Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)
Fenjas Körper von sich und stand auf. Ihr Gesicht, Hals und Schulter waren blutverschmiert, entweder von ihren eigenen Wunden oder von Fenjas. Sie wischte sich mit dem Handrücken durchs Gesicht um zu verhindern, dass ihr das Blut in die Augen lief, dann eilte sie hinter Gallea und Doignac aus der Tür und zurück ins Treppenhaus.
„Geben Sie mir die Kanone, Professor“, rief sie Doignac zu, der wie Gallea ein Sturmgewehr mit sich trug, es jedoch so hielt, als wäre es ein scharfer Sprengsatz. Er gab ihr kommentarlos die Waffe und ließ ihr den Vortritt. Gallea war bereits ein Stockwerk tiefer.
„Beeilung!“, rief er zu ihnen hoch, doch das war überflüssig, denn hinter ihnen hörte Sequana bereits die Kampfstiefel der Secs im Laufschritt.
An der Haustür im Erdgeschoss sah Sequana zurück. Gallea wartete dort bereits auf sie.
„Wo ist Cédric?“, fragte er. Sequana schüttelte den Kopf.
„Er ist zu langsam“, entgegnete sie, „ich hole ihn.“
„Nein!“, entgegnete Gallea entschieden und griff nach ihrem Handgelenk, bevor sie wieder die Treppe hoch laufen konnte. „Die Secs wissen nicht, dass er mir geholfen hat. Er ist clever. Er wird in sein Arbeitszimmer zurückgehen und sich unwissend stellen.“
„Ich hoffe, dass du Recht hast“, entgegnete Sequana skeptisch und folgte Gallea aus der Tür auf die Straße. „Also los, wir müssen zu Adrian!“
Ein Klirren war über ihnen zu hören. Sequana wandte den Blick nach oben.
„Vorsicht!“, schrie sie Gallea an und stieß ihn zur Seite. Mit einem dumpfen Knall prallte etwas dort auf dem Boden auf, wo sie eine Sekunde zuvor noch gestanden hatten.
„Cédric! Nein!“, schrie Gallea und stürzte zu dem zerschmetterten Körper auf dem Asphalt. Sequana sah auf Doignac hinab, unter dessen Hinterkopf sich eine schnell größer werdende Blutlache bildete.
„Bertrand!“, drängte sie ihn, „wir müssen hier weg!“
Sequana hatte befürchtet, sie würde Gallea nicht so einfach von der Seite seines toten Freundes wegbewegen können, doch der Überlebenswille, den er in den letzten Tagen mehr als einmal hatte unter Beweis stellen müssen, war stärker. Er fuhr Doignac mit der Hand behutsam über die Stirn, dann stand er auf und rannte hinter Sequana her zur anderen Straßenseite.
Sie nahmen nicht den direkten Weg entlang der Straßen zurück zu Adrian, in dem Wissen, dass ihnen mindestens ein Sec-Team auf den Fersen war. Sie brauchten einen Vorsprung, bevor sie zur Station zurückkehrten.
62 | ISLAND
„Wie sieht der Kurs aus?“ Lilian trommelte mit den Fingern auf die Konsole hinter dem Pilotensitz. Seit zwei Stunden waren sie wieder in der Luft und folgten dem Signal der Children of Chou. Sie waren die erste Stunde mit vollem Schub geflogen um den Abstand etwas zu verringern, doch jetzt waren sie wieder mit Reisegeschwindigkeit unterwegs. Der Flug war nicht mehr so ruhig wie auf der Strecke zwischen Paris und Hamburg. Sie waren nordwestwärts auf die offene Nordsee hinausgeflogen, über der sich ein gewaltiger Sturm zusammenbraute.
„Immer noch gerade Nordwest“, entgegnete Seamus ruhig und sah skeptisch auf ihre Finger. Lilian zog die Hände zurück und verschränkte sie hinter ihrem Rücken. „Alles in Ordnung mit dir?“
„Ja, schon okay. Es ist nur ... es ist komisch ohne Isaak“, antwortete Lilian.
„Du hast das Kommando schon mehr als einmal gehabt, während er nicht bei uns war“, erinnerte Seamus sie.
„Schon, aber das ist es nicht. Damit komme ich klar. Aber dieses Mal ist es anders. Wir wissen nicht, ob wir ihn jemals wiedersehen. Und ... ich weiß, das gilt auch für Martin, und du weißt, dass ich ihn vermisse, aber Isaak hat unserer Mission doch erst einen Sinn gegeben.“
„Ja, er hat den Sinn gegeben, aber das heißt nicht, dass er ihn auch wieder mitgenommen hat. Wir wissen doch, was unser Ziel ist, und das können wir auch ohne ihn erreichen. Was mich viel eher interessiert ist, warum Isaak nicht mit uns gekommen ist.“
„Er geht diesen Korridoren nach, die er mit Ilyena schon bei Camaret untersucht hat. Ilyena hat mir bestätigt, dass es dort eine extrem hohe Konzentration an Sangre-Energie gab. Es ist eine berechtigte Spur, auch wenn ich seiner Meinung bin, dass sie vermutlich die gefährlichere ist.“
„Soweit habe ich das verstanden“, entgegnete Seamus, „aber findest du nicht, dass es etwas zu gut passt?“
„Was meinst du?“
„Er verbringt eine Nacht mit Ninive, die sie offenbar beide
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