Soldner
denn dann würde ich meinen Waffenarm belasten.«
Dars Lächeln zeigte nun einen Anflug von Verachtung.
»Die typische männliche Entschuldigung, um sich vor der Arbeit zu drücken.«
»Jeder sollte das tun, was er am besten kann.«
»Dann ist Kräutersammeln also Frauenarbeit?«, fragte Dar.
»Sagt man denn nicht, dass den Müttern das Essen gehört?«
Dar schaute Sevren eigentümlich an. »Kuum da-suthat tha suth Urkzimmuthi?«
»Was hast du gerade gesagt?«, fragte Sevren.
»Ich habe dich gefragt, woher du diese orkische Weisheit kennst.«
»Ich habe hier und da etwas aufgeschnappt«, sagte Sevren. »Aber Weisheit würde ich es nicht nennen.«
»Wie würdest du es dann nennen?«, fragte Dar.
»Märchen.«
»Wie das Märchen, dass Frauen keinen Wert haben?«
»Ich habe nie gesagt, dass sie keinen haben.«
»Aber du glaubst es«, sagte Dar.
»Nee!«, sagte Sevren. »Deswegen habe ich dich doch gern.«
Dar fiel auf, dass Twea sie eingehend musterte. »Das ist kein Gespräch für Kinder, Twea«, sagte sie. »Geh voraus, aber bleibe in Sichtweite.« Als das Mädchen ihnen zögernd über den Pfad vorausging, wandte Dar sich Sevren zu. »Du hast mich gern ?«, sagte sie, wobei ihre Worte fast wie ein Vorwurf klangen.
»Ja. Karm steh mir bei. Selbst Twea erkennt es. Wieso du nicht auch?«
»Weil es dir so leicht über die Zunge geht.«
»Wie kann ich beweisen, dass ich es ernst meine?«
»Du könntest damit anfangen, indem du dich nützlich machst.« Dar zog ihren Dolch. »Ich möchte lernen, wie man damit umgeht. Ich habe es einmal versucht, aber er wurde mir entwunden.«
»Du möchtest lernen, wie man tötet?«
»Nein. Ich möchte lernen, wie ich mich und Twea beschützen kann – auch dann, wenn es Töten bedeutet.«
Sevren seufzte. »Ich würde dir viel lieber eine zahmere Fertigkeit beibringen.«
»Die Welt ist nicht zahm. Ich muss diese Fertigkeit beherrschen. «
»Dann bringe ich sie dir bei«, sagte Sevren.
Dars Unterricht im Umgang mit der Klinge begann am frühen Nachmittag, als die Körbe gefüllt waren und alle von dem Krustenbrot aus Sevrens Beutel gegessen hatten. Zuerst begutachtete Sevren Dars Waffe. Er wog sie in der Hand und meinte, sie sei zwar gut gemacht, aber in einem jämmerlichen Erhaltungszustand.
»Die Klinge ist stumpf und rostfleckig.« Er nahm einen Stein und zeigte Dar, wie man sie schärfte. Nachdem die Schneide auf Vordermann gebracht war, erhielt Dar die erste Lektion im Umgang mit der Waffe. »Das lernt man nicht alles an einem Nachmittag; auch nicht an sämtlichen Nachmittagen eines Monats. Die Fertigkeit kommt mit der Zuversicht, und die Zuversicht kommt mit der Übung.«
»Vielleicht kann ich mit den Orks üben«, sagte Dar.
Sevren schaute unsicher drein. »Orks bauen in einem Kampf auf Stärke und Zähigkeit. Aber bei einem Kampf mit einem Dolch zählen Geschwindigkeit und Gerissenheit.«
»Soll das heißen, ich muss mit dir üben?«, fragte Dar.
Sevren lächelte. »Und zwar in jeder freien Minute.« Dars Stirnrunzeln ließ ihn bedauern, dass er so erfreut wirkte, deswegen wandte er sich rasch wieder dem Unterricht zu und zeigte ihr Verteidigungshaltungen. Er demonstrierte, wie ein Dolch als Abschirmung gegen ein Schwert dienen und sogar eine Schwertklinge abfangen konnte, um einen Gegner zu entwaffnen. Sevren setzte einen Stock als Schwert ein und griff Dar an, sodass sie sich in Sachen Verteidigung üben konnte. Je mehr sie lernte, umso schneller wurde Sevren und umso heftiger fielen seine Attacken aus. Bald hielt er sich nicht mehr zurück.
Die Leichtigkeit, mit der Dar seine Tricks abwehrte, versetzte ihn in Erstaunen. Zwar fehlte ihr seine Stärke, doch sie machte alles durch Geschwindigkeit und die Fähigkeit wett, seine Schritte vorherzusehen. Die richtige Einschätzung eines Gegners war eine äußerst wichtige Gabe. Sevren kannte Männer, die Tage gebraucht hatten, um auf den Leistungsstand zu kommen, den Dar jetzt schon aufweisen konnte. Schließlich machte sie ihm den Vorschlag, den Stock gegen seine Klinge auszutauschen. Sevren grinste leicht überheblich.
»Ein Schwert könnte dich vielleicht verletzen«, sagte er.
»Das ist ja sein Zweck«, erwiderte Dar. »Ich muss mich der Sache stellen, die ich fürchte.«
»Ich glaub nich, dass du irgendwas fürchtest«, sagte Sevren.
»Das liegt daran, dass du mich nicht kennst.«
Bei den Angriffen mit der Klinge erwies Dar sich als ebenso geschickt wie zuvor, doch Sevren konnte sich nicht
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