Soldner
kein Problem mehr sein«, sagte Kol.
»Wie das?«
»Dieser Feldzug wird etwas anders ausfallen als der letzte. Er ist mehr als ein Überfall.«
»Woher weißt du das?«
»Ein Omen des Magiers. Du solltest mit einer gewaltigen Schlacht rechnen.«
»Und? Was hat das mit dem Pissauge zu tun?«
»Er und seine Freunde werden uns als Köder dienen«, sagte Kol. »Und du weißt doch, was mit Ködern passiert.«
»Warum sollte der König seine Pissaugen opfern?«, fragte Teeg. »Sie sind doch sehr nützlich.«
»Er kann neue kriegen«, sagte Kol. »Schließlich hat er ihre Königin in der Hand.«
»Ich bin ein einfacher Mensch«, sagte Teeg. »Solche Gerissenheit macht mir Kopfschmerzen.«
Die beiden Männer hatten nun ihr Zelt erreicht und entdeckten Neena schlafend auf Kols Schlafsack. »Na, das ist ja ’n kesses Luder«, sagte Teeg. »Haut sich einfach ohne deine Erlaubnis hier hin.«
»Sie hat wahrscheinlich Informationen für mich«, sagte Kol. »Ich hab’ sie angewiesen, Dar nicht aus den Augen zu lassen.«
Teeg musterte die Schlafende. »Hast du vor, sie heute Nacht noch zu nageln?«
Ein ironisches Lächeln legte sich auf Kols Lippen. »Warum fragst du?«
»So wie ich dich kenn’, lässt du sie nur ungenutzt rumliegen«, sagte Teeg. »Aber da es hier nichts zu trinken gibt, könnte ich vielleicht ’ne Runde bocken.«
»Ich dachte, du magst keine dünnen Frauen?«
»Ich bin halt ein praktischer Hund«, sagte Teeg. »Wenn’s kein Fleisch gibt, freu’ ich mich auch über ’nen Knochen.«
»Ich kontrolliere mal die Wachtposten«, sagte Kol. »Treib es aber nicht zu lange.«
Teeg grinste und verschwand im Zelt.
Kol machte seine Runde. Sie führte ihn schließlich an den äußeren Rand des Ork-Lagers. Die ordentliche Ausrichtung ihrer Quartiere kontrastierte mit dem wirren Durcheinander des Lagers der Menschen. Die Posten der Orks bewegten sich flink innerhalb der Umgrenzung. Sie beobachteten Kol, als er näher kam, und ihre Augen leuchteten golden im letzten Licht des Tages. Kol diente nun seit Jahren neben den Orks, doch wenn ihre Blicke ihn trafen, musste er sich noch immer schütteln. Dass sie ihn nicht fürchteten, flößte ihm Unbehagen ein.
Irgendwo dort ist auch Dar, dachte er. Und ihr Pissauge bewacht sie. Die Vorstellung ärgerte ihn. Er ballte die Fäuste und dachte an die Peitsche.
Am nächsten Tag war die Straße trocken. Das Gehen fiel Dar leichter. Alles andere war schwieriger. Die Rationen wurden erneut gekürzt. Der Hunger machte jeden reizbar. Zwei Frauen aus anderen Kompanien wurden ausgepeitscht. Den Grund dafür erfuhr Dar nie. Das Leben reduzierte sich auf den nächsten Schritt und die Frage, wie man schwierigen Situationen auswich. Dar marschierte, wenn es ihr befohlen wurde. Sie rastete, wenn es erlaubt war, und gehorchte jeder Anweisung. Sie sorgte dafür, dass Twea es ihr gleichtat. Während des Marsches kam ihr das Leben in einem Feldlager wie ein schöner Traum vor.
Dar ertrug den zweiten Tag, und auch den dritten. Der dritte Marschtag endete anders als die ersten beiden: Man hielt am
frühen Nachmittag an, ohne dass die Orks ein Lager aufschlugen. Sie stapelten lediglich ihre gebündelten Quartiere auf und zogen die Schildronen zu einer großen Formation zusammen. Menschliche Offiziere ritten zwischen ihnen hindurch und riefen in gebrochenem Orkisch Kommandos. Die Orks setzten sich langsam in Bewegung. Der Nachschub blieb, wo er sich befand.
Dar erkannte, dass hier etwas vor sich ging. Sie wurde wachsam, schaute sich um und sah die Makellosigkeit der Umgebung. Neben der Straße wuchsen Apfelbäume. Die Früchte waren noch klein und grün. Die Feldwege zwischen den Bäumen waren frisch gemäht. Eine Sense lag am Rand neben einem Weg im hohen Gras. Innerhalb des Nachschubzuges herrschte allgemeine Verwirrung, weswegen Dar beschloss, auf einen Baum zu steigen, um sich anzusehen, was hier stattfand. Sie entdeckte einen Apfelbaum mit einem hohen kräftigen Stamm und erkletterte ihn mühelos.
Als Erstes sah sie einen aus gekalkten Steingebäuden bestehenden Ort. Er war von einer niedrigen Mauer umgeben. Offenbar hatte man versucht, die Mauer zu erhöhen, doch nur ein kleiner Teil war fertig geworden. Die Abwehrmaßnahmen der Stadtbewohner hatten zu spät begonnen. Von ihrem Aussichtspunkt auf dem Baum konnte Dar Glocken Alarm läuten hören.
Die Stadt lag in einem breiten Tal und war so nahe, dass Dar ihre panischen Bewohner eilig umherschwirren sah. Der Ort war
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