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Soldner

Soldner

Titel: Soldner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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sie weiter, bis die Asche aus den Herden geholt und der letzte Topf gespült war. Der Abend dämmerte schon, als sie zum Fluss ging. An einem bestimmten Abschnitt des Flusses reichte ein Wäldchen
bis ans Ufer und bot ihr so viel Intimsphäre, wie sie zum Baden brauchte. Sie näherte sich dem Wäldchen erst, nachdem sie sich umgeschaut und versichert hatte, dass kein Söldner sie sah. Vom Wäldchen aus ging sie an den Fluss.
    Die schnelle Strömung des Turgen hatte an seinem Bett genagt und ein steiles Ufer aus der Erde geschnitten. Die Wurzeln der Bäume, die dem Fluss am nächsten standen, ragten dort, wo die Erde fortgeschwemmt war, in die Luft. Dar stieg vorsichtig das Ufer hinunter. Sie konnte nicht schwimmen, und Wasser machte sie nervös. Im Flussbett tastete sie vorsichtig mit den Füßen nach festem Halt. Wenige Schritte vom Ufer entfernt war das Wasser kniehoch. Die Strömung drückte mit einem lauten Gurgeln fest gegen ihre Beine.
    Dar zog sich aus und wusch ihre Kleider in dem rasch dahinströmenden Fluss. Als sie sauber waren, wrang sie sie aus, hängte sie über frei liegende Wurzeln und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Reinigung des eigenen Körpers. Sie bezweifelte nicht, dass Kovok-mah ihren Geruch mochte, doch selbst ihre Nase hatte das Gefühl, dass sie inzwischen etwas streng roch. Sie schrubbte sich den Schweiß und den Schmutz des Tages in dem Wissen vom Leib, dass der Rest ihres Ichs erhalten bleiben würde. Als sie zufrieden war, ging sie ans Ufer und schlüpfte in ihr feuchtes Zeug.
    Sie sah Zna-yat erst, als sie die Uferhöhe erklomm. Dass er schweigend zwischen den Bäumen stand, erschreckte sie. Dar bezweifelte zwar, dass sie einander zufällig begegneten, ließ sich aber nichts anmerken. Sie bleckte die Zähne und sagte: »Tava, Zna-yat.«
    Der Ork antwortete nicht.
    Zna-yat beherrschte nur Orkisch, weswegen Dar sich seiner Muttersprache bediente. »Was machst du außerhalb von Muth’las Umarmung?«

    »Die Welt gehört nicht Washavoki. Ich gehe hin, wo es mir gefällt.«
    »Das ist auch völlig richtig«, sagte Dar.
    »Mein Mutterbruderssohn hat heute seinen Umhang verloren. «
    »Seinen Umhang?« Dar wusste nicht, was er damit meinte.
    »Hai. Die Söhne sagen, er hat der Klugheit entsagt. Sie sagen einstimmig, er ist ein schlechter Anführer. Jetzt trägt ein anderer den Umhang.«
    »Warum?«
    »Anführer sollen nicht nach Washavoki stinken.«
    Dar ahnte, wohin dieses Gespräch führen würde. »Ich bin Mutter«, sagte sie.
    »Thwa«, sagte Zna-yat. »Du verspottest Mütter. Du hast Kovok-mah entehrt.«
    »Ich werde ihn fragen, ob er das auch so sieht.« Dar wollte gehen, doch Zna-yat trat ihr in den Weg.
    »Thwa. Deine Worten haben bösen Zauber.«
    Dar machte einen Versuch davonzuhuschen, doch Zna-yat packte ihren Arm. »Du hast dich nicht gut gewaschen. Ich rieche dich noch immer.« Er packte auch ihren anderen Arm und zerrte sie an den Uferrand.
    »Was machst du?«, fragte Dar, obwohl sie es schon ahnte. Eine Sekunde später stieß der Ork sie in den Fluss.
     
    Zna-yat sah Dars wirbelnde Arme und Beine, dann klatschte sie in das graue Wasser. Sie verschwand unter der Oberfläche. Der Ork schaute zu, um zu sehen, ob sie wieder auftauchte. Dars Kopf tauchte weit flussabwärts von der Stelle auf, an der er sie hineingeworfen hatte, dann ging er so schnell unter, wie er hochgekommen war. Als Zna-yat ihn das nächste Mal erspähte, war er noch weiter entfernt – ein dunkler Fleck inmitten
wirbelnden grauen Wassers. Der Kopf verschwand erneut, diesmal für immer. Zna-yat wartete und suchte den breiten Turgen mit seinen scharfen Augen ab. Als er von Dars Tod überzeugt war, stieg er den Uferhang hinab und wusch ihren Geruch von seinen Händen ab.

30

    MIT EINEM EISIGEN SCHLAG wurde die Welt zu einem luftleeren grauen Fleck. Es gab nichts Festes mehr, an dem man sich halten konnte – nur Wasser. Die Kälte brach über Dar herein, riss sie mit sich und ließ sie sich überschlagen. Sie spielte mit ihr – ein kurzes Luftschnappen, ein kurzer Streifen des Himmels, dann wieder das Grau. Dar setzte sich zur Wehr. Mit Armen und Beinen schlug und trat sie vergeblich um sich. Kälte drang in ihren Körper ein und machte ihn steif und bleiern. Ihre Bemühungen stagnierten. Bald lechzte ihre Lunge nach Luft. Doch nur der Turgen war da, um sie zu füllen.
    Ich sterbe, dachte sie. Eigenartigerweise entsetzte der Gedanke sie nicht. Der Fluss hielt sie in kalter Umarmung fest und trug sie auf

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