Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)
haben keine Zeit zu verlieren, doch vorher ... Lumière wird uns als volles Mitglied unserer Crew zur Verfügung stehen. Ninive und Isaak haben in den Korridoren letzte Nacht etwas herausgefunden, das beweist, dass er auf unserer Seite ist.“
Ninive beobachtete den Mann, der einst ihr Bruder Cygne gewesen war. Sequanas Erzählung über die Jugend von Sasha und Cygne war nicht gerade das, was sie einen Beweis nennen würde, doch sie verstand, dass Lilian mit Zweifeln sparsam umgehen musste, bis das Team wieder unterwegs war.
„Lumière hat eingewilligt, dass er so lange keine Waffe tragen wird, bis er jeden an Bord von seiner Loyalität überzeugt hat“, ergänzte Lilian. „Somit bleibt nur noch eine Frage offen ... ist jemand hier, der mir nicht folgen will? Wir sind hier am Rande einer Stadt, an der wir alle in der Lage wären, ein normales Leben zu führen. Hier sucht uns niemand, nicht wie in Paris. Ich bezweifel, dass wir auf dem weiteren Weg noch einmal das Glück haben werden, einen solchen Ort zum Aussteigen zu finden?“
Sie warf einen Blick in die Runde. Seamus grinste sie aufmunternd an. Es war keine Frage, dass er mit an Bord bleiben würde. Auch Lumière hatte seine Wahl bereits getroffen.
„Ich war in diesen Freak-Höhlen der Ossfhang“, sagte Ilyena, „da bleibe ich lieber mit dir an Bord. Außerdem braucht ihr jemanden, der die Energie in sich trägt.“
„Rasmus?“, wandte sich Lilian an den letzten verbliebenen Mann, der noch nicht seine Entscheidung geäußert hatte. Rasmus fuhr sich mit der Hand durch den Bart und nickte dann entschlossen. „Ich bin mit dabei.“
„Was uns betrifft“, meldete sich jetzt Eva von der anderen Seite des Tischs, „wir können Isaak und Ninive bei uns solange aufnehmen, bis sie ... bis alle ihre Angelegenheiten hier in der Stadt geklärt sind. Außerdem geht es bei dem Klonprogramm auch um Solvejg. Ich habe einige Kontakte und allein schon beruflich ein Interesse daran, mehr darüber herauszufinden.“
Der Abschied war kurz. Lilian und ihre Crew hatten keine Zeit zu verlieren um das Schiff startklar zu machen. Ninive und Isaak packten eilig ihre Habseligkeiten zusammen – was in Ninives Fall praktisch nichts war, da sie die in Camaret mühsam zusammengesammelten Werkzeuge und Waffen an Bord zurückließ – und brachen dann auf. Ninive beobachtete Isaak, als er sich mit einer kurzen Umarmung von seiner Crew verabschiedete. Ihr wurde erst in diesem Moment klar, dass er ihr zuliebe sein Team zurück ließ. Für einen fast schmerzhaften Augenblick wollte sie ihm sagen, er solle sie in der Obhut von Eva und Solvejg lassen und wieder an Bord gehen, doch sie wusste, dass sein Entschluss endgültig war.
Eva führte die kleine Truppe an, als sie durch die Reihen aus Containern dorthin zurückgingen, wo sie am Abend zuvor aufeinandergetroffen waren. Sie suchten das Loch im Zaun und überquerten dann die breite Industriestraße. Als sie schließlich bis auf die Knochen durchnässt den Eingang zur Bahnstation erreichten, die sie in die Hamburger Innenstadt bringen sollte, hörten sie das Starten der Triebwerke des Schiffs. Sie hielten inne und drehten sich in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Doch nichts war zu sehen.
„Lilian macht sich gut als Pilotin“, sagte Isaak ruhig. „Es wird kaum jemand ein startendes Schiff gesehen haben.“
„Jetzt sind sie weg“, stellte Solvejg schlicht fest.
60 | CÉDRIC
„Wie kommen Sie hierher, Professor?“ Sequana hatte gewartet, bis sich die Schritte im Treppenhaus entfernt hatten.
„Was macht ihr hier?“, erwiderte Doignac die Frage. So sehr sich Sequana über das unverhoffte Wiedersehen gefreut hatte, sie hatte das Gefühl, dass Gallea und Doignac ihre Freude nicht so richtig teilen wollten.
„Nein, Cédric“, ging Bertrand dazwischen, „beantworte ihre Frage. Wie bist du hierhergekommen? Du bist nicht entführt worden, oder?“
„Wenn du wissen willst, ob man mich überwältigt und in einem Sack nach Amsterdam geschleift hat, dann muss ich dich enttäuschen, Bertrand. Ich habe mich aus freien Stücken auf den Weg gemacht. Jedoch hat man mich nicht gerade vor die Wahl gestellt.“ Doignac sah Gallea ernst an und wollte sich bereits wieder an Sequana wenden, doch Bertrand ließ nicht locker.
„War das eine dieser Situationen, in denen du zwischen deinem Wohl als Wissenschaftler und der Moral entscheiden musstest?“
„Ist das hier eine dieser Situationen, in denen du eine
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