hier, rupf das mal.«
Twea ließ sich aber nicht so einfach ablenken. »Wann hat er dich drum gebeten?«
»Hat er gar nicht«, sagte Dar. Allmählich wurde sie sauer. »Aber er ist ein Mann, und ich verstehe mehr von Männern als du.«
»Wenn Sevren dir nicht gefällt, liegt es daran, dass er ein Washavoki ist?«
Tweas Frage überraschte Dar, sodass sie sich fragte, wie viel Lagertratsch das Mädchen schon gehört hatte. Und noch wichtiger: Wie viel davon glaubte es? »Ich habe nie gesagt, dass Sevren mir nicht gefällt«, sagte sie. »Ich
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