Soldner
viele?«
»Trauer wird uns befallen. Ich möchte nicht daran denken. «
Dar schaute Kovok-mah an. Seine große Hand streichelte sanft Tweas schmalen Rücken des auf seinem Schoß zappelnden Mädchens. Seine grüngoldenen Augen, die ihr einst so fremdartig
erschienen waren, zeigten die gleiche Tiefe des Kummers, die sie manchmal auch in Sevrens Blick sah. Ork und Mensch waren im Krieg gewesen. Er hatte sie geprägt. Doch auch Dar war nicht daran interessiert, jetzt über die Zukunft nachzudenken. »Ich möchte auch ein paar Körner«, sagte sie.
Am nächsten und übernächsten Tag regnete es heftig. Dars und Tweas Kräutersammelei war nur noch ein vorgeschobener Grund, um Sevren zu treffen. Er hatte einen trockenen Fleck gefunden, an dem ein Felsüberhang ihnen den größten Teil des Regens vom Leibe hielt. Twea verbrachte die Stunden, indem sie Dar zuschaute, die nun die Grundlagen des Messerkampfs erlernte. Wenn es ihr langweilig wurde, kaute sie ein Washuthahi-Korn. Diese neue Angewohnheit besorgte Dar, aber sie konnte es nicht über sich bringen, das Mädchen deswegen zu tadeln.
Der ständige Regen wusch das Blut auf Dars Gesicht zwar ab, doch sie hatte keine Ahnung, ob der Geruch vielleicht zurückgeblieben war. Sie konnte ihn freilich nicht wittern. Die Vorstellung, die »Blutzeit« sei zu Ende und Zna-yat könne sie nun wieder angreifen, machte weiteren Unterricht dringlich. Sevren lehrte Dar die klassischen Angriffs- und Verteidigungsstellungen, die tödlichsten Hiebe, den Unterschied zwischen Stechen und Schneiden und Tricks, die verhinderten, dass man selbst entwaffnet wurde. Gegen Ende des zweiten Tages begann er eine weitere Lektion.
Sevren und Dar ließen Twea unter dem Überhang sitzen und gingen zu einem Baum. Sevren lieh sich ihren Dolch aus. »Es gibt eine Situation, in der ein Messer einem Schwert überlegen ist.« Er warf den Dolch, der in der Baumrinde stecken blieb. »Mit einem Messer kann man aus der Ferne töten.« Er zog die Waffe aus dem Baumstamm und gab sie Dar zurück.
»Doch man erringt diesen Vorteil nur mit einem großen Risiko: Man hat immer nur eine Chance. Versuch du es jetzt mal.«
Dars Wurf fiel zu weit aus. Der Dolch verschwand im Unterholz. »Jetzt kannst du dich nicht mehr verteidigen«, sagte Sevren. »Wenn der Baum ein Schwert hat, wird er dich erschlagen. «
»Ich glaube, ich kann schneller laufen als er«, sagte Dar. Sevren lächelte nicht. »Man sollte ein Messer immer nur als allerletzte Möglichkeit werfen. Ein Wurf ist ein verzweifelter Schritt.« Er half Dar, nach der Waffe zu suchen. »Diese Fertigkeit kann man auch allein üben. Aber lass nie jemandem dabei zuschauen, es sei denn, du kannst es gut. Nur dann kannst du mit deinem Können angeben. Ein gewisser Ruf ist von Vorteil. «
Sevren fand den Dolch und hielt ihn ihr hin. »Ich glaube, jetzt ist mein Honorar fällig.«
»Dein Honorar?«, fragte Dar.
Sevren lächelte. »Mein Unterricht ist nicht billig.«
Dar beäugte ihn vorsichtig, dann nahm sie ihm den Dolch aus der Hand. »Wie teuer ist er?«
»Ein Kuss – und dein Konto ist ausgeglichen.«
»Ich hab keinen übrig«, sagte Dar schroffer als beabsichtigt.
Sevren versuchte seine Verlegenheit mit einem Lächeln zu überspielen. »Vielleicht findest du eines Tages einen überzähligen und erinnerst dich an deine Schulden.«
Dar schwieg, doch sie trat dicht an den Baum heran und warf den Dolch. Er bohrte sich in den Stamm, blieb aber nicht stecken. Sie hob ihn auf und versuchte es erneut.
Dar übte weiterhin schweigend im Regen. Schließlich wurde Sevren des Zuschauens müde und gesellte sich zu Twea unter den Überhang.
Am nächsten Morgen war es schön. Sevren begegnete Dar und Twea, bevor sie das Küchenzelt betraten. »Geh mal zu Davot, Twea«, sagte er. »Ich muss etwas mit Dar besprechen.«
Dar bedeutete Twea, dass sie gehen solle, dann schaute sie Sevren an. »Um was geht es denn?«
»Ich kann dich heute nicht begleiten«, sagte Sevren. »Kann sein, dass ich dich für eine Weile nicht sehe. Der Krieg ist ausgebrochen. «
Diese Nachricht erzeugte Kälte Dars Magengrube. »Dann ist mein Unterricht zu Ende?«
»Ich werde euch nach Möglichkeit besuchen, wann immer ich kann«, sagte Sevren. Dann fügte er hinzu: »Wenn du es gern möchtest.« Als Dar nur die Achseln zuckte, seufzte er. »Du magst mich nicht.«
»Das ist es nicht. Es ist nur … Ich habe mit Männern üble Erfahrungen gemacht.«
»Du dienst mit Abschaum zusammen. Ich
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